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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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schmalen Papierstreifen und ein paar dichtbedruckten Seiten. McCoy verzog sich mit seiner Kollegin in eine Zimmerecke, besprach sich mit ihr und überflog derweil die Informationen. Als sie Anstalten machte, uns zu verlassen, klopfte McCoy ihr auf die Schulter und bescheinigte ihr: »Hervorragende Arbeit.« Getragen von einer Welle der Euphorie verabschiedete sich die junge Frau.
    »Kriegen wir hier vielleicht auch einen Kaffee?«, meckerte Beale.
    »Die Bedienungen sind nur für die Restaurantgäste verantwortlich, Roy«, entgegnete McCoy ruhig und fischte seinen Geldbeutel aus der Innentasche seiner Jacke. »Aber ich gebe gern eine Runde Kaffee und Donuts aus, wenn Sie rüberlaufen und die Stärkung holen.«
    Beales Blick verfinsterte sich – er steckte in der Zwickmühle. Entweder spielte er den Handlanger, oder er ließ sich die Einladung durch die Lappen gehen. Am Ende riss er McCoy den Zwanziger aus der Hand und stürmte zur Tür hinaus.
    McCoy legte seine Berechnungen weg und schaute auf. »Die Straße, die zum Rock Bridge Trail führt? Sieben Fahrzeuge sind gestern nach 19 Uhr auf ihr entlanggefahren. Fünf davon vor 20 Uhr. Eins zwischen 20 und 21 Uhr, kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Und dann sind da noch die beiden, die wahrscheinlich für uns von Interesse sind: Ein Fahrzeug ist kurz nach Mitternacht zum Ausgangspunkt des Wanderweges gefahren und hat gegen halb zwei kehrtgemacht. Das zweite fuhr kurz vor fünf Uhr in der Früh hinein und um zehn nach sechs zurück.«
    Ich starrte McCoy an, als ließe er getupfte Elefanten auf dem Tisch tanzen. »Mann, woher wissen Sie das, Lee?«
    Er wedelte mit den schmalen Papierstreifen herum, auf dem Ziffern, Uhrzeiten und Textblöcke abgedruckt waren. »Sind Ihnen mal diese dünnen, quer zur Straße verlaufenden Schläuche aufgefallen, die in Kisten auf dem Seitenstreifen münden? Mit diesen Dingern kann man das Verkehrsaufkommen messen. Davon gibt es im Park eine Handvoll, unter anderem auf dem letzten Abschnitt der Rock Bridge Road, die zum Ausgangspunkt des Wanderweges führt. Auf diese Weise registrieren wir alle Fahrzeuge, die kommen und gehen.
    Cherry hob den Blick. »Sie wollen sagen, dass …«
    »… in dem Fahrzeug, das um Mitternacht über den Zähler gefahren ist, der Leichnam transportiert wurde. Der Täter ist damit zur Steinbrücke gefahren und hat Tanner dort befestigt.«
    »Und der andere Wagen«, fragte ich, weil mich die Zeitachse irritierte, »der gegen fünf Uhr über den Schlauch fuhr? Könnte das nicht unser Mann gewesen sein?«
    »Der Mörder hat den Leichnam zur Brücke geschafft, um ihn dort festzumachen. Das bedeutet, dass er ins Wasser steigen, das Seil unter der Brücke durchführen, anschließend auf den Steinbogen klettern und das Seil daran festbinden musste. Hinterher ist er zu Fuß den ganzen Weg zurückgegangen. So ein Aufwand dauert mindestens zwei Stunden.«
    »Und was hat es mit der Person auf sich, die später dort auftauchte?«, wollte Cherry wissen.
    McCoy beugte sich vor. »Das finde ich auch merkwürdig, aber jemand ist kurz nach fünf zur Rock Bridge gefahren.«
    »Immer mit der Ruhe«, meinte ich und hielt alarmiert die Hand hoch. »Das ist bloß eine Annahme, Lee. Ihr Zähler registriert, dass ein Fahrzeug auf der Straße war – mehr nicht. Daraus kann man noch lange nicht schlussfolgern, dass der Fahrer ausgestiegen und zu Fuß zur Rock Bridge gegangen ist.«
    »Vielleicht war das nur ein Einfaltspinsel, der in aller Herrgottsfrühe zum Ausgangspunkt des Wanderweges gefahren ist«, gab Cherry zu bedenken und stützte damit meine These. »Jemand, der unter Schlaflosigkeit leidet. Oder ein Säufer, der schon vor Anbruch der Morgendämmerung aus dem Bett gefallen ist. Glauben Sie mir, davon gibt es eine ganze Menge. Der mysteriöse Frühaufsteher hatte eventuell gar nicht die Absicht zu wandern. Gut möglich, dass er überhaupt nicht ausgestiegen ist.«
    »Die Spinnen erzählen eine andere Geschichte«, wandte McCoy ein.
    »Wie bitte?« Ich kam gar nicht mehr aus dem Staunen heraus.
    »Wir alle hier sind Wanderer, und jeder von uns war schon mal der Erste, der sich morgens auf den Weg macht, richtig? Und was passiert dann alle paar Meter?« McCoy hob die Hände und machte vor dem Gesicht Schwimmbewegungen.
    »Wir entfernen die Spinnennetze«, schlussfolgerte ich. »Ich mache das immer mit einen Wanderstock oder einer Angelrute.«
    »Auf dem Weg zur Rock Bridge hätte es Spinnennetze geben müssen, die gelegentlich

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