Krank (German Edition)
flüsterte er. »Der Hund kennt die Zukunft.«
»Wer hat den Hund getötet, Jimmie?«, fragte Cherry. »Der Trainer? Oder der Pastor?«
»Der Colonel«, antwortete Hawkes.
»Welcher Colonel, Jimmie?«
Hawkes bedeckte seine Weichteile mit den Händen. » LEGT DEN HODENSCHUTZ AN UND DECKT DIE WELPEN «, bellte er wie ein Oberst. » HEFTET EINE NUMMER AN EUREN SCHWANZ, JUNGS! BRINGT DEN COLONEL ZUM LACHEN !«
»Gehörte der Colonel zum Camp?«
» JA, SIR, MISTER COLONEL ! Der Colonel war immer da.« Hawkes bewegte die Finger wie beim Geldzählen. »HEILIGE SCHEISSE! KEINE MADEN FÜR DEN COLONEL!«
»Maden?«
» DER PFAFFE WAR DER FUTTERMANN. MADEN UND DRECKIGES WASSER, UND DANN KOTZT DU, BIS DU UMFÄLLST. WER GEWINNT, KRIEGT WAS ORDENTLICHES ZU FUTTERN !«
Ich warf Cherry einen Blick zu, schüttelte den Kopf und konzentrierte mich wieder auf Hawkes.
»Wie hat der Colonel ausgesehen, Jimmie?«
Hawkes reckte den Kopf und sah zur Tür hinüber, als wollte er fliehen. Es war ganz offensichtlich, dass er nicht über den Colonel reden wollte.
»Ich muss jetzt LOS!«
»Nur noch ein paar Fragen«, bat ich ihn und zog ein Foto von Bobby Lee Crayline aus der Jackentasche.
»Dieser Typ hier«, sagte ich zu Hawkes. »Haben Sie den mal zu Gesicht gekriegt? War er auch auf dieser Schule? Er müsste in Ihrem Alter gewesen sein.«
Hawkes musterte das Foto, wandte sich ab. » AUFSEHER !«, rief er wie von Sinnen. » ICH WILL IN DEN HOF !«
»Jimmie«, flehte ich. »Nur noch ein paar Minuten.«
» ICH WILL RAUS !«
Der Aufseher öffnete achselzuckend die Tür.
»Jimmie«, rief Cherry dem davonlaufenden Häftling hinterher. »Nur noch eine letzte Frage, Jimmie. Bitte! Tun Sie das noch für mich?«
Obwohl das Zittern und die Zuckungen urplötzlich zurückkehrten, hielt Hawkes im Türrahmen inne.
Kapitel 48
Auf dem sonnenbeschienenen Parkplatz überflogen wir die fünf Seiten, die Cherry auf der Kühlerhaube ihres dunklen Streifenwagens ausgebreitet hatte. Von dem Metall stieg Hitze auf. Cherry verrückte die einzelnen Seiten wie Puzzleteilchen. Sie hatte Hawkes gebeten, eine Skizze vom Lager anzufertigen.
»Meinst du, das hilft uns weiter?« Cherry beäugte die von Hawkes gezeichneten Linien und Formen.
»Erwartest du, dass eine Karte, die ein Mann mit einem Viertelhirn gemalt hat, akkurat ist? Und dazu noch von einem Ort, den es seit knapp zwanzig Jahren nicht mehr gibt?«
Cherry beugte sich über die Motorhaube und verschob die Seiten abermals. »Vielleicht kann ich ja seine Orientierungshilfen entschlüsseln. Hier …« Sie zeigte auf eine Art Lutscher, den Hawkes neben eine Linie gezeichnet hatte, die eine Straße darstellte. »Das Ding da hat er als Kuhbaum bezeichnet.«
Ich zuckte die Achseln. »Und?«
»An der County-Grenze gibt es eine Weide mit einer riesigen Buche. Der Baum steht direkt an der Straße. Es gibt dort eine kleine Quelle samt Bach. Und der Farmer legt die Salzlecksteine aus.«
»Schatten, Wasser, Salz. Kühe?«
»Normalerweise immer ein paar Dutzend, die um den Baum herumstehen. Und ich ahne, was Hawkes mit Bierschänke gemeint hat. Wenn ich mit dem Baum richtigliege, kann das nur der kleine Tante-Emma-Laden sein, eine Meile weiter die Straße hinunter. Da wird Bier und Wein verkauft. Das Geschäft gibt es schon seit meiner Kindheit.«
Cherry zog eins der unteren Blätter hervor, legte es obenauf, verband die Linien, Hawkes’ Straßen, und tippte auf die Seitenmitte. »Diese sogenannte Karte ergibt erst einen Sinn, wenn ich weiß, was mit den anderen Punkten gemeint ist, Ryder.«
»Diese Wellenlinie hier«, sagte ich und zeigte darauf. »Damit meinte er doch einen Bach, oder?«
»Ja. Und das Dreieck dort drüben … wie hat er es noch gleich genannt … den Bootfelsen? Das könnte dieser große, spitz zulaufende Felsen in der Nähe von dem Tante-Emma-Laden sein. Er sieht aus wie ein Schlachtschiff, das aus einem Berg ragt.«
Ich tippte auf einen dunklen Klecks. »Und das hier hat er als Schlammfeld bezeichnet.«
»Das passt«, meinte sie. »Wir sollten die Seiten zusammenkleben und uns dann auf die Suche machen.«
*
Zwei Stunden lang kurvten wir kreuz und quer durch die Gegend, machten immer wieder mal kehrt und landeten schließlich an einem mit einer Kette gesicherten Tor, das einen zugewucherten Schotterweg versperrte. Die Kette hatte Rost angesetzt, das Schloss war oxidiert.
»Wenn mich nicht alles täuscht, hat Hawkes diesem Ort gemeint«, sagte Cherry.
»Dieses Tor
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