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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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konnten offenbar in neurochemische Befehle in Ihrem Körper umgesetzt werden, aber was Sie empfanden, wurde nur aus zweiter Hand zu Harod übermittelt. Er verspürte Ihre Schmerzen und die Lähmung so wenig, wie man etwas im Traum spüren würde. Hier, achtundvierzig Sekunden später, habe ich ihm die Amatyl-Pentothal-Lösung eingespritzt.« Saul zeigte ihr die Stelle, wo die verschiedenen Kurven der Gehirnwellenfunktionen ihr hektisches Auf und Ab sein ließen. »Herrgott was würde ich dafür geben, wenn ich ihn einen Monat irgendwo mit einem CAT-Scanner hätte.«
    »Saul, was ist, wenn ich ... wenn er wieder die Kontrolle über mich erlangt?«
    Saul rückte die Brille zurecht. »Das würde ich sofort bemerken, selbst wenn ich die Ausdrucke nicht verfolge. Ich habe den Computeralarm so programmiert, daß er beim ersten Anzeichen außergewöhnlicher Aktivität seines Ammonshorns ausgelöst wird, wenn seine oder Ihre Alpha-Wellenaktivität plötzlich abfällt oder wenn die Theta-Rhythmen auftauchen.«
    »Ja«, sagte Natalie, »aber was werden Sie dann tun?«
    »Dann führen wir wie geplant die Zeit-/Entfernungs-Studien durch«, sagte Saul. »Sämtliche Datenkanäle müßten über fünfundzwanzig Meilen hinweg funktionieren, wenn wir die Sender benützen, die Jack gekauft hat.«
    »Und was ist, wenn er es auf hundert oder tausend Meilen kann?« Natalie bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen. Sie wollte schreien: Was ist, wenn er mich nie wieder losläßt? Ihr war, als hätte sie sich auf ein medizinisches Experiment eingelassen, bei dem sich ein widerwärtiger Parasit in ihrem Körper ausbreiten durfte.
    Saul ergriff ihre Hand. »Es reicht vorerst, wenn wir es bei fünfundzwanzig Meilen wissen. Wenn es so ist, kehren wir einfach zurück und legen ihn wieder lahm. Wir wissen, daß er Sie nicht kontrollieren kann, wenn er bewußtlos ist.«
    »Wenn er tot wäre, könnte er es nie wieder«, sagte Natalie.
    Saul nickte und drückte ihre Hand. »Er ist jetzt wach. Wir warten fünfundvierzig Minuten. Wenn er bis dahin keinen Versuch unternommen hat. Sie zu übernehmen, dürfen Sie aufstehen. Ich persönlich glaube nicht, daß unser Mr. Harod es kann. Welchen Ursprung die Kräfte unseres Monsters auch haben mögen, sämtliche Anzeichen deuten darauf hin, daß Anthony Harod wirklich nur ein sehr kleines Monster ist.« Er ging zum Waschbecken, holte ein Glas Wasser und hielt Natalies Kopf hoch, während sie trank.
    »Saul ... wenn Sie mich freigelassen haben, lassen Sie doch trotzdem den Computeralarm eingeschaltet und behalten die Pfeilpistole bei sich, oder nicht?«
    »Ja,« sagte Saul. »Solange wir diese Natter im Haus haben, werden wir sie in ihrem Käfig lassen.«
    »Zweites Verhör von Anthony Harod. Freitag, 24. April 1981 ... 19 Uhr 23. Testperson derzeit mit Natriumpentothal und Meliritin-C injiziert. Weitere Daten auf Videoaufzeichnung, EEG-Ausdruck, Polygraph und Biosensoren.«
    »Tony, können Sie mich hören?«
    »Ja.«
    »Wie fühlen Sie sich?«
    »Okay. Komisch.«
    »Tony, wann wurden Sie geboren?«
    »Hm?«
    »Wann wurden Sie geboren?«
    »Am siebzehnten Oktober.«
    »Welches Jahr, Tony?«
    »Äh ... 1944.«
    »Und wie alt sind Sie jetzt?«
    »Sechsunddreißig.«
    »Wo sind Sie aufgewachsen, Tony?«
    »Chicago.«
    »Wann haben Sie zum ersten Mal bemerkt, daß Sie die Kraft besitzen, Tony?«
    »Welche Kraft?«
    »Ihre Fähigkeit, das Handeln anderer Menschen zu beeinflussen.«
    »Oh.«
    »Wann war es das erste Mal, Tony?«
    »Äh ... als meine Tante mir sagte, ich müßte ins Bett. Ich wollte nicht. Ich ließ sie sagen, daß es nichts ausmacht, wenn ich auf bleibe.«
    »Wie alt waren Sie da?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Was glauben Sie, wie alt Sie waren?«
    »Sechs.«
    »Wo waren Ihre Eltern?«
    »Mein Daddy war tot. Er hat Selbstmord begangen, als ich vier war.«
    »Wo war Ihre Mutter?«
    »Sie wollte mich nicht. Sie war wütend auf mich. Sie hat mich zur Tante gegeben.«
    »Warum wollte sie Sie nicht?«
    »Sie hat gesagt, daß es meine Schuld war.«
    »Was war Ihre Schuld?«
    »Daß Daddy gestorben ist.«
    »Warum hat sie das gedacht?«
    »Weil Daddy mich geschlagen hat ... mir weh getan hat ... kurz bevor er gesprungen ist.«
    »Gesprungen? Aus einem Fenster?«
    »Ja. Wir haben oben im zweiten Stock gewohnt. Daddy ist auf einen Zaun mit Stacheln obendrauf gefallen.«
    »Hat Ihr Vater Sie oft geschlagen, Tony?«
    »Ja.«
    »Erinnern Sie sich daran?«
    »Jetzt schon.«
    »Wissen Sie, warum er Sie in der

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