Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
es. Und wenn Sie sich jetzt einmischen, machen Sie jahrelange Anstrengung und jahrelanges Planen zunichte.«
    Harod sah sich um und stellte fest, daß sie in dieser blumengesäumten Sackgasse vom Herrenhaus nicht zu sehen waren und sich außerhalb des Erfassungsbereichs der Überwachungskameras befanden. Er würde nicht zum Herrenhaus zurückgehen, und Reynolds versperrte ihm immer noch den Weg.
    »Hören Sie«, sagte Harod und stellte fest, daß seine Stimme vor Nervosität schrill klang. »Das alles ist mir scheißegal, ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen, und ich will verdammt noch mal nichts damit zu tun haben, okay?«
    Willi lächelte. Seine Augen wirkten unmenschlich. »Ja, das ist ganz ausgezeichnet, Tony. Aber wir befinden uns hier in den letzten Zügen, und ich werde nicht zulassen, daß sich jemand einmischt. Ist das klar?«
    Etwas in der Stimme seines ehemaligen Partners machte Harod mehr angst als jemals zuvor etwas in seinem Leben. Er konnte einen Augenblick nicht sprechen.
    Willis Tonfall veränderte sich, wurde fast plaudernd. »Ich nehme an, Sie haben meinen Juden gefunden, als ich in Philadelphia mit ihm fertig war«, sagte er. »Entweder Sie oder Barent. Es spielt keine Rolle, selbst wenn sie Ihnen befohlen haben, dieses Gambit für Sie zu spielen.«
    Harod wollte etwas sagen, aber Willi hielt die Hand hoch und brachte ihn zum Schweigen. »Spielen Sie heute nacht mit dem Juden, Tony. Ich habe keine Verwendung mehr für ihn, aber ich habe Pläne mit Ihnen, wenn diese Woche vorbei ist - wenn Sie ab jetzt keine Schwierigkeiten mehr machen. Kapiert? Ist das klar, Tony?« Der Blick der schiefergrauen Henkersaugen schien sich in Harods Gehirn zu bohren.
    »Es ist klar«, brachte Harod heraus. In einer kurzen, lebhaften Vision sah Harod, daß Willi Borden, Wilhelm von Borchert, tot war, daß Harod einen Leichnam vor sich sah und daß ihn nicht nur ein Totenschädel anschaute, der aus scharfkantigen Knochen geschnitzt zu sein schien, sondern ein Totenschädel, der als Behältnis für Millionen anderer Totenschädel diente, mit einem scharfzahnigen Maul, aus dem der Gestank von Beinhäusern und Massengräbern drang.
    »Sehr gut «, sagte Willi. »Wir sehen uns später, Tony, im Spielzimmer.«
    Reynolds wich zur Seite, und sein Gesicht stellte dasselbe Zerrbild von Willis Lächeln zur Schau, das Harod gestern nacht in Jensen Luhars Gesicht gesehen hatte, Sekunden bevor der Schwarze Harods Surrogat das Genick gebrochen hatte.
    Harod ging zum Strand und gesellte sich zu Maria Chen. Er konnte sein Zittern nicht unterdrücken, nicht einmal unter heißer Sonne auf dem heißen Sand.
    Maria Chen berührte ihn am Arm. »Tony?«
    »Drauf geschissen«, sagte er mit deutlich klappernden Zähnen. »Drauf geschissen. Sie können den Juden haben. Wer immer dahintersteckt, was immer sie vorhaben, sie können ihn heute nacht haben. Scheiß drauf. Scheiß auf sie. Scheiß auf sie alle.«
    Das Bankett am zweiten Abend war verhalten, als würden alle an die Stunden denken, die vor ihnen lagen. Außer Harod und Willi hatten alle im Lauf des Tages die Surrogatpferche aufgesucht und ihre Favoriten mit der Sorgfalt ausgewählt die normalerweise der Begutachtung reinblütiger Rennpferde vorbehalten blieb. Barent verkündete beim Essen, daß er einen jamaikanischen Taubstummen benützen würde, den er mitgebracht und zur Inspektion freigegeben hatte - ein Mann, der von seiner Heimatinsel geflohen war, nachdem er vier Menschen bei einer Familienfehde umgebracht hatte.
    Kepler ließ sich Zeit bei der Auswahl seines zweiten Surrogats, widmete den jüngeren Männern ganz besondere Aufmerksamkeit und ging zweimal an Sauls Käfig vorbei, ohne genau hinzusehen. Letztendlich entschied er sich dann für einen von Sutters wiedergeborenen Waisen von der Straße, einen großen, schlanken Jungen mit kräftigen Beinen und schulterlangem Haar. »Ein Windhund«, sagte Kepler beim Essen. »Ein Windhund mit Zähnen.«
    Sutter verließ sich in dieser zweiten Nacht ebenfalls auf einen konditionierten Handlanger und verkündete, er würde einen Mann namens Amos benützen, der im Bible Outreach Center seit zwei Jahren als sein persönlicher Leibwächter fungierte.
    Amos war ein kleiner, kräftiger Mann mit einem Banditenschnurrbart und Hals und Schultern eines Abwehrspielers.
    Willi schien auch in der zweiten Nacht mit Jensen Luhar zufrieden zu sein.
    Harod sagte nur, daß er einen Mann benützen würde - den Juden -, ansonsten nahm er

Weitere Kostenlose Bücher