Kramp, Ralf (Hrsg)
gluckste Chippy.
»Das muss jetzt nur noch öffentlich werden. Also nutzen sie den Kalkbrauch vom Ersten Mai, um es durch die Linie Konzen-Olbrück bekannt zu machen. Jetzt kann jeder das Motiv nachvollziehen. Eifersucht! Der gehörnte Ehemann! Vermutlich hat eine der beiden Frauen die Linie gezogen.«
»Clever.«
»Jetzt fehlt die Gelegenheit. Bernie verlässt den Knobelabend immer um 22.00 Uhr. Das ist fix. Anja Olbrück ruft Hans Konzen um 21.43 Uhr an und lockt ihn an die Lavabombe.«
»Und schon sieht Bernie dumm aus, denn er ist kurz später auch unterwegs und hat für die Tatzeit kein Alibi.«
»Genau. Wir sollten sogar den Telefonanruf ermitteln und mit der Nase auf die Hans-Konzen-Fremdgeh-und Bernie-Olbrück-Rachespur gestoßen werden. Clever! Anja erwartet Hans dann an der Lavabombe, lockt ihn an die Leitplanke und schubst ihn rüber. Er purzelt nach unten. Dort erwartet ihn Sandra Konzen, die sich im Dump einen schön griffigen Stein geschnappt hat und ihm unten den Garaus macht. Den Sturz hätte Hans nämlich überleben können, die beiden Frauen gingen auf Nummer sicher.«
Chippy wedelte mit dem Finger. »Das mit dem Schlag hätte aber auch tatsächlich der Bernie sein können.«
Nero schüttelte den Kopf. »Die Spurensicherung konnte Konzens Sturzspuren an der Böschung nachweisen. Fred Kerner und seinen Jungs wäre aufgefallen, wenn dort noch jemand in die Schlucht runtergeklettert oder gerutscht wäre. Da waren aber keine Fußspuren. Nein, oben hat eine Person geschubst, unten hat eine geschlagen. Oben Anja, unten Sandra. Der Plan hat ja auch fast funktioniert. Aber dann merkst du, dass es der falsche Stein mit braunen Schlieren war. Gut gemacht, Kollege!«
»Danke.« Chippy zögerte. »Nur ... beweisen müssen wir das Ganze noch.«
Nero Wulf lachte diabolisch, wie weiland sein Namensvetter im alten Rom beim großflächigen Zündeln.
»Tja. Natürlich lassen sich an keinen Schuhen irgendwelche Steinpartikelchen feststellen, die gerichtsverwertbar beweisen, dass jemand im Flussbett der Alf gestanden hat. Lavagestein hin oder her. Aber wenn Sandra Konzen auf meinen Bluff reingefallen ist und gleich einen Müllbeutel rausträgt, um ein paar Schuhe zu entsorgen, dann wird jeder Richter der Welt sie und Anja Olbrück wegen Mordes an Hans Konzen verknacken.«
Ein zufriedenes Lächeln legte sich in Chippys gütige Gesichtszüge. Er wies mit dem Kopf zum Haus der Konzens. Denn da hatte sich gerade die Haustür geöffnet, und Sandra Konzen trug einen schwarzen Müllsack zur Tonne ...
Nero Wulf grinste und würde sich als Belohnung gleich im
Vulkanhaus
noch eine dieser köstlichen Lavabomben gönnen.
Die Doppelfalle
VON W OLFGANG Q UEST
Am Sonntag war drehfrei. Gut gelaunt stand er gegen Mittag auf und ging hinunter zur Rezeption, wo Kadenbeck ein Ledermäppchen für ihn hinterlegt hatte. »Schlüssel für Regieassi«, las der Portier in ironischem Ton. Aber heute konnte ihm keiner die Laune verderben. Am Nachmittag würde er Melanie treffen. Und auch der Vormittag versprach nur Gutes. Drehorte suchen machte Spaß.
Bünten schlenderte durch das Foyer zum Hinterausgang des Hotels und blickte in den Himmel, der nach dem nächtlichen Dauerregen in makellosem Blau leuchtete. Der Range Rover stand am Ende des Parkplatzes, gelblicher Matsch in den Reifenprofilen und Schlammspritzer auf den Kotflügeln. Offensichtlich war Kadenbeck am frühen Morgen schon mit dem Rover durch die Gegend geprescht. Klar, dass er ihn nicht sauber gemacht hatte. Er wusste ja, wenn Bünten das Auto übernahm, würde er sich nicht trauen, es dem Chef schmutzig zurückzugeben.
Bünten nahm die schmale Asphaltstraße, die vom Hotel direkt in den Fichtenwald oberhalb des Stausees von Obermaubach führte. Plötzlich trat vor ihm am Waldsaum eine Gestalt aus dem Gehölz. Ein Jogger. Graue Hose, graue Kapuzenjacke. Stellte sich mitten auf die Straße und winkte. Merkwürdig, dachte Bünten, der Kerl sah aus wie Kadenbeck. Er hielt an und blickte in ein aufgedunsenes Gesicht und gerötete Augen.
»Ich hab’s mir noch mal überlegt«, sagte Kadenbeck. »Ist doch Blödsinn, dass du alleine fährst. Wir suchen zusammen und sparen ’ne Menge Zeit.«
Scheiße. Adieu, gemütlicher Sonntagvormittag, adieu, entspannte Eifeltour.
Kadenbeck kletterte auf den Beifahrersitz, begleitet von einer Wolke aus Alkoholdunst, süßlichem Rasierwasserduft und Schweiß. Mit seinen glänzenden Lederhandschuhen legte er den Sicherheitsgurt
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