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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Pelz und spähte zu den verblassenden Sternen empor.
    »Bist du bereit?«, fragte Jesse.
    »Bitte, setz dich.« Krampus schob den Sack beiseite, um Platz für ihn zu schaffen. »Ich möchte gerne ein paar Worte mit dir reden.«
    Jesse versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Er wollte los, um die Angelegenheit hinter sich zu bringen. Üble Vorahnungen plagten ihn, und auf eine ausgedehnte Unterhaltung mit Krampus hatte er in diesem Moment beim besten Willen keine Lust.
    »Ich werde mich kurz fassen.«
    Jesse setzte sich neben ihn auf die Stufen.
    Der Herr der Julzeit holte tief Luft. »Es war eine glorreiche Nacht. Nicht wahr?«
    »Allerdings.«
    »Deine Lieder haben an mein Herz gerührt … und nicht nur an meines. Hast du die Leute gesehen, ihre Gesichter? Sie alle waren zutiefst berührt. Deine Muse ist voller Zauber.«
    Ein Lächeln umspielte Jesses Lippen, als er nickte. Zauber. Das gefiel ihm. Nur so ließen sich seine Gefühle von vergangener Nacht beschreiben. »Hattest du dabei die Finger im Spiel?«
    »Allerdings, aber die Musik … ist von deiner Muse gekommen. Ich habe dir nur dabei geholfen, sie wirklich zu erkennen, dich von deinen Ängsten zu befreien und loszulassen. Ich versichere dir, dass niemand anders als du selbst die Menschen in deinen Bann geschlagen hat.«
    Wieder nickte Jesse. Noch nie hatte er sich so weit aus dem Fenster gelehnt, noch nie hatte er seine Seele bloßgelegt. Er war noch immer überwältigt, eins mit der Musik. Mehr noch, sämtliche alten Vorbehalte waren wie weggewischt, und er konnte es kaum erwarten, noch einmal vor Publikum aufzutreten.
    »Mir hat man ebenfalls die Augen geöffnet«, sagte Krampus. »Inzwischen erkenne ich sehr deutlich, dass die Menschheit noch nicht vergessen hat, wer sie wirklich ist. Dass tief in ihr drin noch immer ein ungezähmter Geist lodert. Dass sie nur einen kleinen Anstoß braucht, um sich zu befreien.« Er grinste, strahlte geradezu. »Und ich werde immer da sein, um ihr diesen Anstoß zu geben … in der einen oder anderen Gestalt oder Form, unabhängig davon, was für Spielchen die Götter so treiben.«
    Jesse nickte. Er hoffte es. Nie zuvor hatte er sich lebendiger, seiner Umwelt so verbunden gefühlt, und ihm war sonnenklar, dass allein der Julzauber diese Empfindungen in ihm geweckt hatte. Er atmete tief ein, genoss das Gefühl und stellte fest, dass er immer noch den Rhythmus erspüren konnte, jenen seltsamen urtümlichen Takt der letzten Nacht, der leise sein gesamtes Sein durchpochte.
    »Wenn die Sonne aufgeht, bricht ein neuer Tag an … ein neues Zeitalter für das Julfest. Es wird bekannter werden, und meine Herde wird anwachsen, da bin ich mir sicher, aber ich will nur diejenigen um mich haben, die mir wirklich dienen wollen. Deshalb habe ich vor, die Belznickel aus ihrer Schuld zu entlassen … und ihnen ihre Menschengestalt zurückzugeben, sofern sie es wollen.«
    Bei seinen Worten setzte Jesse sich auf und starrte Krampus verblüfft an. »Dann kannst du das also? Sie zurückverwandeln? Uns zurückverwandeln?«
    Krampus lächelte. »Natürlich. Es ist mein Blut. Ich kann es jederzeit zurückrufen.«
    Jesse traute seinen Ohren kaum. Er hatte sich bereits damit abgefunden, bis ans Ende seines Lebens ein Belznickel zu bleiben. »Wow, echt jetzt?«
    »Ich habe vor, jeden Einzelnen von euch vor die Wahl zu stellen. Mit dir fange ich an. Du hast deine Schuld mir gegenüber abbezahlt. Wenn du vorhast, diesen Kerl zu töten, dann würdest du das wahrscheinlich lieber als freier Mann tun … damit er im Moment des Todes dir in die Augen blicken kann.«
    Für Jesse gab es da nichts zu überlegen. Seinen menschlichen Körper zurückzubekommen, eine neue Chance mit Linda zu erhalten – dafür würde er alles tun, was man von ihm verlangte. Er nickte von ganzem Herzen.
    Da streckte Krampus die Hand aus. »Dein Messer.«
    Jesse kramte in seiner Tasche, holte das Jagdmesser hervor und reichte es ihm.
    Krampus zog es aus der Scheide und prüfte die Klinge mit dem Finger. »Gib mir deine Hand.«
    Mit der Handfläche nach oben streckte Jesse sie aus und verzog das Gesicht.
    »Sei unbesorgt.« Krampus lachte. »Ich muss lediglich einen kleinen Tropfen nach Hause zurückrufen.« Damit pikste er Jesse in die Fingerkuppe. Er berührte die Wunde mit seinem Finger und schloss die Augen.
    Auf einmal verspürte Jesse ein Kribbeln am ganzen Leib. Als Krampus die Augen wieder öffnete und den Finger von ihm löste, war auf der

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