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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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flüchtiger Täter einem Kriminalbeamten auflauerte und ihn tötete.
    »Keine Sorge, mir passiert schon nichts. Und außerdem hat McCoy angeboten, mich zu begleiten.«
    »Das mache ich ebenfalls«, verkündete ich.
    Eine halbe Stunde später erreichten wir den Schauplatz des Verbrechens, der am Ende einer langen Brandschneise lag. Das nächste Haus befand sich eine Meile weiter weg in einer Schlucht. Hemlocktannen türmten sich über uns auf und filterten das blassgelbe Licht, das unweit des Baches einen goldenen Schimmer bekam. Der Hang auf der anderen Uferseite war von zartblättrigen Farnen gesäumt, die aus der Ferne wie grüner Nebel wirkten. Die Luft roch stark nach Kiefern. Die Schönheit der Landschaft stand für mein Dafürhalten in starkem Kontrast zu dem Grauen, das sich hier abgespielt hatte.
    Burton war das, was wir im Süden einen Pfundskerl nannten. Er arbeitete hart, feierte ausgiebig, prügelte sich gern und hatte auf der Highschool geboxt und damit ein Teilstipendium eines kleinen Colleges ergattert. Er jagte, fischte und nannte das schnellste Sportfischerboot und die beste Jagdflinte in ganz Woslee County sein Eigen. Sein dreiachsiger Dodge Ram 350 Pick-up verfügte über mehr Chrom als jedes andere Fahrzeug in der Gegend. Er liebte Las Vegas und besuchte die Glücksspieldampfer auf dem Ohio River, wenn ihm die Zeit für einen längeren Trip fehlte. Burton verteilte großzügige Spenden an die hiesigen Wohlfahrtseinrichtungen, schaltete Anzeigen in den Jahrbüchern der Highschool. Mit seinem Imbisswagen nahm er stets an der Parade zum 4. Juli teil und fuhr mit seinem weißen Kasten gleich hinter der Ehrengarde, dem Feuerwehrfahrzeug und den Streifenwagen. Die Blaskapelle, Kriegsveteranen und Gewinner des Wettbewerbs, bei dem das niedlichste Baby gekürt wurde, durften erst hinter ihm marschieren.
    Burton war viermal verheiratet gewesen. Keine dieser Verbindungen hatte die magische Grenze von zwei Jahren erreicht. Die kürzeste war schon nach sechs Wochen zu Ende gewesen. Psychologisch betrachtet ließ dieses Verhalten mehrere Interpretationen zu, von denen keine positiv war.
    Cherry und ich kämmten das Areal ab, während sie mir detailliert schilderte, wie der Fundort damals ausgesehen hatte: Sonny Burtons Leichnam lag unter einem Reifen, sein Brustkorb so flach gequetscht, dass die inneren Organe aus seinem Mund und After quollen. Lee McCoy – er hatte die Koordinaten des Tatorts auf der Geocaching-Website als Erster gesehen – war bei Cherrys Eintreffen frustriert ob seiner Hilflosigkeit neben dem Truck auf und ab marschiert.
    Ich kniete mich neben einen riesigen flachen Stein mit kaum wahrnehmbaren geometrischen Einkerbungen, die neueren Datums sein mussten und nahelegten, dass etwas Quadratisches auf dem Stein gestanden und einen Abdruck hinterlassen hatte.
    »Was ist das hier, Cherry? Diese Einkerbungen im Stein?«
    »Bestimmt stammen sie vom Mörder, der mit dem Truck darübergefahren ist.«
    Ich fuhr mit dem Fingernagel über die Rillen. »Das ist Dolomit, chemisch verwandt mit Sandstein, aber wesentlich härter. Ein Reifen ist viel zu weich, um auf solch einem Gestein Spuren zu hinterlassen.«
    »Ist es denn zu fassen, Ryder? Sind Sie nicht nur Kriminalbeamter, sondern auch noch Geologe?«
    Auf unserer Wanderung hatte McCoy mich auf die Dolomitschichten in den Gesteinswänden der Schlucht hingewiesen und mir gezeigt, wie hart sie waren. Das hätte ich Cherry eigentlich wissen lassen müssen, doch stattdessen tätschelte ich den Stein, als könnte ich ihm auf diese Weise seine Geheimnisse entlocken.
    »Darauf hat etwas Hartes, vermutlich aus Metall, gestanden. Das Objekt muss ein, zwei Meter neben Burtons Kopf gewesen sein. Wissen Sie vielleicht, ob der Rahmen …«
    »Lassen Sie’s gut sein, Ryder, ich habe nicht Fahrzeugbau studiert.«
    Ich lief um den Stein herum und sah ihn mir dabei ganz genau an. »Ich hätte, was diese Einkerbungen betrifft, eine Idee, aber dazu müssten wir dem Abschlepphof in Woslee einen Besuch abstatten und einen Blick in Burtons Lieferwagen werfen.«
    »Und ich hätte eine andere Idee.« Cherry fischte ihr Handy heraus, wählte eine Nummer und drückte mir das Gerät in die Hand. »Sagen Sie Caudill, was Sie brauchen.«
    Der junge Polizist tauchte bald darauf mit einem schwarzen Zylinder und einer sechzig Zentimeter langen Metallstange auf. »Ein Wagenheber mit einer Hubkraft von 20 Tonnen«, rief er. »War in Burtons Lieferwagen fest hinter dem

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