Kraft des Bösen
Edwards hob Kapitän James J. Mallory, U.S.N., ein Mikrofon. »Ausgezeichnet, XO«, sagte er. »Wendemanöver, damit SPS-10 unsere Ziele an Land unter Beschuß nehmen kann.«
Die U-Boot-Abwehr- und Geschützoffiziere starrten ihren Kapitän an. Sie befanden sich seit vier Stunden in Alarmbereitschaft, seit fünfundvierzig Minuten auf Gefechtsstation. Der Kapitän hatte gesagt, es handle sich um einen nationalen Notfall, strengste Geheimhaltung. Die Männer mußten nur das blasse, leblose Gesicht des Skippers ansehen und wußten, daß etwas Schreckliches im Gange war. Eines wußten sie mit Sicherheit: Wenn der Einsatz heute nacht ein Irrtum war, stand die Laufbahn des Alten auf dem Spiel.
»Stoppen und nach Überlebenden suchen, Sir?« fragte die Stimme des XO.
»Negativ«, sagte Mallory. »Wir visieren die Ziele B-3 und B-4 an und eröffnen das Feuer.«
»Sir!« rief der Luftabwehroffizier, der über seinem SPS-40-Luftaufklärungsradarschirm kauerte. »Gerade ist ein Flugzeug aufgetaucht. Entfernung: zwei Punkt sieben Meilen. Parallelspur, Sir. Geschwindigkeit: acht Knoten.«
»Bleiben Sie bei den Terriers, Skip«, sagte Mallory. Normalerweise trug die Edwards nur 20-mm-Phalanx-Kanonen zur Luftabwehr, aber für den Wachdienst dieses Sommers war sie zusätzlich mit vier Terrier/Standard-ER-Oberflächen/Boden- Raketen achtern der massiven ASROC-Werfer ausgerüstet worden. Die Männer hatten fünf Wochen lang gemeckert, weil die Terriers den einzigen freien Platz beanspruchten, der groß und flach genug für ihre Frisbeeturniere war. Eine der Terriers war vor drei Minuten benutzt worden, um den angreifenden Hubschrauber zu vernichten.
»Es ist ein Zivilflugzeug, Sir«, sagte der Radaroffizier. »Einmotorig. Wahrscheinlich eine Cessna.«
»Terriers abfeuern«, befahl Kapitän Mallory.
Im engen CIC konnten die Offiziere zwei Raketenstarts hören, dann klickte der Nachlader, dann noch einen Raketenstart, dann rastete der Nachlader leer ein.
»Scheiße«, sagte der Feuerkontrolloffizier. »Verzeihung, Kapitän. Ziel ist unter den Rand der Klippe gesunken, und Vogel eins hat es verloren. Vogel zwei ist an der Klippe explodiert. Vogel drei hat etwas getroffen, Sir.«
»Ist das Ziel noch auf dem Schirm?« fragte Mallory. Seine Augen waren die eines Blinden.
»Nein, Sir.«
»Ausgezeichnet«, sagte der Kapitän. »Geschütz?«
»Ja, Sir?«
»Mit beiden Rohren das Feuer eröffnen, sobald die Startbahn im Visier ist. Nach fünf Salven direktes Feuer auf das Gebäude, das Herrenhaus genannt wird.«
»Aye, aye, Sir.«
»Ich bin in meiner Kabine«, sagte Mallory.
Alle Offiziere starrten die Tür an, als der Kapitän hinausgegangen war. Dann verkündete der Feuerleitoffizier: »Ziel B-3 anvisiert.«
Die Männer verdrängten ihre Fragen und führten ihre Befehle aus. Zehn Minuten später, als Executive Officer Leland gerade an die Tür der Kapitänskajüte klopfen wollte, ertönte drinnen ein einziger Schuß.
Natalie war noch nie zwischen den Bäumen geflogen. Die Tatsache, daß es eine mondlose Nacht war, machte die Erfahrung keineswegs angenehmer. Schwarze Laubmassen kamen auf sie zugerast und kippten nach unten weg, wenn Meeks die Cessna über eine weitere Baumkrone hinwegjagte und erneut in eine Lichtung hinabstieß. Selbst in der Dunkelheit konnte Natalie Blockhütten, Wege, einen Swimmingpool und ein leerstehendes Amphitheater erkennen, die unter und neben dem Flugzeug vorbeirasten.
Welches geistige Radar Meeks auch immer benützen mochte, es war offenbar den mechanischen Sensoren der dritten Rakete überlegen; sie traf nämlich eine Eiche und explodierte in
einem unglaublichen Regen von Rinde und Zweigen.
Meeks schwenkte nach rechts über den kahlen Streifen der Sicherheitszone. Unten brannten Feuer, mindestens zwei Fahrzeuge standen in Flammen, Mündungsfeuer blitzte im Wald auf. Eine Meile im Süden regneten Geschosse auf die Start- und Landebahn herab. »Mann«, sagte Jackson, als Treibstofftanks in der Nähe des Hangars explodierten.
Sie flogen über das nördliche Dock und aufs Meer hinaus.
»Wir müssen zurück«, sagte Natalie. Sie hatte eine Hand in der Strohtasche und berührte mit den Fingern den Abzug des Colts.
»Sagen Sie mir einen guten Grund«, antwortete Meeks, der mit dem Flugzeug sichere zehn Meter über die Wellen stieg.
Natalie zog die freie Hand aus der Tasche. »Bitte«, sagte sie.
Meeks betrachtete sie und Jackson mit einer hochgezogenen Braue. »Ach, komm«, sagte er. Die Cessna
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