Kraft des Bösen
Arm. »>Und in jenen Tagen werden die Menschen den Tod suchen und nicht finden««, flüsterte er hektisch in Harods Gesicht. »»Werden begehren zu sterben, und der Tod wird von ihnen fliehen.««
»Verschwinden Sie endlich«, sagte Harod und riß den Arm los.
Die fünf gingen gemeinsam schweigend nach unten.
66. Kapitel
Melanie
Ich erinnerte mich an die Picknicks, die wir in den Bergen vor Wien veranstalteten: die Hügel, die nach Kiefern dufteten, die Wiesen voller Wildblumen und Willis offener Peugeot, der an einem Bach oder malerischen Aussichtspunkt parkte. Wenn Willi nicht sein albernes braunes Hemd und die Armbinde trug, bot er in seinen weißen Sommeranzügen aus Seide und einem stutzerhaften weißen Hut mit breiter Krempe, den ihm einer der Künstler des Kabaretts gegeben hatte, ein Musterbild an Eleganz. Vor Bad Ischl, vor Ninas Verrat, bereitete es mir Freude, mich einfach n Gegenwart zweier so schöner Menschen zu befinden. Nina war nie liebreizender als in diesen letzten Sommern unserer Freundschaft, und obwohl wir beide in die Jahre kamen, da wir keine Mädchen mehr waren - nicht einmal mehr junge Damen, nach den Maßstäben von gestern -, fühlte ich mich jung und handelte wie eine Jugendliche, wenn ich die blonde und blauäugige Nina mit ihrer Begeisterungsfähigkeit nur ansah.
Ich weiß jetzt, daß ihr Verrat in Bad Ischl, mehr noch als der frühere Verrat mit meinem Charles Jahre zuvor, den Punkt markiert, an dem ich alt zu werden begann, Nina dagegen nicht. In gewisser Weise haben sich Nina und Willi all die Jahre von mir >gespeist<.
Es wurde Zeit, daß das aufhörte.
In der zweiten Nacht meiner seltsamen Nachtwache mit Ninas Negerin beschloß ich, dem Warten ein Ende zu bereiten. Eine Demonstration war fällig. Ich war sicher, selbst wenn ich das schwarze Mädchen von der Bildfläche verschwinden ließ, würde mir Willi Ninas Aufenthaltsort verraten können.
Ich muß gestehen, daß meine Aufmerksamkeit abgelenkt war. Ich spürte schon tagelang, wie Jugend und Vitalität wieder in meinen Körper einströmten, wie die Lähmung langsam ihren Klammergriff um den linken Arm und das linke Bein löste, aber gleichzeitig ließ meine Kontrolle über meine Familie und andere Kontaktpersonen nach. Einige Zeit nachdem Miß Sewell gesehen hatte, wie Jensen Luhar, derjenige namens Saul und die drei anderen aus dem Zellenbereich hinausgingen, sagte ich zu dem farbigen Mädchen: »Sie haben deinen Juden.«
Ich spürte Ninas eigene mangelhafte Kontrolle an der verwirrten Reaktion ihrer Handlangerin. Ich zwang meine Leute zu höchster Konzentration und verlangte Ninas Aufenthaltsort zu erfahren. Sie weigerte sich und bewegte ihre erbärmliche kleine Dienerin zur Tür. Ich war sicher, daß Nina jeglichen Kontakt zu ihrer Person auf der Insel verloren hatte und daher auch keine Verbindung zu Willi unterhalten konnte. Das Mädchen war buchstäblich meiner Gnade ausgeliefert.
Ich brachte Culley in eine Position, wo er die Negerin mit zwei Schritten erreichen konnte, und holte den Negerjungen aus Philadelphia ins Zimmer. Er trug ein Messer bei sich. »Es wird Zeit zu reden«, sagte ich höhnisch zu Nina, »oder für diese hier Zeit zu sterben.«
Ich hätte gedacht, daß Nina das Mädchen opfern würde. Kein Handlanger - wie gut konditioniert auch immer - wäre es wert gewesen, daß Nina ihr Versteck preisgab. Ich bereitete Culley für die zwei Schritte und die rasche Handbewegung vor, nach der das Mädchen reglos und mit unnatürlich verdrehtem Kopf auf dem Boden liegen würde, wie die Hühner, die Mammy Booth vor dem Essen hinter dem Haus tötete. Mutter suchte eines aus; Mammy Booth packte es und drehte ihm den Hals um und warf den Kadaver auf die Veranda, noch ehe das Tier wußte, daß es getötet worden war.
Aber das Mädchen machte etwas Überraschendes. Ich hatte damit gerechnet, daß Nina sie fliehen oder kämpfen lassen würde, daß es zumindest zu einem Gerangel kommen würde, wenn Nina versuchte, die Kontrolle über einen meiner Leute zu übernehmen, aber das farbige Mädchen blieb einfach auf der Stelle stehen, zog den zu großen Pullover hoch und entblößte einen absurden Gürtel - eine Art bandilero, wie sie mexikanische Banditen tragen -, der mit, wie es aussah, in Zellophan verpackter Knetmasse bestückt war. Drähte verliefen von einem Gerät, das wie ein Transistorradio aussah, zu diesen Knetmassepäckchen. »Melanie, hör auf!« rief sie.
Ich hörte auf. Culleys Hand, die
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