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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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Anscheinend ist es ihr unbegreiflich, wieso ein erwachsener Mann sein Leben im Wald zubringt. Sie hat mich allen Ernstes gefragt, ob ich unter einem Pfadfinderkomplex leide. Eine halbe Stunde lang hat sie mich zu den Morden befragt und das war’s dann.«
    Dass Krenkler nicht begriff, von welchem Nutzen McCoy für sie sein konnte, war unentschuldbar. »Was ist mit der Website?«, fragte ich. »Behält das FBI sie rund um die Uhr im Auge?«
    Er nickte. »Sie haben versucht, die Einträge zurückzuverfolgen. Niete.« Das bedeutete, dass der Mörder wusste, wie er seine Spuren im Netz verwischen musste.
    »Und was treibt Cherry?«, hakte ich in betont gleichgültigem Ton nach.
    »Mit Donna habe ich gestern gesprochen. Ich hatte den Eindruck, es ist ihr peinlich, dass man sie von dem Fall abgezogen hat. Deswegen habe ich mich lieber kurz gefasst.«
    Mich hatte man auch schon von Fällen abgezogen. Selbst wenn man prima Ergebnisse abgeliefert hatte, kam man sich wie ein Versager vor. Und dass später, wenn es nicht gut lief, die Schuld dem ersten Ermittler in die Schuhe geschoben wurde, machte die Sache nur noch schlimmer. Ich wusste, wie es lief. Wir müssen noch mal von vorn anfangen und alle Quellen erneut überprüfen, würde Krenkler sich bei ihren Vorgesetzten beklagen. Detective Cherry hat leider geschlampt .
    Nach dem Essen fuhr ich zu meiner Hütte zurück, wo Mix-up auf der Veranda döste. Neuerdings schloss ich ihn nicht mehr ein, wenn ich allein loszog, da er sich nie weit vom Haus entfernte. Ein Pfiff genügte, und schon kam er – meistens klitschnass von einem Bad im Bach – angerannt. Ob ihm einer seiner Vorfahren eine häusliche Ader vererbt hatte oder ob er sich einfach nicht gern allzu weit von seinem geliebten Fressnapf entfernte, konnte ich nicht sagen.
    Ich spielte mit dem Gedanken, Cherry anzurufen – natürlich nur, damit sie sich bei mir ausheulen konnte –, ehe ich mich an die Worte meines Bruders erinnerte.
    » Ist sie hübsch, startest du unter aller Garantie eine Charmeoffensive, weil du ihr an die Wäsche willst, Carson. Dich dürstet nach Aufmerksamkeit .«
    Ich entschied mich für eine Spritztour durch die Berge. Da Mix-up offenbar lieber in der Sonne döste, überließ ich ihn seinen Hundeträumen und machte mich allein auf den Weg. Ich fuhr so lange durch die Schlucht, bis mich die Straße ins mehrere Meilen entfernte Campton brachte. Jetzt gebot es die Höflichkeit, kurz bei Cherry vorbeizuschauen, bis zu deren Büro es nur noch einen Katzensprung war, und mich zu erkundigen, wie es ihr ging.
    Mit zu einem Pferdeschwanz zusammengefassten Haaren und silbernen Ohrringen, die ihre weißen Wangen akzentuierten, saß sie hinter ihrem Schreibtisch. Sie trug eine weiße Bluse und einen dunklen Hosenanzug, der jedes dralle Starlet, das gerade hip war, in ein geschlechtsloses Wesen verwandelt hätte. Versuchte Cherry – bewusst oder unbewusst – die Tristesse der FBI -Outfits nachzuahmen?
    Als sie den Kopf hob, meinte ich, den Anflug eines Lächelns zu erkennen, der rasch verschwand. Ich ließ mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch nieder, auf dem mehrere Fotos vom Powers’ Tatort lagen.
    »Sind Sie wieder mit von der Partie?«, fragte ich.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Ich vermute mal, Krenklers anfängliche Bösartigkeit war als Schuss vor den Bug gedacht, damit ich weiß, wo mein Platz ist.«
    »Und wo ist der ihrer Meinung nach?«
    »Am Kopierer. Ich muss alle Unterlagen vervielfältigen.« Weder Cherrys Miene noch ihre Stimme verrieten, was sie von dieser Aufgabe hielt. »Ich besorge auch Kaffee und Burger. Und ebne der Dame den Weg, wenn sie mit den Einheimischen reden möchte.«
    »Sind Sie schon mal auf die Idee gekommen, dass sie Sie an kurzer Leine hält, um Ihnen die Schuld in die Schuhe zu schieben, falls sie scheitert?«
    »Ja, dieser Gedanke ist mir auch schon gekommen, Kemo Sabe, aber ich sehe mich vor.«
    Das habe ich auch schon das eine oder andere Mal versucht, schoss es mir durch den Kopf. »Kommt Krenkler voran?«, erkundigte ich mich.
    Cherry lehnte sich zurück und seufzte. »Sie besteht darauf, alle Verhöre allein durchzuführen, als wäre ich zu blöd, um Fragen zu stellen. Zu dumm, dass sie ihren Hochmut nicht ablegen kann. Außerdem folgen ihr diese Männer in dunklen Anzügen auf Schritt und Tritt, ohne zu schnallen, dass ihr Auftreten die meisten Menschen ziemlich verstört.«
    »Die Leute machen also dicht, sobald Krenkler auftaucht«, schlussfolgerte

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