Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
den Mann namens Jensen Luhar in die Krankenstation ihres absurden kleinen Tunnelkomplexes gebracht. Er ist seit Stunden bewußtlos.«
    »Wo ist Saul?«
    Justin verzog das Gesicht. Seine Stimme klang winselnder, als ich beabsichtigt hatte. »Woher soll ich das wissen? Er kann überall sein.« Ich sah keinen Grund, ihr zu erzählen, daß in diesem Augenblick der Wachmann, mit dem ich über Miß Sewell Kontakt hatte, mit ansehen mußte, wie Willis Neger vom Krankenbett aufgestanden war und beide Wachen, die ihn dorthin trugen, erwürgt hatte. Der Anblick erfüllte mich mit einem seltsamen Gefühl von déjà vu, bis mir einfiel, daß ich mit Willi und Nina im Sommer des Jahres 1932 ins Kino Krüger in Wien gegangen war, wo wir uns den Film Frankenstein angesehen hatten. Ich kann mich erinnern, wie ich geschrien habe, als die Hand des Ungeheuers auf dem Tisch zuckte und dann in die Höhe gehoben wurde, um den ahnungslosen Doktor zu erwürgen, der sich darüberbeugte. Jetzt verspürte ich keinen Drang zu schreien. Ich ließ meinen Wachmann weitergehen, an einem Raum vorbei, wo andere Wachen eine Reihe Monitore beobachteten, und brachte ihn vor den Verwaltungsbüros zum Stillstand. Ich sah keine Veranlassung, Ninas Negerin von dieser Entwicklung in Kenntnis zu setzen.
    »Welchen Weg hat Saul eingeschlagen?« fragte das Mädchen.
    Justin verschränkte die Arme. »Warum sagst du das nicht mir, wenn du so schlau bist?«
    »Na gut«, sagte die Negerin. Sie senkte die Lider, bis nur noch eine Spur Weiß zu sehen war. Howard wartete in den Schatten der Diele. »Er läuft Richtung Norden«, sagte das Mädchen, »durch dichten Dschungel. Da ist eine ... eine Art Ruine von einem Haus ... Grabsteine. Es ist ein Friedhof.« Sie schlug die Augen wieder auf.
    Oben stöhnte ich und schlug in meinem Bett um mich. Ich war so sicher gewesen, daß Nina außerstande sein würde, mit ihrem Handlanger Kontakt aufzunehmen. Aber ich hatte genau dieses Bild vor nicht einmal einer Minute auf den Monitoren des Wachpersonals gesehen. Willis Neger hatte ich in dem Labyrinth der Tunnel verloren. War es möglich, daß Willi das Mädchen >benützte?< Es schien ihm zu gefallen, Neger und andere minderwertige Rassen zu benützen. Aber wenn es Willi war, wo steckte dann Nina? Ich konnte spüren, wie ich Kopfschmerzen bekam.
    »Was willst du?« sagte ich wieder.
    »Du machst mit dem Plan weiter«, sagte das Mädchen, das immer noch in Justins Nähe stand. »Genau wie wir besprochen haben.« Sie sah auf die Armbanduhr. Ihre Hand war nicht mehr an dem roten Knopf, aber da war immer noch die Frage von Hirnwellen und Computern.
    »Es scheint sinnlos zu sein, mit alledem weiterzumachen«, deutete ich an. »Der schlechte Sportsgeist deines Juden hat das Programm des Abends zunichte gemacht, und ich bezweifle, daß die anderen .«
    »Halt den Mund«, fuhr mich das Mädchen an, und Jetzt war es Ninas Tonfall, obwohl die Sprache vulgär klang. »Du wirst weitermachen wie geplant. Wenn nicht, wollen wir mal sehen, ob das C-4 dieses ganze Haus dem Erdboden gleichmachen kann.«
    »Du hast mein Haus nie gemocht«, sagte ich, Justin schob die Unterlippe vor.
    »Mach schon, Melanie «, befahl das Mädchen. »Wenn du nicht gehorchst, werde ich es erfahren. Wenn nicht sofort, dann sehr bald. Und ich warne dich nicht, wenn ich diesen Sprengstoff zünde. Los doch .«
    In diesem Augenblick war ich dicht davor, sie von Howard erschießen zu lassen. Niemand durfte in meinem Haus so mit mir sprechen, schon gar keine farbige Schlampe, die nicht einmal etwas in meinem Salon zu suchen hatte. Aber ich hielt mich zurück und ließ Howard langsam die Pistole senken. Ich mußte auch noch andere Überlegungen anstellen.
    Es sah Nina ähnlich - Willi übrigens auch -, mich derart zu provozieren. Wenn ich sie jetzt tötete, mußte die Schweinerei im Wohnzimmer weggeputzt werden, und ich wüßte immer noch nicht, wo sich Ninas Versteck befand. Und es bestand immer noch die Möglichkeit, daß ein Teil ihrer Geschichte von vorhin der Wahrheit entsprach. Den bizarren Island Club, den sie mir beschrieben hatte, gab es tatsächlich, auch wenn Mr. Barent ein Gentleman zu sein schien, was sie mir verschwiegen hatte. Es schien hinreichend Beweise dafür zu geben, daß diese Gruppe eine Bedrohung für mich darstellte, aber ich konnte nicht einsehen, inwieweit Willi in Gefahr sein sollte. Wenn ich diese Gelegenheit verstreichen ließ, würde ich nicht nur Miß Sewell verlieren, sondern auch in den

Weitere Kostenlose Bücher