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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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Nachthimmel ab.
    Marianne schloss auf. Im Flur zogen sie ihre Masken an und streiften die Handschuhe über. Nacheinander traten sie in den Nebenraum, Jäntges schaltete das Licht ein. Die Leuchtstoffröhren an der Decke flackerten, kurz darauf riss die kalte Helligkeit zwei auf dem Boden sitzende Gestalten aus der Finsternis. Sofort fingen sie an, wie wild an ihren Fesseln zu zerren und in ihre Knebel zu wimmern.
    Jäntges ging vor ihnen in die Hocke. »So, ihr beiden Hübschen, jetzt hat das Spiel ein Ende.«
    Panisch riss die Frau die Augen auf, der Mann blähte die Nasenflügel.
    »Wir werden euch gleich losbinden«, erklärte Jäntges mit seiner Bassstimme. »Anschließend wird euch jemand nach Trier fahren. Dort holt ihr euren Wagen beim städtischen Abschleppdienst ab. Jedem, der fragen sollte, erzählt ihr, dass ihr euch in der schönen Moselstadt eine kleine Auszeit gegönnt habt, so mit Liebe und Gebumse und so weiter.« Jäntges zog aus seiner Hosentasche ein Taschenmesser und klappte die Klinge heraus. »Ihr versteht sicher, was ich meine, oder?«
    Mit schreckgeweiteten Augen blickten die beiden Gefesselten auf die Schneide und nickten eifrig.
    »Gut«, sagte Jäntges. Er zog die beiden auf die Beine und stieß sie in Richtung Ausgang. »Wenn ihr Witzfiguren von LTR noch einmal auf die Idee kommen solltet, hier vorbeizuschauen, um Unruhe zu stiften, oder wenn ihr meint, euch über unsere Gastfreundschaft beschweren zu müssen, sei es bei eurem chef oder bei der Polizei, dann Gnade euch Gott.« Sie traten ins Freie, ein Transporter wartete mit laufendem Motor. Jäntges schubste die beiden ins Innere und schnitt ihre Fesseln durch. »Alles verstanden?«
    Beide nickten erneut.
    »Dann auf Nimmerwiedersehen.«
    Marianne warf die Seitentür zu, der Transporter rollte an und verschwand kurz darauf aus ihrem Blickfeld.
    »Das hätten wir«, sagte Jäntges und grinste.
    »Bin gespannt, ob es gutgeht.«
    »Keine Sorge. Im Zweifel steht Aussage gegen Aussage«, sagte Jäntges. »So, das ist jetzt aber abgehakt. Kümmern wir uns um die nächste Sache.«
    Die Jugendlichen auf dem Bahnsteig warfen ihre leeren Bierflaschen auf die Gleise, Glas klirrte. »Ey, was ist schlimmer als ein bisschen doof?«, grölte einer lallend. Die Antwort gab er sofort selbst: »Lissendoof.«
    »Dagegen ist Goethe ein Kleingeist«, murmelte Jäntges.
    Mariannes Handy dudelte
Du hast mich tausend Mal belogen
. Sie nahm das Gespräch an, horchte und steckte es dann wieder ein. »Alles bereit«, sagte sie. »Der Bahnsteig ist abgeriegelt, die Stärksten schnappen sich die Besoffenen.« Sie deutete mit dem Kinn in Richtung der Jugendlichen.
    Jäntges schmunzelte. »Sehr schön. Dann lass uns denen mal eine Lektion erteilen. Unser »Hotel Stellwerk« ist ja gerade wieder frei geworden.«

Luder
    S TEPHAN E VERLING
    Wie die knochigen Hände von Skeletten griffen die Zweige der Bäume im Scheinwerferlicht nach der Scheibe des Autos. Wild tanzte das Licht durch den nachtdunklen Wald, wenn ich durch ein Schlagloch fuhr. Der Weg war so beschissen, wie er nur sein konnte, zerfurcht und zerlöchert, mit zwei tiefen Fahrspuren, die im dichten Kraut kaum auszumachen waren. Wieder rutschte der Geländewagen mit lautem Klatschen vom Rand in eine Pfütze, die nach den Regenfällen stehengeblieben und so tief und seifig war, dass ich ohne Vierradantrieb und Sperrdifferential keine Chance gehabt hätte.
    Mitten in der Nacht, was für ein Wahnsinn hierherzufahren, sagte ich mir. Aber ich hatte einfach keine Lust gehabt, mit dem Fleischhaufen dahinten im Kofferraum nach Hause zu fahren. Morgen hätte der Wagen wieder nach Blut gestunken, und ich hätte Wochen gebraucht, den Geruch aus den Polstern zu kriegen. Bei dem Gewackel konnte ich ja von Glück sagen, wenn die Soße nicht über den Rand der Wanne schwappte und mir vollends die Karre versaute. All das dachte ich, während der Wagen in das nächste Loch plumpste und ich wild das Lenkrad hin und herdrehte, um den Toyota unter Kontrolle zu halten.
    Es gehörte einfach zu meinen Aufgaben als Förster. Nicht schön, aber unvermeidlich. Wenn wieder irgendein Rennfahrer auf den Landstraßen in meinem Bezirk in der Gegend von Ormont ein Tier totgefahren hatte, dann wurde nicht die Müllabfuhr gerufen, sondern ich. Nicht schön, wirklich nicht. Füchse, Rehe, Hasen, Dachse, alles, was nicht schnell genug über die Straße kam, wenn die Herren der Landstraße wieder nicht den Fuß vom Gaspedal nehmen konnten. Dann

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