Krank (German Edition)
kniete mich neben das Bett und machte das Feuerzeug wieder an. Das stark in Mitleidenschaft gezogene Antlitz eines Mannes starrte mich an. Sein Gesicht war völlig entstellt, die Augen traten aus den Höhlen, der Mund war weit aufgerissen, als stieße er einen lautlosen Schrei aus.
Aus Nasenlöchern und Mund quoll Rauch.
Entsetzt wich ich zurück, verlor die Balance und stolperte über den schiefen Boden. Kurz darauf fand ich mein Gleichgewicht wieder und starrte schwankend auf die weißen Wolken, die aus dem Gesicht des Toten aufstiegen. Ich wandte mich ab. Just in diesem Moment flog die Tür auf. Ich wirbelte herum, wurde von einem Körper gerammt, zu Boden geworfen und spürte, wie eine Waffenmündung meine Stirn berührte.
»VERSCHRÄNKEN SIE DIE ARME HINTER DEM RÜCKEN. SOFORT !«
Ich tat, was man von mir verlangte. Eine Hand drückte mein Gesicht auf den dreckigen Boden.
»Er hat eine Knarre«, verkündete eine zweite Stimme. Jemand zog mir die Waffe aus meinem Hosenbund.
»Immer mit der Ruhe«, sagte ich. »Ich bin Bu…«
Die Hand, die auf meinem Hinterkopf lag, drückte fester zu und machte mich mundtot. » KLAPPE HALTEN, VERDAMMT NOCH MAL !«
Hände rissen mich hoch, stellten mich aufrecht hin. Aus meiner Nase, die unter der Begegnung mit dem Fußboden gelitten hatte, quoll Blut, das mir in den Mund und am Hals herunterlief. Ich musste würgen. Mein Häscher schleuderte mich gegen die Wand und hielt mich gleichzeitig am Kragen fest, so dass ich weder atmen noch sprechen konnte. Dann schob er sein Gesicht so dicht vor meines, dass mir sein Atem in die Nase stieg und ich mich von seinem wütenden Blick regelrecht durchbohrt fühlte. Es war der große, fette Sheriff vom Vortag. Beale.
»Du elender Hurensohn, du kranker Scheißkerl!« Er riss das Bandana weg, starrte mich an und drehte sich zu seinem Kollegen um. »Das Arschloch hier habe ich gestern gesehen. Ist einer von den Schülern von Compass Point. Der Bastard wusste, dass wir dort nach Schuhabdrücken suchten, und hat noch eine blöde Bemerkung fallen lassen.« Wütend knallte er meinen Kopf gegen die Wand. Ich sah Sternchen und hörte, wie Putz bröckelte und zu Boden fiel. »Hast du es auf einen von den Jungs abgesehen, Klugscheißer? Oder etwa auf eine der Frauen?«
»Sachte, Sheriff Beale«, griff sein Kollege ein, dessen Stimme jünger klang.
Der aufgebrachte Cop stierte mich an. Ich konnte seinen Zorn riechen, als sich sein Klammergriff um meine Gurgel verstärkte. Er war auf besten Weg, mich zu erwürgen. Der Raum wurde zusehends dunkler. Ich hörte, wie sich jemand schnellen Schrittes näherte …
»BEALE!«, herrschte eine Frauenstimme. »Lassen Sie den Mann los. Sofort!«
»Das hier ist mein County, Cherry. Sie können mir keine Vorschriften machen.«
»Ich kann Ihnen aber den Geldhahn abdrehen, Sheriff. Sind Sie etwa scharf darauf, Ihr Verhalten den Wählern zu erklären?«
Nach kurzem Zögern ließ Beale endlich von mir ab. Ich fiel auf die Knie und atmete tief durch. In dem Moment kam mir selbst die stinkende Luft in dem Raum köstlich vor.
»Legen Sie ihm Handschellen an, Officer Caudill«, ordnete die Frau an.
Während der Mann ihrem Befehl nachkam, sagte ich kein Sterbenswörtchen aus Furcht, dass der in der Ecke lauernde Sheriff sich sofort wieder auf mich stürzen würde. Ein kurzer Blick verriet mir, dass er vor Wut kochte. Neben ihm stand ein langer, schlaksiger Cop Mitte zwanzig mit riesigen Ohren, die wie Segel aus dem kurzen gelbblonden Haar ragten. Beale wirkte mordlüstern, sein jüngerer Kollege nervös. Die Frau, die mich vor der Strangulation bewahrt hatte, schaltete eine Profi-Taschenlampe ein und blendete mich damit.
»Herrje«, sagte sie. »Was ist das für ein Gestank?« Der Lichtstrahl wanderte zu dem verunstalteten Gesicht des Opfers.
»Was steigt da aus ihm auf?«, wollte Sheriff Beale wissen.
Die Gestalt hinter dem Licht näherte sich dem Leichnam so widerstrebend wie ein abergläubischer Mensch, der gezwungen wird, unter einer Leiter hindurchzugehen. Tapfer steckte sie die Fingerspitzen in die Wölkchen, die aus der Nase und dem Mund des Opfers stiegen.
»Das ist Rauch«, flüsterte sie erstaunt. »Nein, warten Sie … Es ist feucht, es muss also Dampf sein.«
Die Frau reichte ihre Taschenlampe dem jungen Polizisten. »Lassen Sie das Licht ganz langsam über den Leichnam wandern, Caudill.«
Sie trat einen Schritt zur Seite. Das Licht der Taschenlampe zeigte uns einen durchtrainierten,
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