Kramp, Ralf (Hrsg)
auf dem Nürburgring in der Eifel waren und einfach mal was anderes ausprobieren wollten. Dass die Männer die Mehrheit in einem Töpferkurs bildeten, war die Ausnahme. Christine war gespannt, wie sich die nächsten zwei Tage entwickeln würden.
Sie schaltete die Kaffeemaschine an und sah aus dem Augenwinkel Rainer aus dem Haus auf den Hof treten. Neben der Sitzgruppe blieb er stehen und blickte zur Straße. Offenbar kamen die ersten Kursteilnehmer gerade an.
Christine setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, öffnete die Tür und trat ebenfalls hinaus auf den Hof. Zwei ältere Leute, anscheinend eines der Ehepaare, plauderten mit Rainer. Christine ging mit ausgestreckter Hand auf sie zu. Der Mann griff als erster zu. »Hallo, wir sind die Müllers.«
»Herzlich willkommen in Köttelbach. Schön, dass Sie da sind.« Christine begrüßte auch die Frau, die einen sehr mütterlichen oder besser schon großmütterlichen Eindruck machte. Ihre Blicke wanderten bewundernd über den gepflasterten Innenhof, der auf drei Seiten von Gebäuden umgeben war. Christine und Rainer Serocka, die beiden Töpfer, hatten jede nur erdenkliche Ecke mit ihren Kunstwerken geschmückt. Bunte Kegel und Kugeln steckten auf Eisenstangen in den Blumentöpfen und -beeten, die Eisenstützen, die das Vordach eines kleineren Gebäudes trugen, waren mit Keramik umhüllt, und auf einem Tisch präsentierte sich eine bezaubernde Schar aus dunkelroten, sehr eigenwillig geformten Hühnern.
»Gott, ist das schön hier«, sagte Frau Müller und kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. »War das mal ein Bauernhof?«
Rainer nickte. »Wir haben ihn vor etwa 30 Jahren gekauft und lange renoviert. Jetzt ist er genau so, wie wir ihn haben wollen.«
»Möchtet ihr auch mal einen Blick in den Garten werfen?«, fragte Christine und schwenkte die Hand einladend zu einer Lücke zwischen zwei Gebäuden. Müllers folgten augenblicklich. »Übrigens, wir duzen uns im Kurs alle. Seid ihr damit einverstanden?« Müllers nickten lächelnd. »Wir sind Hartmut und Angela.«
Der Garten erstreckte sich in Beeten und Wiesen hinter dem gesamten Haus. Alte Obstbäume und eine Hecke gaben ihm ein heimeliges Aussehen. Direkt an die hintere Seite der Werkstatt lehnte sich ein rund zehn Meter hoher Turm, ehemals ein Futtersilo des Bauernhofes, wie Christine erläuterte. Er war rund herum mit Efeu bewachsen. Die rostigen Eisenstufen, die in die Höhe führten, waren kaum noch zu sehen. »Hier ist Köttelbach übrigens auch schon wieder zu Ende«, sagte Christine und deutete auf den dichten Wald, der das kleine Dorf nach Osten hin abgrenzte.
Stimmen im Hof ließen sie zurückkehren und weitere Neuankömmlinge begrüßen. Es waren Werner und Norbert, die beiden Freunde aus Hamburg, die für ihren Aufenthalt im neuen Feriendorf in Drees ein kleines Häuschen gemietet hatten. Müllers waren im Gästehaus
La Lanterna
in Müllenbach untergekommen, ebenso wie das Ehepaar Michels, das nur wenige Minuten später eintraf. »Klaus und Sofia«, stellte die hübsche junge Frau sie beide vor. »Meine Trutsche«, ergänzte Klaus grinsend mit Blick zu seiner Frau.
»Trutsche?«, fragte Christine nach. Klaus lachte nur. »Das ist in manchen Gegenden ein Kosename«, erklärte seine Frau. Klaus lachte wieder. »Ja, aber nicht da, wo ich herkomme!«
Christine war unangenehm berührt, ließ die Sache aber auf sich beruhen und führte die Gäste in die Werkstatt. Rainer bot Kaffee und Wasser an, Christine gab jedem eine Schürze und wies ihnen die Drehscheiben zu. Während Christine erklärte, warum sie den Ton auf den Tisch schlug, bevor sie damit arbeitete, beobachtete Rainer, mit verschränkten Armen gegen die Wand gelehnt, die Teilnehmer. Müllers wirkten wie ein Lehrerehepaar im Ruhestand. Sie kamen aus der Nähe von Stuttgart und verbrachten ihren Urlaub in der Eifel. Das zweite Ehepaar, Klaus und Sofia Michels, lebte in Köln. Der Kurs war ein Geburtstagsgeschenk von Sofias Freundin, und Klaus hatte sich kurzerhand mit eingeladen. Bei den beiden hatte Rainer ein seltsames Gefühl. Der Kerl war ihm auf Anhieb unsympathisch, und die Frau … er wusste nicht recht. Die beiden jungen Männer waren sicher die ungewöhnlichsten Teilnehmer, die Rainer und Christine je bei einem Töpferkurs gehabt hatten. Sie sahen beide aus wie Bodybuilder, ausgesprochen muskulös und durchtrainiert, der eine blond, der andere braunhaarig, beide mit Drei-Tage-Bart und Cowboystiefeln an den Füßen. Nicht
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