Kraft des Bösen
Sand stecken - wenn Willi hinter der Entführung steckte, würde der alte Mann wahrscheinlich sogar erwarten, daß er zu Barent ging. So, wie er Willi kannte, gehörte das sogar zum Meisterplan. Aber falls es sich um eine Loyalitätsprobe handelte, die Barent und Kepler eingefädelt hatten, konnte es fatale Folgen haben, nicht zu ihnen zu gehen.
Als Harod alles erzählt hatte, was er über Dolmann Island und die sportlichen Aktivitäten des Clubs dort wußte, hatte der Mann mit der Gesichtsmaske gesagt: »Nun gut, Tony. Wir wissen Ihre Hilfe zu schätzen. Wir müssen Sie nur noch um einen Gefallen als Bedingung für Ihre Freilassung bitten.«
»Was für einen?«
»Sie sagen, Sie werden die ... Freiwilligen ... am Samstag, den dreizehnten Juni, von Richard Haines entgegennehmen. Wir werden uns am Freitag, dem zwölften, mit Ihnen in Verbindung setzen. Wir werden eine oder mehrere Personen gegen einige von Haines’ Freiwilligen eintauschen.«
Na klar, dachte Harod. Willi versucht irgendwie, die Karten zu zinken. Dann ging ihm die Bedeutung dieser Worte schlagartig auf. Willi kommt tatsächlich auf die Insel!
»Einverstanden?« fragte der Mann hinter der Spiegelbrille.
»Ja, einverstanden.« Harod konnte immer noch nicht glauben, daß sie ihn laufenlassen würden. Er konnte sich schließlich auf alles einlassen und hinterher doch tun, was er wollte.
»Und Sie werden diesen Austausch für sich behalten?«
»Ja.«
»Ist Ihnen klar, daß Ihr Leben davon abhängt, daß Sie gehorchen? Jetzt und in Zukunft. Bei Verrat gibt es keine Verjährungsfrist, Tony.«
»Ja, ich verstehe.« Harod fragte sich, für wie dumm Willi ihn hielt. Und wie dumm war Willi geworden? Die Freiwilligem, wie der Typ sie nannte, waren numeriert und wurden nackt in einem Pferch gehalten, bis das Los entschied, wer wann kämpfen würde. Harod sah keine Möglichkeit, wie Willi das beeinflussen wollte, und wenn er sich die Hoffnung machte, er könnte auf diesem Weg Waffen durch Barents Sicherheitssystem schmuggeln, war Willi tatsächlich zu dem senilen alten Furz geworden, für den Harod ihn früher irrtümlicherweise gehalten hatte. »Ja«, wiederholte Harod. »Ich verstehe. Ich bin einverstanden.«
»Sehr gut «, sagte der Mann mit der Gesichtsmaske.
Dann ließen sie ihn laufen.
Harod beschloß, Barent anzurufen, sobald er ein Bad und einen Drink genommen und sich mit Maria Chen über das ganze Schlamassel unterhalten hatte. Er fragte sich, ob sie ihn vermißt, sich um ihn Sorgen gemacht hatte. Wie oft war er im Lauf der Jahre Tage - oder gar Wochen - verschwunden gewesen, ohne sie wissen zu lassen, wohin er ging? Harods Grinsen verschwand, als ihm bewußt wurde, wie hilflos ihn dieser Lebensstil in genau solchen Situationen wie dieser gemacht hatte.
Er brachte den Ferrari unter dem gehässigen Blick seines getreuen Satyrs zum Stillstand und stapfte zum Haus. Vielleicht rief er Barent auch erst nach einem Bad und einem Drink und einer Massage an, und ...
Die Eingangstür stand offen.
Harod blieb einige unbestimmte Sekunden lang wie angewurzelt stehen, bevor er zu der offenen Tür hineinschnellte und die drogeninduzierte Benommenheit in sich spürte, während er von Möbelstücken und Wänden prallte und Maria Chens Namen rief, wobei er die umgestürzten Möbelstücke kaum bemerkte, bis er versuchte, über einen umgekippten Stuhl zu springen und schwer auf den Teppichboden fiel. Er sprang auf die Füße und rief und suchte weiter.
Er fand sie in ihrem Büro, zusammengerollt auf dem Boden hinter dem Schreibtisch. Ihr schwarzes Haar war blutverkrustet ihr Gesicht fast zur Unkenntlichkeit geschwollen. Ihre verzerrten Gesichtszüge zeigten gefletschte, purpurne Lippen und mindestens einen abgebrochenen Schneidezahn.
Harod hechtete über den Schreibtisch, ließ sich auf ein Knie nieder und stützte ihren Kopf mit dem anderen Knie. Sie stöhnte, als er sie aufrichtete. »Tony?«
Tony Harod stellte fest, daß ihm in der Weißglut der schlimmsten Wut, die je von ihm Besitz ergriffen hatte, keine Schimpfworte einfielen. Keine Schreie kamen ihm über die Lippen. Als er wieder sprechen konnte, war seine Stimme kaum mehr als ein Murmeln. »Wer hat dir das angetan? Wann?«
Maria Chen wollte sprechen, aber ihr mißhandelter Mund ließ es nicht zu und trieb ihr Tränen in die Augen. Harod beugte sich über sie, damit er das Flüstern verstehen konnte, als sie es noch einmal versuchte. »Gestern nacht. Drei Männer. Haben nach dir gesucht. Haben
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