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Krank (German Edition)

Krank (German Edition)

Titel: Krank (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerley
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nicht stimmt. In Wahrheit sind sie das Produkt dysfunktionaler und gewalttätiger Familien, die ihnen weder Fürsorge noch Liebe zuteilwerden ließen und sie behandelten, wie man normalerweise nicht einmal mit einem Tier, geschweige denn einem Menschen umgeht. Erfahrungsgemäß führt dies dazu, dass Mörder nicht in der Lage sind, so etwas wie Nächstenliebe zu empfinden. Von außen betrachtet, mag es so erscheinen, als töteten sie völlig unbekümmert, während es durchaus vorkommen kann, dass sie gelegentlich Reue empfinden und sich nach einem anderen Leben sehnen.
    »Ich finde, wir sollten mit diesem Prince reden«, sagte ich. »Es wäre doch möglich, dass Crayline sich ihm anvertraut hat.«
    »Aber sicher. Crayline hat Prince erzählt, dass er losziehen und Leute umbringen wird.«
    »Nein, das nicht. Aber vielleicht erfahren wir etwas, das uns hilft, Crayline mit anderen Augen zu sehen. Wenn mich nicht alles täuscht, erwähnte Slezak, dass die XFL von Louisville aus organisiert wurde. Wie lange dauert die Fahrt von hier dorthin?«
    »Zwei Stunden.« Cherry seufzte. »Das heißt wohl, dass ich mich anziehen muss, oder?«
    »Damit kannst du dir noch etwas Zeit lassen.«
    *
    Bevor wir uns auf den Weg machten, rief ich in Louisville an, gab mich als Mitarbeiter einer Firma aus und kündigte an, mein Chef hätte die Absicht, Mickey Prince einen Karton Steaks zu spendieren. Dabei erwähnte ich ganz beiläufig, dass Prince bestimmt des Öfteren Geschenke von Leuten erhielt, die sich von der Gunst eines so erfolgreichen Mannes Vorteile erhofften.
    »Top Filetsteaks in Trockeneis, Ma’am«, behauptete ich. »Kommt Mr. Prince heute ins Büro? Dann kann er sie abends mit nach Hause nehmen. Oder sollen wir die Lieferung an einem anderen Tag zustellen?«
    »Mista Prince kommt heute auf jeden Fall rein«, trällerte die Empfangsdame in so starkem Südstaatenakzent, dass ich sie mir sofort in Vorkriegskleidung und einer Schute vorstellte. »Er wird sich seeehr freuen. Mista Prince liebt Steaks.«
    Um halb elf standen wir in der Lobby von X-Ventures in Louisville. Die Empfangsdame entsprach überhaupt nicht dem Bild, das ich mir von ihr gemacht hatte.
    »Haben Sie einen Termin bei Mr. Prince?«, erkundigte sie sich. Aufgrund ihrer Kaltblüterstatur erinnerte sie an eine slawische Gefängniswärterin namens Olga, nur ein bisschen schicker.
    »Termine sind so fade«, scherzte ich. »Und alles andere als spontan.«
    Humor war nicht Olgas Ding. »Mister Prince ist ein sehr beschäftigter Mann. Ohne Termin geht es nicht.«
    »Ich verstehe. Könnten Sie Mister Prince bitte trotzdem davon in Kenntnis setzen, dass wir hier sind. Vielleicht kann er uns ja kurz dazwischenschieben.«
    »Wen darf ich anmelden?«
    Kaum zeigten wir ihr unsere Marken, griff Olga zum Telefon und zeigte wortlos auf eine Trainingshalle und den hinteren Teil des Gebäudes. Dem Aussehen der Halle nach zu urteilen, wollte Mr. Prince seinen Besuchern sofort und unmissverständlich klarmachen, dass es sich bei X-Ventures nicht um eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft handelte. Die in den Ecken aufgestapelten Kartons deuteten einen bevorstehenden Umzug an.
    Wir gingen einen Flur hinunter und spähten durch eine Glaswand in die Trainingshalle. In der Mitte scheuchte ein gedrungener Schwarzer einen hünenhaften Weißen mit einer Reihe von Schlägen durch den Boxring. Wir begegneten einem Mann, dessen Rumpf von zahllosen Tätowierungen überzogen war und der mit den Fäusten auf ein mit Sisal umwickeltes Brett eindrosch, das an der Wand befestigt war. Seine Knöchel waren aufgeschürft und bluteten. Zwei menschliche Muskelpakete mit kahlrasierten Köpfen standen daneben und feuerten ihn lautstark an.
    Ein Dutzend weitere Kämpfer trainierte an Maschinen oder stemmte Gewichte, und in einer Ecke machte eine Handvoll Männer Sit-ups. Es roch nach Schweiß, Franzbranntwein und alten Socken.
    Cherry rümpfte die Nase. »Das stinkt ja unerträglich.«
    Am Ende des Flurs lag ein Büro. Der Mann, der aus der Tür kam, erinnerte an eine zeitgemäßere Version von Sylvester Stallone. Sein glänzendes schwarzes Haar war so geschnitten, dass es leicht zerzaust wirkte. Die Brillantstecker in seinen Ohrläppchen funkelten. Princes stattlicher Oberkörper legte den Verdacht nahe, dass der Geschäftsführer von X-Ventures täglich mehrere Stunden trainierte. Er trug einen todschicken mitternachtsblauen Anzug und ein besticktes Hemd. Die oberen Hemdknöpfe waren nicht geschlossen und

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