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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Ach ja, Baldrs Wiedergeburt. Laut der Prophezeiung sollte Baldr erst nach Ragnarök auf der Erde wiedergeboren werden, auf einer Erde, die durch ein alles verschlingendes Feuer von der Finsternis gereinigt worden war. Als Gott des Lichts und des Friedens sollte er wiedergeboren werden, als gerechter Gott, um über die Welt der Menschen zu wachen. Natürlich gab es gar kein reinigendes Feuer, und jener Baldr, der durch meine Wälder stolperte, kannte nicht einmal mehr seinen eigenen Namen. Er war in schmutzige Lumpen gehüllt, sah verloren und halb verhungert aus. Weil es nur noch so wenige von uns aus dem alten Geschlecht gab, verspürte ich eine Verbundenheit mit ihm und fühlte mich für ihn verantwortlich. Also holte ich ihn in mein Reich, kleidete ihn und gab ihm Speis und Trank. Trotzdem sah ich ihn nicht ein einziges Mal lächeln, damals nicht. Stattdessen ertappte ich ihn zuweilen dabei, wie er mich mit finsterer Miene anstarrte, als gäbe er mir die Schuld an all seinem Kummer. Ich hätte mich besser in Acht nehmen sollen, aber in Wahrheit empfand ich Schuld – wegen dem, was meine Mutter und mein Großvater ihm angetan hatten. Ich bildete mir ein, dass ich mein Geschlecht durch Mildtätigkeit von seinen Missetaten reinwaschen könnte. Ich bot ihm meine Bruderschaft an und wies ihm einen Platz an meiner Seite zu. Gemeinsam machten wir es uns zur Aufgabe, den Geist des Julfests zu verbreiten. Doch er schien beständig vor sich hin zu brüten und war bestenfalls halbherzig bei der Sache. Eines Abends, als ich ein Haus verwüstete, in dem die Bewohner dem Nikolaus huldigten, sah ich, wie Baldr ein Büchlein einsteckte, auf dessen Einband das Zeichen des Heiligen prangte. Ich hätte es ihm abnehmen und es ins Feuer werfen sollen, aber mein Mitleid hatte mich schwachwerden lassen. Es dauerte nicht lange, bis Baldr sich rot und weiß zu kleiden begann, um sich Sankt Nikolaus ähnlicher zu machen. Noch immer hielt ich meine Zunge im Zaum, in der Hoffnung, dass es sich lediglich um eine vorübergehende Marotte handelte. Dann entdeckte ich das Kreuz, das unverfroren in seinem Zimmer auf dem Kaminsims stand. Der Anblick traf mich wie ein Schlag ins Gesicht – das Zeichen dessen, was mich plagte, in meinem eigenen Haus! Das war mehr, als ich verkraften konnte. Ich stürmte in Baldrs Zimmer und schleuderte das verfluchte Ding in den Kamin. Da brach ich seine Truhe auf, um das Buch zu suchen und zu zerstören. Zwar fand ich es nicht, dafür entdeckte ich einen wahren Schatz an Handwerkskunst und Schriftrollen, die allesamt die Lehren des toten Heiligen behandelten. Nachdem ich alles in Stücke gerissen hatte, warf ich ihm die Fetzen vor die Füße und verlangte eine Erklärung. Ich fragte ihn, wie er sich etwas derart Böses zu eigen machen könne. Er zeigte keine Reaktion, seine Miene war so reglos wie immer. Er sagte zu mir, dass die alten Traditionen tot seien. Aber ich wolle mir nicht eingestehen, dass die Zeit der Alten auf dieser Erde vergangen sei. Er holte das glosende Kreuz aus dem Feuer und hielt es mir vors Gesicht, als handelte es sich um einen mächtigen Talisman. ›Hier‹, sagte er. ›Hier siehst du die Welt, in der wir nun leben. Wenn du nicht lernst, in ihr zu dienen, dann wirst du schon bald ein Relikt vergangener Tage sein.‹«
    Krampus hielt inne und seufzte. »Ich fegte ihm das Kreuz aus der Hand und ohrfeigte ihn. Er zuckte kaum mit der Wimper und starrte mich bloß weiter mit seinem kalten Blick an. Erzürnt schlug ich ihn erneut, ein Haken, der einen Ochsen gefällt hätte. Doch er schien ihn nicht einmal zu spüren, und da sah ich ihn zum ersten Mal lächeln. Es war ein mitleidiges Lächeln. Er bemitleidete mich. Dabei sah er mich an, wie man ein fehlgeleitetes Kind ansieht. Dieser tadelnde Blick brannte sich tief in mein Inneres, und so nahm ich den eisernen Schürhaken aus dem Kamin und hieb ihm damit fest ins Gesicht. Er lachte, ein Laut, der mir bis zum heutigen Tag in den Ohren klingt. Dann bohrte er sich mir in den Schädel und trieb mir jeden vernünftigen Gedanken aus. Wieder und wieder prügelte ich auf ihn ein, wollte ihn ermorden … trotzdem fügte ich ihm keinen Kratzer zu. Es war, als schlüge ich auf einen Stein ein, und er lachte noch immer, bis ich das Gefühl hatte, dass sein Gelächter in meinem Kopf widerhallte. Erst da erkannte ich, was für ein Ungeheuer er war, erst da begriff ich, dass er mich die ganze Zeit an der Nase herumgeführt hatte und dass Odins Zauber ihn

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