Krank für zwei
die Sensoren fixiert wurden.
»Haben Sie denn ernsthafte Pläne?« Alexa versuchte, eine einigermaßen bequeme Lage zu finden. »Im Moment stehen doch genug Büros und Läden leer. Da dürfte es doch nicht schwer sein, etwas Passendes zu finden.«
»Nun, es war mal so eine Art Ärztehaus im Gespräch. Also, ein Gebäude, wo verschiedenste Fachrichtungen untergebracht wären – ein HNO, ein Neurologe, ein Hautarzt. Das wäre natürlich was für unsere Chefin.«
»Ein Ärztehaus?« Alexa horchte auf. »Davon war ja in der Presse noch gar nichts zu lesen. Wo soll das denn entstehen?«
»Keine Ahnung.« Die Arzthelferin stellte den Wehenschreiber richtig ein. Schon begann das knatternde Geräusch, das sich immer ein wenig nach Jahrmarkt auf dem Meeresgrund anhörte.
»Ich habe das nur so am Rande mitgekriegt. Entschieden ist noch gar nichts. So, da haben wir Ihren Nachwuchs. Scheint zu schlafen, das Kleine. Merken Sie schon Wehen?«
Alexa schüttelte den Kopf.
»Na, ist ja auch besser so. Sie haben sicher gehört, was im Pankratius-Krankenhaus los ist.«
»Oh ja«, Alexa konnte sich nur immer wieder wundern, wie schnell sich spektakuläre Nachrichten in der Stadt verbreiteten.
»Oder wollten Sie sowieso ins Katharinen gehen?« Oh nein, nicht schon wieder. Das Telefonat mit ihrer Mutter hatte Alexa gereicht. Und jetzt warf auch noch die Arzthelferin den Namen der Konkurrenzklinik ins Rennen, als ging es um die Entscheidung zwischen Esso oder Aral.
»Nein, nein. Wir hatten schon ans Pankratius gedacht. Schließlich wohnen wir nur fünf Minuten entfernt.«
»Da ist natürlich derzeit alles in hektischer Unruhe«, erklärte die Arzthelferin. »Und bis der Tathergang geklärt ist, wird sich das wohl auch nicht ändern.«
Alexa wunderte sich. Andrea Schröer schien sich ja bestens auszukennen.
»Zum Glück ist ja die Gynäkologie nicht direkt betroffen«, plauderte Andrea weiter. Sie wurde jetzt deutlich munterer. Vielleicht hatte das mit der Frischluft zu tun. »Aber wo ein Mörder frei herumläuft, wird die Geburtenzahl trotzdem rapide runtergehen, wenn Sie mich fragen.« Alexa hatte nicht gefragt, aber sie mußte zugeben, so langsam begann das Gespräch sie zu interessieren.
»Da herrscht eine ziemliche Konkurrenzsituation zwischen den beiden Häusern, Pankratius und Katharinen. Meine Freundin arbeitet als Krankenschwester im Pankratius-Krankenhaus auf der Gyn.«
Aha, daher kamen also die Informationen.
»Angeblich wartet man dort am Monatsende auf die statistische Bettenbelegung wie RTL auf die Einschaltquote vom Vorabend. Und im Katharinen wird es ganz ähnlich zugehen.«
Alexa nickte – in der Hoffnung, der Redefluß werde noch ein bißchen anhalten.
»Na ja, bislang konnten sich beide ganz gut halten, aber wer weiß, wie das in Zukunft aussieht. Die Krankenhäuser werden ja gnadenlos zusammengestrichen. Wenn sich da eine Abteilung nicht bewährt, ist sie ruckzuck weg vom Fenster.«
Die Arzthelferin sagte das, als wäre sie nebenberuflich im Gesundheitsministerium tätig.
»Meinst du, der Mord hat damit etwas zu tun?« Die Stimme kam von Andreas Kollegin. Offensichtlich hatte sie nebenan in dem kleinen Mini-Labor gearbeitet und durch die angelehnte Tür jedes Wort mit angehört. Jetzt hatte sie die Tür weiter aufgestoßen, um besser mitmischen zu können.
»Ach, du bist das, Silke«, Andrea hatte sich selbst erschrocken. »Ob das mit dem Mord zu tun hat? Darauf bin ich noch gar nicht gekommen.«
»Na ja, die meisten Morde passieren sowieso im familiären Umfeld«, sinnierte Silke. Soweit Alexa das beurteilen konnte, hantierte sie gerade nebenan mit einer Urinprobe herum.
»Hab’ ich jedenfalls neulich in einem Fernsehbericht gesehen. Neunzig Prozent aller Morde werden von Familienangehörigen verübt.«
»Öh!«
Der Laut war klasse. Alexa kannte ihn von ihrer Oma. Aber Arzthelferin Andrea konnte ihn fast genauso gut. Öh, kurz artikuliert und mit viel Luft gesprochen, das war der Inbegriff von Erstaunen und nebenbei die indirekte Aufforderung, das Gegenüber solle weitererzählen.
»War der verheiratet, dieser Peuler?«
Jetzt war Andrea ernsthaft überrascht. »Sag bloß, du kennst dessen Frau nicht. Die ist doch Patientin bei uns. Außerdem steht sie dauernd in der Zeitung. Hier hat sie ein Projekt für Straßenkinder in Bulgarien laufen, und da kümmert sie sich um Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind. Kennst du doch, oder?«
»Die ist das?« Silke schien sich zu erinnern,
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