Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
Vom Netzwerk:
wurde schon lange nicht mehr geöffnet. Von hier an geht es nur zu Fuß weiter.«
    Vorsichtig kletterten wir über den Stacheldraht, der um das Gelände herumlief, und marschierten den Schotterweg hinunter, bis wir nach ein paar hundert Metern zu einem zweiten, höheren Zaun mit verrosteten Konservendosen gelangten, die schepperten, wenn man den Zaun berührte. Wir fanden eine Lücke, zwängten uns hindurch und gelangten zu einem zweistöckigen Holzhaus in einer engen, von hohen Felsen eingerahmten Schlucht.
    Es gab ein halbes Dutzend fensterlose Nebengebäude, kaum größer als ein Plumpsklo. Da die Rhododendronbüsche seit Jahren nicht mehr beschnitten worden waren, verschwanden die kleinen Häuschen in dem dichten Grün fast vollständig. Hinter den Nebengebäuden lagen ein Areal, das etwa einen halben Morgen groß und eingezäunt war, und mehrere halbverfallene Hundezwinger auf einer leichten Erhebung. Hawkes hatte mit dem Hundekot richtiggelegen: Wenn es regnete, wurden die Exkremente einfach weggeschwemmt.
    »Hundehaufen. Überall waren Hunde … Überall hat es nach Hundescheiße gestunken.«
    Schweigend näherten Cherry und ich uns dem Haupthaus. Einmal abgesehen von ein paar Fledermäusen war das Gebäude leer. Es gab weder Möbel noch festes Inventar. Dort, wo der Mörtel aus den Fugen gebröckelt war, hatten Vögel Nester gebaut.
    Wir nahmen uns die Nebengebäude vor. In dem Schuppen roch es nach Urin von Opossums, Ratten, Vögeln und Waschbären, und in jedem entdeckten wir die Überreste einer vergammelten Matratze. Cherry stieß eine knarzende Tür mit schweren Eisenscharnieren auf und musterte den Riegel.
    »Die Türen kann man nur von außen absperren, Ryder. Und so etwas soll eine Schule gewesen sein?«
    »Kommt mir eher wie die Hölle vor«, murmelte ich.
    Am anderen Ende der Schlucht stand eine riesige alte Scheune. Das stark verwitterte Holz wirkte fast schwarz. Wir liefen einmal außen herum und stießen dabei auf einen riesigen Käfig inmitten von Büschen.
    »In dem Ding kann man ja ein Pferd unterstellen«, merkte Cherry an.
    »Oder ein paar Menschen einpferchen.«
    Nach unserem Rundgang versuchten wir, die eingerostete Schiebetür der Scheune einen Spaltbreit zu öffnen, was uns nur mit vereinter Kraft gelang. Drinnen schalteten wir unsere Taschenlampen ein. Auf beiden Seiten der Scheune waren sieben Meter lange Zuschauerränge auf vier Pfosten aufgebaut, die meiner Schätzung nach Platz für hundertfünfzig Schaulustige boten.
    In einer Ecke stand ein provisorischer Tisch und dahinter eine Art Regal, das nur aus Brettern bestand, die zwischen den Balken befestigt waren. Das muss die Bar gewesen sein , dachte ich. Bei solchen Veranstaltungen durfte man seinen Schnaps nicht mitbringen, sondern musste zehn Dollar pro Drink löhnen. Eine echte Goldgrube, zumal angetrunkenen Zockern das Geld locker saß. Die Bar lieferte auch eine Erklärung für die am Boden liegenden Glasscherben: Flaschen wurden einfach fallen gelassen oder im Blutrausch durch die Gegend geworfen. Mit dem Fuß löste ich ein paar Scherben, die in der festgetretenen Erde steckten.
    Der Bereich zwischen den Rängen erinnerte an einen perversen Zirkus mit drei Manegen. An einem Ende befand sich eine drei mal drei Meter große Senke, die schätzungsweise einen Meter tief war, am anderen Ende ein kleinerer, nicht ganz so tiefer Kreis.
    Die Mitte wurde von einer rechteckigen, anderthalb Meter tiefen Kuhle dominiert, die vier Meter lang und knapp zwei Meter breit war. Cherry richtete die Taschenlampe darauf und wandte sich angewidert ab.
    »Weißt du noch, woran Crayline sich erinnert hat?«, fragte sie mich. »Die Jungs haben in einer länglichen Kuhle gekämpft, die bei ihnen das Grab hieß. Meinst du, er hat von diesem Ort gesprochen?«
    »Irgendwoher mussten die Jungs ja kommen, gegen die Crayline gekämpft hat.«
    »Crayline wurde in den Bergen von Alabama festgehalten. Soweit wir wissen, ist er nie in Kentucky gewesen.«
    »Weil man ihn mitten in der Nacht hierher und wieder fortgeschafft hat«, gab ich zu bedenken, richtete mein Licht auf die Dachsparren und sah mehrere graue Metallschirme mit kaputten Glühbirnen, die mich an Auschwitz denken ließen.
    Als wir den Schotterweg zurückgingen, fühlten wir uns wie Flüchtlinge, die Sodom entkommen waren. Cherry warf einen letzten Blick über die Schulter und erschauderte. »Dieser Ort hat etwas von einer Ray-Bradbury-Geschichte. Das ist ein wahres Horrorkabinett.«
    »Und

Weitere Kostenlose Bücher