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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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Fahrersitz montiert. Die Pumpenstange habe ich auch gefunden.«
    Der hydraulische Zylinder war auf einen quadratischen Stahlfuß geschweißt, den ich auf den Stein setzte. Die Einkerbungen stimmten mit dem Fuß überein. Als Cherry herüberkam und meine Entdeckung begutachtete, konnte man ihr deutlich ansehen, welche Bilder ihr durch den Kopf geisterten.
    »Herrje, Ryder … Der Mörder hat Burton nicht umgefahren, sondern den Lieferwagen auf ihn heruntergelassen.«
    Ich nickte, steckte die Pumpenstange in die dafür vorgesehene Öffnung und markierte die Stelle mit einem Bleistift. Dann begann ich zu pumpen und beobachtete, wie der Hebekopf nach oben wanderte. Für zweieinhalb Zentimeter musste man die Stange sechs- oder siebenmal bewegen. Ich machte ein paar Schritte nach hinten und verglich die Tatortfotos mit der Realität.
    »Bockt man den Lieferwagen einen halben Meter auf, kann man Burton darunterschieben und die Hände so fixieren, dass er sich nicht rühren kann. Anschließend senkt man den Wagen zentimeterweise ab. Vermutlich war Burton noch so weit bei Bewusstsein, dass er hören konnte, wie seine Rippen brachen, während sein Brustkorb zusammengepresst wurde.«
    »Folter«, flüsterte Cherry. »Wie bei Tandee Powers. Und bei Mr. Unbekannt und dem Lötkolben.« Sie ging neben dem Stein in die Hocke. »Wieso hat der Täter das mit dem Lieferwagen gemacht? Wenn man jemanden umbringen will, gibt es doch Methoden, die weniger Umstände machen.«
    »Der Lieferwagen war für den Mörder so etwas wie ein Symbol. Wahrscheinlich hat er mit Burton geredet, als er die Karre herunterließ, und seine Macht ausgekostet. Während Burton bettelte und schrie.«
    Cherry verzog die Miene. »Was, verdammt noch mal, sagt ein Mörder in so einem Moment, Ryder? Hier kommt der Imbisswagen ?«
    In diesem Moment dröhnte ein Motorengeräusch durch den Wald. Kies flog durch die Luft. Wir drehten uns um und sahen, wie Beale in Begleitung von zwei großgewachsenen Männern in seinem Geländewagen herangerauscht kam. Ihm folgte ein zweites Fahrzeug gleichen Typs mit dem Logo des Sheriffs. Hinter dem Steuer saß ein fetter Typ mit gelben Zähnen und dem verschlagenen Blick eines Speichelleckers. Davon gibt es wenigstens einen in jedem Dezernat.
    Beale trat erst in letzter Sekunde auf die Bremse und hätte mich umgefahren, wäre ich nicht ausgewichen.
    »Scheiße, was haben Sie hier zu suchen?«, herrschte er Caudill an.
    »R-Ryder brauchte den Wagenheber aus Sonnys fahrender Imbissbude«, verteidigte sich der Gescholtene. »Er hat mich gebeten, ihn hierherzubringen.«
    »Wieso lassen Sie sich von einem dahergelaufenen Idioten, der hier nichts zu melden hat, in der Gegend herumscheuchen?« Wutentbrannt fegte Beale die Mütze von Caudills Kopf. »Für wen arbeitest du eigentlich, Junge?«
    »F-Für Sie, Sheriff.«
    Cherry trat einen Schritt näher. Obwohl ihre Augen böse funkelten, als Beale seinen Deputy erniedrigte, ging es hier um Politik, was ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl erforderte.
    »Wir brauchten den Wagenheber, Sheriff. Es war zwar Detective Ryder, der Officer Caudill angerufen hat, aber Ihr Deputy handelte in meinem Auftrag.«
    »Weil Sie die Ermittlung leiten, was?«
    »Wir arbeiten zusammen, Roy. Ziehen wir an einem Strang, erzielen wir schneller Resultate.«
    »Sie übernehmen gern das Kommando, oder?«, spottete Beale. »Auf die Weise haben Sie das Gefühl, wichtig zu sein.«
    Sein Ton war dermaßen herablassend, dass mich Cherrys Gelassenheit verblüffte. »Das hier ist eine Sondereinheit, und ich leite sie nicht.«
    Aus dem zweiten Fahrzeug stiegen drei Personen: zwei Männer in dunklen Anzügen und Krawatten und eine Frau in einem Nadelstreifenanzug und einer dunkelblauen Bluse. Sie war schätzungsweise einen Meter achtzig groß, vielleicht sogar noch einen Tick größer, und hatte platinblond gefärbte Haare, die ihr bis zur Schulter reichten und deren Enden so stark nach außen gefönt waren, dass sie an Hörner erinnerten. Allem Anschein nach hatte sie eine Vorliebe für grelles Make-up, doch ihr fehlte die Expertise, es richtig aufzutragen. Über dem schneeweißen Hals wirkte das stark geschminkte Gesicht wie eine Maske mit kobaltblauen Augen und purpurnen Lippen. Dank der hohen Wangenknochen und den gleichmäßigen Zügen war sie dabei jedoch nicht unattraktiv. Sie machte einen fitten Eindruck. Ich schätzte sie auf Ende vierzig und vermutete, dass sie sich mit Händen und Füßen gegen das Älterwerden

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