Krank (German Edition)
Sekunden gelang es den beiden, den Pfaffen zu überwältigen, der jetzt keinen Widerstand mehr leistete.
Der Waldarbeiter wurde ins Krankenhaus von Jackson gebracht. Die Sanitäter aus dem zweiten Krankenwagen versuchten, Tanners Zustand zu stabilisieren. Der selbsternannte Pfarrer litt vermutlich gerade unter einer akuten Psychose, allerdings deutete sein Verhalten von vorhin daraufhin, dass er auch unter normalen Umständen nicht zurechnungsfähig war. Da ihm das Atmen schwerfiel, rollte er sich auf die Seite und zitterte unvermittelt wie Espenlaub.
Krenkler tauchte auf und betrachtete den Reverend. »Du liebe Zeit«, meinte sie und rümpfte die Nase. »Was ist denn mit dem los?«
Diese Frau hatte die Gabe, mich mit nur ein paar Worten auf die Palme zu bringen. »Mich interessiert mehr, was mit Ihnen los ist«, entfuhr es mir.
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Bis auf Cherry und Caudill hat sich niemand gerührt.«
»Und?«
»Drei erfahrene und bewaffnete FBI -Agenten drehen Däumchen und warten in aller Seelenruhe ab?«
Krenkler sah aus, als würde sie gleich gähnen. »Dieses Theater hier geht uns nichts an. Das fällt in den Zuständigkeitsbereich der hiesigen Polizei.«
» Wie bitte ?«
»Wir sind hier, um einen Psychopathen dingfest zu machen, der gern foltert. Wenn ein irrer Hinterwäldler durchdreht, ist das nicht unser Problem, zumal es keinen neuen Eintrag auf der Geocaching-Website gegeben hat und Tanner laut Officer Caudill emotional instabil war.«
»Das ist doch Quatsch«, ereiferte ich mich. »Kollegen einer anderen Strafverfolgungsbehörde und ein verletzter Mann sind in Gefahr, und Sie verschanzen sich hinter einer Mauer und warten ab, was passiert?« Ich warf den beiden anderen Agenten einen fragenden Blick zu, doch die hatten sich abgewandt und taten so, als ginge sie das Ganze überhaupt nichts an.
Krenkler verzog den Mund, was kein schöner Anblick war. »Hauen Sie ab, Ryder. Das ist ein Befehl.«
»Wie Sie gerade eben betont haben, sind Sie hier nicht zuständig, Agent Krenkler.«
Ihre Lippen wurden noch schmaler, und sie wollte gerade etwas entgegnen, als ihr der Reverend einen Strich durch die Rechnung machte. Tanners Krämpfe wurden so stark, dass er versehentlich einen der Sanitäter umstieß, ehe er sich übergab. Der zähe Brei, der aus seinem Mund quoll, hatte die Farbe von geronnenem Blut und wollte gar nicht mehr versiegen.
»Mein Gott«, flüsterte Cherry.
»Die lebenswichtigen Organe funktionieren nur noch eingeschränkt«, rief ein Sanitäter seinem Kollegen zu, ohne den Blick von dem Monitor zu nehmen, an den sie Tanner angeschlossen hatten. »O Scheiße, er stirbt gleich. Herzstillstand.«
Die Sanitäter setzten die Paddles des Defibrillators auf, unternahmen einen Wiederbelebungsversuch, der scheiterte, und starteten einen zweiten Anlauf. Nach vier Versuchen gaben sie auf, schüttelten enttäuscht den Kopf und fuhren davon. In der Zwischenzeit waren auch die FBI -Leute aufgebrochen, um sich wieder um Dinge zu kümmern, die in ihre Zuständigkeit fielen.
McCoy, den Cherry telefonisch benachrichtigt hatte, stieß zu uns. Caudill und ich folgten Cherry in die ramponierte Wohnwagenkirche. McCoy hielt Abstand und sah uns bei der Arbeit zu. Anstelle von Kirchenbänken gab es Klappstühle, die umgefallen waren. Im hinteren Bereich stand noch eine weißgestrichene Kanzel aus Sperrholz, vor der ein bemaltes Kreuz aufragte.
»Halten Sie Ausschau nach Drogen«, wies Cherry uns an. »Für meinen Geschmack hat Tanner sich verhalten, als wäre er auf Angel Dust oder Meth gewesen.«
Caudill durchforstete einen Metallaktenschrank. »Munition und Bibeln. Wieso hat er das Schießen eingestellt?«
»Das hat sein Gesundheitszustand wohl nicht mehr zugelassen«, meinte Cherry. »Bevor er sich übergeben musste, hat er schwer geröchelt, als wollte sein Körper etwas loswerden.«
»Vielleicht einen Dämon«, gab ich zu bedenken. »Unglücklicherweise hatte der sich in seinem Hirn eingenistet und nicht im Magen.«
»Wir sollten uns seine Unterkunft vornehmen«, schlug Cherry vor. »Hier ist nichts.«
In dem Wohnwagen, in dem Tanner gehaust hatte, verteilten wir uns, und ich knöpfte mir einen Schrank vor.
»Sechs Schachteln à fünfzig Patronen«, rief ich. »Und eine Schachtel mit Munition für eine Browning Kaliber 9. Wollte Tanner eine Revolution anzetteln?«
»Paranoia.« Cherry hob eine kleine Karteikarte mit einem Loch in der linken Ecke hoch, durch das eine Schnur
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