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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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Neuigkeiten?«
    »Heute will ich mit Freunden von Tandee Powers sprechen. Ich bin gerade auf dem Weg zu einer Frau namens Berlea Coggins, die ich oberflächlich kenne. Dummerweise lebt ihr kranker Vater bei ihr, und ich bräuchte jemanden, der ihn ablenkt.«
    »Spitzt er die Lauscher?«
    »Er starrt meinen Hintern an und klappert mit den dritten Zähnen.«
    Das allein schien mir den Ausflug wert zu sein. »Ich muss nur noch kurz ein frisches Hemd anziehen«, meinte ich.
    *
    In dem kleinen Haus der Coggins roch es nach medizinischen Tinkturen und Lavendelkerzen. Fernsehgerät, Sofa, Beistelltische, Lehnstuhl und Couchtisch waren mit geometrischer Präzision im Wohnzimmer verteilt. Es gab keine Buchregale, dafür Unmengen von Spitzendeckchen und Holzbrettchen mit Sinnsprüchen wie Die Sorgen enden dort, wo Gott ist, Der Glaube versetzt Berge, Eile mit Weile, Wenn Sie hier rauchen, stehen Sie besser in Flammen etc. Über dem Sofa hing ein Christusbild in einem Plastikrahmen mit einem kleinen Messingschild, auf dem Jesus von Nazareth stand.
    Miss Berlea Coggins war eine dünne Frau Ende dreißig mit unauffälligen Gesichtszügen. Neben der leicht gerümpften Nase und dem verkniffenen Mund prangte eine große braune Warze.
    Miss Coggins Vater, Mooney, spähte um die Ecke. Der hutzelige Mann saß in einem elektrischen Rollstuhl, an dessen Lehne eine Sauerstoffflasche befestigt war. Schläuche führten in seine Nasenlöcher. Mir fiel auf, wie er Cherrys Hinterteil musterte, als wollte er sich den Anblick ganz genau einprägen, was ich ihm nicht verübeln konnte. Seine dritten Zähne klapperten allerdings bislang nicht.
    Während Cherry sich nach Tandee Powers erkundigte, warf der alte Herr mir einen anzüglichen Blick zu und fing an, die erhobene Hand demonstrativ zur Faust zu ballen und wieder zu öffnen, damit ich das auch ja mitkriegte. Ich schob sein Verhalten der Demenz zu und drehte mich zu Cherry und Miss Coggins um, die schmallippig Cherrys Fragen beantwortete.
    »Ich weiß nicht, ob ich schlecht über die arme Tandee sprechen sollte. Da man jetzt eh nichts mehr tun kann, sollten wir sie in Frieden ruhen lassen.«
    »Miss Coggins, Sie kennen mich. Mir liegt nichts ferner als dreckige Wäsche zu waschen, aber wir müssen rauskriegen, wer Miss Powers umgebracht hat.«
    Berlea Coggins ging zu einem alten Spinett, auf dem eine Bibel lag, und berührte das Buch, als könnte es ihr Trost spenden. Danach wandte sie sich wieder zu uns um und senkte den Blick.
    »Vor gut zwölf Jahren leitete Tandee das für den Fernunterricht zuständige Kirchenkomitee, und ich fungierte als Sekretärin. Irgendwann wurde ein Treffen mit einer Schwestergemeinde unten in Franklin, Tennessee, einberufen. Die Kirche hat Tandee und mich geschickt und für uns ein Zimmer im Red Roof Inn bestellt.« Sie begann mit den Händen herumzufuchteln, als stricke sie etwas. »Tandee und ich aßen mit den anderen Kirchenleuten zu Abend, aber da das eigentliche Treffen erst am nächsten Tag stattfand, gingen wir früh zu Bett. Während wir uns auszogen, fing Tandee an, über … über Männer und das, was sie gern tun, zu reden.«
    »Über Sex?«
    »Sie schwatzte nur so zum Spaß. Wir streiften unsere Nachthemden über und Tandee erzählte mir, wie ein Mann, den sie mal gekannt hatte, sich gern von hinten an sie rangeschlichen und versucht hat, ähm, ihr die Hände auf die … die …« Miss Coggins lief rot an.
    »Ihre Brüste?«, fragte Cherry.
    »Genau. Und dann hat sie … Tandee … mir gezeigt, was passiert ist.«
    »Sie hat Sie angefasst?«
    »Das fand ich eigentlich gar nicht so schlimm. Immerhin waren wir ja Frauen. Und ich lachte, weil ich mich über das amüsierte, was Männer so anstellen, um von Frauen das zu kriegen, worauf sie aus sind.«
    »Und was ist dann passiert?«, hakte Cherry nach.
    »Tandee kniete sich hin und schob mein Nachthemd hoch. Sie versuchte, meine … Scham zu küssen. Da schubste ich sie weg und drohte ihr, in den Flur zu laufen und um Hilfe zu rufen, wenn sie mich nicht in Ruhe ließe.«
    »Wie ging es danach weiter?«
    »Wir haben nie wieder ein Wort über den Vorfall verloren. Eigentlich haben wir von da an auch nur noch selten miteinander gesprochen.«
    Ich entfernte mich ein Stück, damit Cherry in aller Ruhe von Frau zu Frau mit Miss Coggins sprechen konnte, und schlenderte höflich nickend zu dem alten Herrn hinüber. Die Hand, die er eben noch zu Faust geballt hatte, lag jetzt auf seinem Schoß. Er drückte

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