Krampus: Roman (German Edition)
krümmte sich zusammen. Etwas fiel auf ihn drauf. Es war Ash, der seinen Hals umklammerte, aus dem Blut hervorsprudelte. Geheul hallte durch den Raum, schien aus allen Richtungen zugleich zu kommen und erschütterte den General bis ins Mark. Er zog die Knie an die Brust, umklammerte sie fest und kniff die Augen zu. »Bitte, Gott, bitte, Jesus«, wimmerte er, »lasst nicht zu, dass der Satan mich holt.«
***
Jesse versuchte, an seine Knöchel heranzukommen und das Klebeband abzureißen, aber mit seinen gebrochenen Fingern gelang es ihm nicht. Die Schmerzen in seinem Bauch, in den Beinen, Händen und im Rücken machten jede Bewegung unerträglich. Seine Augen gewöhnten sich langsam an den schwachen Schein der Weihnachtsbeleuchtung, die lange Schatten über die Toten und Sterbenden warf. Er konzentrierte sich auf das Gemetzel, auf Krampus, und versuchte, den Schmerz aus seinen Gedanken zu verdrängen.
Krampus hockte rittlings auf Ashs bebendem Leib. Der Herr der Julzeit war größer, massiger und sehr viel imposanter als bei seiner letzten Begegnung mit Jesse. Seine Hörner waren nun nicht mehr abgebrochen, sondern mächtige Waffen, die gewunden aus seiner Stirn ragten, seine Augen leuchteten tatendurstig und seine Bewegungen waren schnell und kraftvoll. Krampus trieb seine Hand in Ash, brach Knochen, zerriss Gewebe und holte schließlich etwas hervor, vermutlich das Herz des Mannes. Er hielt das Organ empor und stieß Siegesgeheul aus. Dann drückte er das Herz zusammen und ließ das Blut an seinem Arm herab in den Mund rinnen. Sein Brustkorb hob und senkte sich, als sich ein lautes, tiefes Knurren seiner Kehle entrang, das von purer Lebenskraft zeugte.
Der Herr der Julzeit warf das Herz beiseite, ließ den Blick durch den Raum und über das Gemetzel schweifen und legte den Kopf schief, erst auf die eine und dann auf die andere Seite, um das Stöhnen der zerfleischten Sterbenden besser zu hören. Dabei grinste er. Selbst im Zwielicht konnte Jesse seine verzogenen Lippen deutlich sehen. Seine Schlitzaugen richteten sich auf Jesse. »Das ist gut … es ist gut, schrecklich zu sein«, sagte Krampus und leckte sich das Blut von der Hand.
Jesse schüttelte den Kopf und konzentrierte sich voll und ganz aufs Atmen.
Der Herr der Julzeit runzelte die Stirn. »Dir scheint es nicht besonders gut zu gehen.«
»Mir ging’s schon mal besser«, keuchte Jesse. »Ich glaube, ich sterbe.«
Krampus kam auf ihn zu, kniete sich neben ihn hin und betrachtete die Blutpfütze, die sich langsam unter ihm ausbreitete. »Ja, das glaube ich auch.« Mit dem Fingernagel durchtrennte er das Klebeband und lehnte Jesse behutsam gegen den Werkzeugwagen. »Du warst sehr ungezogen.«
Jesse nickte. »Ja, das ist meine Art.«
Sein Gegenüber lächelte. »Du liegst vielleicht im Sterben, aber dein Kampfgeist hat dich noch nicht verlassen.«
Jemand bewegte sich hinter Krampus – es war Chet, der neben der Tür kauerte. Er hielt noch immer die kleine Pistole in den zitternden Händen und versuchte, sie auf den Eindringling zu richten. Jesse wollte ihm gerade eine Warnung zurufen, als die Pistole mit einem ohrenbetäubenden Knall abgefeuert wurde. Die Kugel traf Krampus am Horn. Er sprang auf. Erneut löste sich ein Schuss, doch die Kugel schlug ein gutes Stück links von ihm Funken auf dem Betonboden. Chets Arme sanken herab. Krampus kam gemächlich auf ihn zu und ging vor ihm in die Hocke.
»Scheiße, Scheißteufel, Scheißdreckskerl!«, fauchte Chet, während ihm das Blut aus dem Mund lief. Er versuchte, die Waffe erneut zu heben, doch es gelang ihm einfach nicht.
Der Herr der Julzeit warf Jesse einen Blick über die Schulter zu. »Der hier hat auch Kampfgeist. Er gibt vielleicht einen guten Soldaten ab.« Krampus riss Chet die Waffe aus der Hand und warf sie beiseite. Dann ergriff er den Arm des Mannes und biss ihm ins Handgelenk.
Chet stieß ein Jaulen aus und riss den Arm weg. »Du hast mich gebissen! Was soll der Scheiß?« Er starrte auf die Wunde. Selbst im Dämmerlicht sah Jesse, wie die Haut um die Verletzung dunkler wurde. Die Verfärbung breitete sich rasch über Chets Arm aus, und Jesse begriff, dass Krampus ihn zu einem der seinen gemacht hatte.
»Du gehörst jetzt mir. Du wirst hier sitzen bleiben und auf meine Befehle warten.«
»Fick dich!«
Chet rieb sich den Arm, während sich nach und nach sein ganzer Körper schwarz verfärbte.
Krampus ließ ihn an der Wand sitzen, ging zu dem Sack und hob ihn auf. »Du hast mich
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