Krank (German Edition)
Charpentier.«
»Wie nett von Ihnen. Aber kommen Sie doch einen Moment herein, Detective. Ich kriege nur selten Besuch und dann längst nicht so hübschen wie Sie.«
Cherry betrat das Wohnzimmer und staunte über die elegante Einrichtung. Jeremy folgte ihr, grinste mich schelmisch an und tat so, als masturbiere er.
Acht Minuten später, in denen mein Bruder über Pflanzengenetik, nahrhafte Bestandteile von Honig, die Geologie der Gegend und über die sexuellen Vorlieben von Jack the Ripper doziert hatte, fuhr Cherry aus der Schlucht und bog auf den Mountain Parkway.
»Verdammt, Ryder, dieser Charpentier ist echt schlau, was? Ich wünschte, es ginge ihm besser.«
»Sie erwähnten, Ihre Tante hätte auch RDS. Was ist das?«
»Reizmagensyndrom. Magenkrämpfe, Durchfall, Verstopfung und Blähungen gehören zum Krankheitsbild. Es gibt Tage, an denen sollte man sich nicht allzu weit von einer Toilette entfernen.« Cherry schüttelte teilnahmsvoll den Kopf.
»Hm«, sagte ich nur und lobte meinen Bruder insgeheim für die kluge Wahl seines Gebrechens.
*
»Ich setze Sie bei der Kirche ab«, sagte Cherry, als wir vom Parkway rollten. »Dann statte ich den FBI -Agenten einen Besuch ab und lasse mich verkabeln. Auf Burtons Aufbahrung können wir wie …« Cherry starrte in den Rückspiegel. »Mist!«
»Was ist denn?«
Zuerst hörte ich einen aufheulenden Motor, dann ein Hupen. Cherry fuhr auf den Seitenstreifen. Ein blauer Lieferwagen mit dem Aufdruck A-1 Air Conditioning Service rauschte an uns vorbei und war Sekunden später aus unserem Blickfeld verschwunden.
»Na, die Klimaanlage muss aber echte Scherereien machen«, murmelte Cherry.
In der Ferne war schon die Kirche zu erkennen. Cherry parkte zwischen zwei Kirchenbussen.
»Warten Sie hier«, bat sie. »Ich lasse mich jetzt verkabeln, und dann jagen wir die bösen Jungs.«
Gerade als ich ausstieg, stieß ein blauer Lieferwagen gegen unsere Stoßstange. A-1 Air Conditioning Service . Die seitliche Tür wurde aufgeschoben und gab den Blick auf Gloria Krenkler frei, die auf einem Notsitz saß. Allem Anschein nach hatte sich das FBI ein Überwachungsfahrzeug zugelegt.
»Sieh mal einer an, Detective Ryder«, meinte Agentin Krenkler, als wären wir alte Freunde. »Ich wusste ja gar nicht, dass Sie ein Freund von Aufbahrungen sind. Warum steigen Sie beide nicht ein und unterhalten sich mit mir?«
Ich kam mir wie ein Kind vor, dass beim Kekseklauen erwischt worden war. Missmutig stieg ich in das Überwachungsfahrzeug. Cherry folgte meinem Beispiel.
»Kompliment an denjenigen, der diese Karre ausstaffiert hat«, sagte ich.
Krenkler faltete einen Streifen Juicy Fruit zusammen und steckte ihn in den Mund. »Ich dachte nicht, dass ich ihn rechtzeitig kriege, doch jetzt können wir alles mit eigenen Augen sehen. Wie zum Beispiel Sie beide vorhin auf der Straße. Möchten Sie eine Erklärung abgeben, Detective Cherry?«
»Wozu?«
»Warum Sie Ryder eingeladen haben.«
Cherry hielt den Kopf leicht schräg, als fände sie Krenklers Anliegen hochgradig bizarr. »Ich dachte, Sie hätten ihn gern dabei, Agent Krenkler.«
»Weshalb, in drei Teufels Namen, sollte ich das denn wollen?«
Cherry zählte die Gründe an den Fingern ab. »Erstens: Ich habe die Vor-Ort-Überwachung verstärkt. Zweitens: jemanden mit enormer Erfahrung hinzugezogen. Drittens: Sollte der Mörder hier tatsächlich auftauchen und bewaffnet sein, können wir auf Verstärkung zurückgreifen. Gibt es daran etwas auszusetzen, Agent Krenkler?«
Die anderen FBI -Agenten beäugten ihre Chefin neugierig. Zorn loderte in Krenklers Augen auf, ehe es ihr gelang, eine nichtssagende Miene aufzusetzen. Sie nickte dem älteren Kollegen auf dem Beifahrersitz zu, der ein kleines Mikrophon hielt, das an Cherrys Ausschnitt befestigt werden sollte.
»Verkabeln Sie sie, Agent Rourke.«
»Ryder auch?«
»Ich glaube nicht, dass ich ihn hören muss.«
*
Nach dieser kleinen Überraschung betraten Cherry und ich die Kirche. Der Sarg war von Blumengestecken umrahmt. Cherry nickte mehreren Leuten zu, umarmte die eine oder andere Person und schüttelte Hände. Sie stellte mich namentlich vor, ohne zu erklären, ob ich nur ein Freund oder ihr Geliebter war. Mit einem Nicken gab ich ihr zu verstehen, dass ich mich draußen umschauen wollte, und flüsterte: »Bin in fünf Minuten wieder da.«
Ich lehnte mich an eine Platane und musterte die wettergegerbten Männer, die rauchten und sich offenbar in den Hemden und
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