Kramp, Ralf (Hrsg)
Rettungswagens aus Badem hatte man einen der beiden
First Responder
des Dorfes gerufen.
Der vermeintlich Tote lag zwischen den Bienenstöcken nahe einem Wiesengrund am Wanderweg zur
Abtei Himmerod
. Er war dick verquollen und schon ganz blau angelaufen. Nicht lange darauf landete in einem halsbrecherischen Manöver der gelbe Rettungshubschrauber
Christoph 10
aus Wittlich auf der matschigen Wiese.
Das Opfer Herbert Müsch erwies sich als Bienenfreund aus Trier. Da es sich nicht um Killerbienen handelte, sondern um friedliche Honigbienen, war seine Allergieattacke auch nicht auf Bienenstiche zurückzuführen. Züsch war ausschließlich gegen Erdnüsse und Erdnussprodukte allergisch.
»Das mit den Erdnüssen, das habe ich niemandem erzählt«, flüsterte er Kommissar Hetzges auf der Intensivstation des Krankenhauses in Daun zu. Musste er allerdings auch gar nicht, er trug ein Allergikerarmband, auf dem stand, wogegen er allergisch war.
»Es ist doch ein Einzeltäter«, vertraute Hetzges Oma Zülpe beim Frühstück am nächsten Morgen an, während er sein Rührei aß. »Da bin ich mir jetzt sicher. Der Profiler gibt mir recht. Der Mann lebt isoliert, tut sich schwer mit anderen Menschen. Ich sag’ das jetzt nur Ihnen, aber bei solchen Tätern vergehen im Schnitt dreieinhalb Jahre bis zur Ergreifung.«
»So lange«, staunte Oma Zülpe.
Und freute sich.
Bodycount: ?
Kommissar Hetzges zog hinaus in die Welt, um heldenhaft zu ermitteln und den oder die Schurken zur Strecke zu bringen. Oma Zülpe blieb zurück und kaute genüsslich ihr Brot mit Erdnussbutter. Die feine, nicht die
crunchy
. Das ging wegen ihrem Gebiss nicht mehr.
Meine Güte, was schmeckte das hier lecker.
Ursprünglich hatte sie mit ihrem fetten Geländewagen von Eifeldorf zu Eifeldorf fahren wollen, nachdem sie beschlossen hatte, mit welchem Hobby sie sich ihren Lebensabend spannend gestalten wollte. Immer nur Stricken brachte keinen Kick mehr.
Aber dann hatte es ihr im
Hotel Schafbrück
so gut geschmeckt, dass sie sich nun jedes Wochenende von Neuem hier einfand und schließlich Dauergast wurde.
Sie sah Kommissar Hetzges nach, der sich zu Fuß ins Soko-Hauptquartier begeben wollte. War ja nicht weit, nur den Promilleweg entlang, ein winziges Stückchen durch den Wald und dann war man schon im Dorf.
Er trug gar nicht die Mütze, die sie ihm gestrickt hatte.
Hm!
Oma Zülpe tupfte sich die Lippen mit der Serviette ab, lächelte fein, stand auf und folgte ihm ...
Seitensprung im Krimihotel
Ein Krimi in zwei Stimmen
VON M ARITA UND J ÜRGEN A LBERTS
Und wer ist das?«, fragt der bärtige Brillenträger.
Er überlegt eine Sekunde, dann sagt er: »Angela Merkel, in jungen Jahren.«
Die Gruppe kichert.
»Nicht ganz«, flüstert seine Nachbarin. »Das ist Mary Westmacott.«
»Kenn’ ich nicht!« Er spürt, wie sich alle Blicke auf ihn richten. »Wirklich nicht!«
Dann tönt es gleich dreifach: »Agatha Christie!«
Schon einmal hat er falsch gelegen, als er Georges Simenon für Herbert Wehner hielt. Die Pfeife war die falsche Spur.
Die beiden Frauen in blauen Polizeiuniformen, die das Krimiwochenende leiten, haben die Teilnehmer mit diesem kleinen Quiz begrüßt.
Im englischen Salon, in dem Chesterfieldsessel und -sofas stehen, ist Tee serviert worden. An den blutroten Wänden seidenbespannte Lämpchen, unter dem Kronleuchter ein Tisch mit schweren Holzstühlen, zu beiden Seiten geschnitzte Möbel. Man stellt sich gegenseitig kurz vor, spricht von den Erwartungen, die man an das Wochenende im
Krimihotel Hillesheim
hat und erzählt, welch ungeheuerliche Fälle man bereits gelöst hat.
Es gibt Krimiwochenenden-Profis, die sich kein Event entgehen lassen, Krimiwochenenden-Kings, die stets ganz vorne bei der Lösung eines Falles sind, Krimiwochenenden-Päpste, die schon bei der ersten Zusammenkunft die Führung an sich reißen.
Zu denen gehört er nicht.
Überhaupt nicht.
Er löst einen Gutschein ein. Langjährige Freunde aus seinem Tischtennisclub haben ihm, der ja schon alles hat, zum 50. Geburtstag ein Krimiwochenende in Hillesheim geschenkt.
Sie hielten das für eine prima Idee.
Denn neben ihrer Leidenschaft für den weißen Ball sind sie auch noch Mitglieder des James-Bond-Fanclubs Delmenhorst-Ost.
Und weil er bei seiner Feier mit dem Gutschein in der Hand etwas verloren aussah, haben sie ihm Eberhard zur Seite gestellt. Der soll ihn in die Welt des Krimis und speziell James Bonds einführen. Deswegen hat er auch das
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