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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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ein blauer Crown Victoria.
    Ich stellte meinen Pick-up ab, stieg ein paar Stufen hoch und öffnete die Tür. Der Wohnbereich war vermutlich schon von dem Gebrauchtwagenhändler zu einem Büro umfunktioniert worden. Die Wände waren holzverschalt, die blaue Auslegeware war abgetreten und unter der Klimaanlage gab es mehrere Wasserflecken. An einer Wand hing eine Karte von Kentucky. Im hinteren Bereich standen ein runder Tisch und fünf unterschiedliche Stühle, am anderen Ende befand sich ein alter Metallschreibtisch, eingerahmt von zwei ramponierten Aktenschränken. Und es stank nach Zigarettenrauch, der sich im Lauf der Jahrzehnte im Holz festgesetzt hatte.
    Cherry saß am Schreibtisch und notierte etwas mit einem Bleistift. Heute trug sie ein weißes Spitzentop und mit Türkisen besetzte Ohrringe, die einen hübschen Kontrast zu ihren roten Haaren bildeten. Sie hob den Blick, runzelte die Stirn und konzentrierte sich wieder auf ihre Arbeit.
    »Was kann ich für Sie tun, Ryder?«
    »Eigentlich wollte ich mir einen Gebrauchtwagen zulegen, aber wie es aussieht, ist das Angebot eher dürftig.«
    Sie legte den Bleistift beiseite, fixierte mich mit dem linken Auge und streifte mich gerade noch so mit dem rechten. »Was liegt an?«
    Ich drehte einen der Stühle vor ihrem Schreibtisch herum und setzte mich. »Danke, dass Sie gestern McCoy geschickt haben, um mich unter die Lupe zu nehmen. Die Wanderung war spitzenmäßig und das Abendessen köstlich, doch das wissen Sie ja sicherlich schon.«
    »Ich habe ihn nicht geschickt, um …«
    »Ihr Spion hat gestanden«, versuchte ich, einen Nazi zu imitieren, wobei mein Akzent allerdings eher nach einem Schotten klang. »Ich habe ihn umgedr-r-reht.«
    Sie verdrehte die Augen. »Lees Redlichkeit kann manchmal schwer nerven. Da Sie am Tatort waren, wollte ich, dass er Ihnen auf den Zahn fühlt. Entschuldigen werde ich mich dafür nicht.«
    »Das habe ich auch nicht erwartet. Ich hätte genauso gehandelt.«
    »Ach was? Ist es denn zu fassen, dass ich etwas tue, das ein Bulle aus der Großstadt auch tun würde? Jetzt bin ich aber ganz aus dem Häuschen. Danke und adieu.«
    Ich rührte mich nicht von der Stelle. »Wurde der Leichnam schon identifiziert?«
    »Vor dem Hintergrund, dass seine Finger völlig verbrannt waren und wir keine Abdrücke nehmen konnten, ist das ein wenig knifflig.«
    Auf ihrem Schreibtisch lagen alle den Fall betreffenden Unterlagen ausgebreitet. Urplötzlich stieg mein Adrenalinspiegel, und ich sagte: »McCoy hat mir von dem ermordeten Imbisstypen erzählt. Was halten Sie davon, wenn ich mir Kopien von den beiden Akten ziehe und sie in meiner Hütte studiere? Vielleicht entdecke ich je etwas, das Sie übersehen haben.«
    »Wie bitte? Haben Sie gerade übersehen gesagt?«
    Mit einer Kopfbewegung gab ich ihr zu verstehen, was ich von diesem Büro hielt. »Ich versuche ja nur, mich nützlich zu machen, Detective. Das hier kann man ja wohl nicht als Speerspitze der Strafverfolgungsbehörden bezeichnen.«
    Donna Cherry strich eine rote Haarsträhne aus ihrer Stirn und stützte sich mit den Ellbogen auf den Schreibtisch. »Stimmt, ich arbeite in einem dreißig Jahre alten Wohnwagen, der nach Zigarren stinkt. Mein Anrufbeantworter stammt aus grauer Vorzeit, mein Streifenwagen hat hunderttausend Meilen auf dem Buckel. Die Hälfte meiner Arbeitszeit verbringe ich damit, juristische Allianzen mit Politikern zu schmieden, die keines der beiden Worte buchstabieren können. Aber lassen Sie sich eins gesagt sein, Mister Großstadtbulle: Dieses Programm läuft seit acht Monaten, und es gibt sieben Prozent weniger Schwerverbrechen in meiner Region. Wie sehen die Zahlen bei Ihnen in Mobile aus?«
    Sie schnappte sich den Bleistift und senkte den Blick.
    »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Urlaub, Detective, und möchte Sie bitten, ihn nicht in meinem Büro zu verbringen.«

Kapitel 10
    Mir gelangen ganze zwei Schritte aus dem Wohnwagen hinaus, bevor ich kehrtmachte. Cherry würdigte mich keines Blickes. Ich stellte mich hinter sie und gab mich zerknirscht, was ziemlich glaubwürdig wirkte, da es nicht gespielt war.
    »Was mache ich jetzt wieder falsch?«, fragte sie, ohne vom Schreiben abzulassen.
    »Überhaupt nichts. Wie es aussieht, sind Sie ein Profi, der mit begrenzten Mitteln hervorragende Ergebnisse erzielt, Detective Cherry. Mobile wird im Allgemeinen nicht als wichtige Metropole erachtet, und mich hält man für einen tollpatschigen Hinterwäldler. Ich wurde noch

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