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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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auch über den Pfad gespannt sind. Spinnen sind fleißige Wesen. Nachdem der Mörder abgehauen war, hätten sie genug Zeit gehabt, neue Netze zu spinnen. Nur konnte ich auf dem Weg bis zur Brücke hinunter kein einziges finden. Daraus schließe ich, dass unser Frühaufsteher bis zum Leichnam vorgelaufen ist und die Netze kaputtgemacht hat.«
    »Das passt zur Miss Bascombs Aussage«, meinte ich. »Sie hat ein paar Stunden nachdem der Mörder Tandee Powers ertränkt hat, ein Fahrzeug gehört. Mit klassischer Handschaltung.«
    McCoy räusperte sich, runzelte die Stirn und stützte das Kinn auf die aneinandergelegten Fingerspitzen. »Seltsam, dass der Mörder sich mitten in der Nacht vom Acker gemacht hat und erst Stunden später, bei Tagesanbruch, der Eintrag auf der Geocaching-Website veröffentlicht wird. All das deutet meiner Meinung nach auf einen Mittäter hin.«
    »Sie denken also, dass die Einträge nicht auf das Konto des Killers gehen«, fasste Cherry kopfschüttelnd zusammen, »sondern auf das des geheimnisvollen Frühaufstehers?«
    »Das Timing legt diesen Schluss nahe.« McCoy nickte.
    »Klingt ziemlich weit hergeholt«, entgegnete Cherry. »Auf der anderen Seite greife ich mittlerweile nach jedem Strohhalm. Nur – falls Sie mit Ihrer Einschätzung richtigliegen – stellt sich mir die Frage nach dem Motiv.«
    Mir fiel auf, wie stark Caudills Hand, die auf der Tischplatte lag, zitterte. Er hob sie ein paar Zentimeter an und ließ sie wieder fallen wie ein Junge im Schulunterricht, der sich melden möchte, aber fürchtet, von seinen Kameraden ausgelacht zu werden.
    »Was ist denn, Judd?«, ermunterte ich ihn. »Raus mit der Sprache.«
    »Ich habe, ähm, nachgedacht. Mein Cousin vertritt die Interessen des Countys im Umweltministerium. Er überwacht den Bau von Klärtanks und kontrolliert hinterher die Behälter, um zu sehen, ob sie dicht sind …« Verunsichert brach er ab.
    »Fahren Sie fort, Judd«, drängte ich ihn. »Im Moment hilft uns alles weiter.«
    »Tja, ähm, ich dachte nur … was, wenn die zweite Person so etwas wie ein Tatinspektor ist, also jemand, der kontrolliert, ob die Morde richtig begangen wurden?«
    Während Caudills Vortrag war Beale mit Tüten und Zuckerguss verschmiertem Mund zurückgekehrt. Die Theorie seines Mitarbeiters veranlasste ihn, unkontrolliert zu lachen.
    Die Reaktion des Sheriffs ließ Caudill auf seinem Stuhl immer kleiner werden. Ich schrieb Tatinspektor in mein Notizbuch und unterstrich das Wort zweimal.

Kapitel 32
    Am späten Nachmittag beendeten wir das Meeting. Uns allen schwirrte der Kopf. Wir stellten uns auf den Parkplatz, betrachteten die steilen Felswände und spielten stumm die neuen Möglichkeiten durch, als Harry sich bei mir meldete.
    »Du hast mal wieder einen Treffer gelandet, Carson«, lobte er mich nach einer kurzen Zusammenfassung der Ereignisse. »Hättest Oakes’ Gesicht sehen sollen, als Babe auf einmal auftauchte und grinste, als hätte er gerade Oakes’ Seele gekauft.«
    »Die Tücken des schlechten Gewissens«, meinte ich, beflügelt von Harrys gutgelaunter Stimme. »Wie wurde Oakes zur Mit Hilfe überredet?«
    »Eine Woche bevor Crayline zur Hypnose ins Institut verlegt wurde, statteten ein paar Ex-Knackis Oakes einen Besuch ab. Die Burschen gehörten zum harten Kern der arischen Bruderschaft und sind genau die Art von Arschlöchern, die einen wie Bobby Lee Crayline bewundern. Sie arbeiteten mit Zuckerbrot und Peitsche. Das Zuckerbrot waren fünfzig Riesen, falls Oakes mitspielte. Und sie drohten ihm damit, dass Bobby es ihm sehr übelnehmen würde, falls nicht.«
    »Die meisten Leute würden lieber fünfzig Riesen nehmen, als auf Craylines Abschussliste zu stehen«, meinte ich.
    »Wie du dir’s gedacht hast, versteckte Crayline sich zwischen den Heuballen. Oakes fuhr vom Tatort weg, brachte Bobby Lee auf seine Farm und quartierte ihn in einem Erdloch von der Größe eines Sarges unter dem Haus ein. Und jetzt spitz mal die Ohren: Crayline hat dort sieben Wochen lang ausgeharrt.«
    » Sieben Wochen ?«
    »Erst als die Straßensperren aufgehoben wurden und alle annahmen, Crayline wäre längst über alle Berge, kam er rausgekrochen.«
    Ich versuchte mir auszumalen, was für eine Willenskraft es erforderte, nur eine Woche fast reglos in einem Erdloch von der Größe eines Sarges auszuharren, sich nicht ausstrecken zu können, zu darben, sich zwischen Käfern und Würmern in Gleichmut zu üben.
    »Hat Crayline irgendwas zu Oakes gesagt,

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