Krank (German Edition)
Wort zur Tür hinaus.
Kapitel 19
Am nächsten Morgen sprachen McCoy, Cherry und ich im Restaurant vom Natural Bridge Park noch mal die Ereignisse des vergangenen Tages durch. Als Cherrys Handy klingelte, ging sie auf die Terrasse, da der Empfang dort besser war. Drei Minuten später hatte sie das Gespräch beendet und kehrte mit einem verkniffenen Lächeln und erhobenen Daumen an unserem Tisch zurück.
»Ich habe den Pilz aus Tanners Eintopf einem Bekannten von der Spurensicherung geschickt. Dieses spezielle Exemplar heißt Frühlingsknollenblätterpilz.«
McCoy zuckte zusammen. » Amanita verna . Hochgiftig. Schon eine kleine Menge führt zu geistiger Verwirrung und kurz darauf zum sicheren Tod. Woher hatte Tanner das Rezept? Aus dem Kochbuch der Familie Borgia?«
Ich überlegte, wie viele Pilzarten ich auf meinen Wanderungen entdeckt hatte, und meinte, in knapp einer Woche wenigstens auf fünfzig verschiedene Sorten gestoßen zu sein. »Kommt das häufiger vor?«, fragte ich McCoy. »Dass Leute aus Versehen einen giftigen Pilz erwischen?«
»Gelegentlich.«
»Es gäbe aber noch eine andere Erklärung«, meinte Cherry und rührte das dritte Päckchen Zucker in ihren Kaffee. »Bruder Tanner könnte den giftigen Pilz absichtlich gegessen haben, um zu beweisen, dass ihm Gottes Gnade zuteilwird und er ohne Schaden überlebt. Wie diese religiösen Fanatiker im Süden, die mit Giftschlangen den Glauben ihrer Schäfchen testen. Onkel Zeke wurde im Lauf der Jahre zusehends verschrobener und bewies immer häufiger, wie fest sein Glaube war.«
»Also gibt es zwei mögliche Erklärungen«, schlussfolgerte McCoy. »Entweder hat Tanner nicht aufgepasst oder das Schicksal absichtlich herausgefordert.«
»Es gibt noch eine dritte«, gab ich zu bedenken. »Tanner wurde umgebracht, und sein Tod steht in Zusammenhang mit den Geocaching-Morden.«
Cherry schüttelte den Kopf. »Es fällt mir zwar schwer, Krenkler beizupflichten, aber ich sehe wirklich keinen Zusammenhang zwischen Tanner und den anderen Fällen. Er wurde nicht gefoltert. Und auf der Geocaching-Website war auch kein neuer Eintrag.«
»Wenn Sie mich fragen, wirkte er wie jemand, der Höllenqualen erleidet«, wandte ich ein. »Gerade während der letzten Minuten. Für mein Gefühl existiert da eine Verbindung zu den anderen Mordfällen.«
»Beruht Ihre Einschätzung auf Deduktion«, fragte Cherry, »oder verlassen Sie sich auf Ihre übersinnlichen Kräfte?«
Ich zuckte mit den Achseln und wechselte das Thema. »Was haben Sie jetzt vor?«
»Heute findet Sonny Burtons Aufbahrung statt, und die FBI -Hansel wollen mich dabeihaben, falls der Mörder seinem Opfer die Aufwartung macht.«
»Werden die Agenten auch anwesend sein?«
»Ich habe, um ehrlich zu sein, Krenkler davon überzeugt, dass das nicht ratsam wäre, weil sie auffallen würden wie bunte Hunde. Einen Block die Straße hinunter gibt es einen Trödelladen. Sie werden sich hinter dem Gebäude postieren und über Funk mithören.«
»So? Na dann kriegen sie ja nicht mit, wenn sich dort einer mehr umsieht, oder?«
*
Cherry und ich verließen gemeinsam das Restaurant. Die Sonne stand hoch am Himmel und spendete Wärme. Die Luft roch nach Kiefern und altem Herbstlaub, das sich langsam in Humus verwandelte. Mir wurde ein bisschen schwindelig, und ich fühlte mich leicht berauscht.
»Wollen Sie, dass ich Sie begleite?«, fragte ich. »Zu Burtons Aufbahrung?«
»Sehr gern, Ryder.«
»Sofern mich mein Gedächtnis nicht täuscht, ist es gar nicht so lang her, dass Sie mich am liebsten in die Wüste geschickt hätten.«
»Da hielt ich Sie für ein kleines Würstchen, das den großen Macker markiert.«
»Und nun sehen Sie mich anders?«
Ihr Grinsen hatte gleichzeitig etwas Verschmitztes und Warmherziges, eine ganz wunderbare Kombination. Zum ersten Mal fixierte sie mich mit beiden Augen, und ich spürte, wie ich weiche Knie bekam.
»Zumindest graduell«, meinte sie. »Immerhin machen Sie von Tag zu Tag Fortschritte.«
Wir blieben vor ihrem neuen Dienstfahrzeug stehen, und ich schaute ihr in die Augen. Dieser Augenblick hatte das Potential, entweder großartig zu werden oder ziemlich peinlich, so dass ich mir einen Ruck gab und zu meinem Pick-up ging, bevor meine Beine mir am Ende noch den Dienst versagten.
»Ich muss mich umziehen«, rief sie mir hinterher. »Was halten Sie davon, wenn ich Sie in einer Stunde abhole?«
Ich stieg in meinen Wagen und zwinkerte ihr zu. »So machen wir’s.« Ich
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