Krank in Deutschland. Ein Tatsachenreport
»Patientenvertreter« der CDU ⁄ CSU , Wolfgang Zöller, meinen Vortrag gegen den Ausverkauf unseres Gesundheitswesens in seinem Wahlkreis Miltenberg gegenüber Ärzten madig zu machen. Hintergrund: Die Rhön Klinikum AG kaufte in der Region Krankenhäuser auf und privatisierte sie. MdL Berthold Rüth, sein Parteifreund – der diesen Verkauf begleitete –, weigerte sich in der Diskussion nach meinem Vortrag, meine Frage nach der Höhe des Kaufpreises zu beantworteten. Die ca. 700 anwesenden Bürger und Bürgerinnen waren sprachlos, als er argumentierte: Es gebe ein Stillhalteabkommen über den Kaufpreis. Nicht zu vergessen: Es handelt sich bei unseren Krankenhäusern um Allgemeingut, das hier verscherbelt wird. MdL Rüth, CSU , sieht sich selbst als Lobbyist der Menschen der Region Miltenberg. Im März 2010 traf ich ihn auf einer Podiumsdiskussion. Nicht zu fassen, er hat, wie mir scheint, nichts dazugelernt. Er würde auch heute dem Verkauf der Kliniken zustimmen. Auch er sagte: Nie und nimmer werde es in Deutschland zu amerikanischen Verhältnissen kommen. Obwohl der Ausverkauf unserer Krankenhäuser nach amerikanischem Muster (erkennbar an den Kliniken typischerweise vorgelagerten medizinischen Versorgungszentren) bereits in vollem Gange ist.
Wie nennt man das? Blind sein? Ich nenne das Verweigern von Fakten und den Versuch, Informationen zu verhindern, schlichtweg Feigheit! Ja, wir wurden als Bevölkerung für dumm verkauft. Mit salbungsvollen Reden wurden wir hingehalten. Wahrheit wurde (und wird) unterdrückt. Die sie aussprachen, wurden totgeschwiegen. Manchmal hatte ich den Eindruck, als würde ich mich in einem Kampf gegen Windmühlen befinden, die sich immer schneller drehten.
Dabei hielt ich das Material in der Hand. Lesen konnte ich auch. Über den Film von Michael Moore und auf verschiedene andere Weise bekam ich Kontakte in die USA . Bereitwillig half man mir dort und schickte mir alles zu, was niemand in der breiten Öffentlichkeit in Deutschland wissen sollte, ginge es nach dem Willen der Gesundheitslobby. Aber nun besitze ich sie eben doch, die Materialien, aus denen klar hervorgeht, dass die Warnungen über den einseitigen Umbau unseres Gesundheitswesens nicht über-, sondern untertrieben sind.
Was geschah seit 2008? Die Politik versuchte Ruhe an die kritische Front zu bringen. Hinter den Kulissen agierte man weiter in Richtung Privatisierung. Kassenfürsten und -fürstinnen (wichtige Protagonisten in diesem Medizinmonopoly) streuten ungehindert Desinformationen in der Öffentlichkeit. Der Tenor ging in zwei Richtungen: 1. Wir Deutschen gehen zu oft zum Arzt; und 2. Die Ärzte wollen zu viel Geld.
Gehen Sie davon aus: Das sind klassische Nebelkerzen, die nur den schnelleren Umbau des sozialen Gesundheitswesens in ein kapitalgesteuertes Geschäft betreiben. Wenn das kommt – auch das eine Prophezeiung von mir –, wird es erst richtig teuer und richtig schlecht. Und ich sage Ihnen auch, wer es bezahlt: Sie, sofern Sie noch Geld haben. Sollten Sie kein Geld mehr haben, dann gnade Ihnen Gott, wenn Sie wirklich krank werden. Das ist nicht schwer zu durchschauen. Ich wundere mich nur über den Zustand des kritischen Journalismus in Deutschland. Warum hat kaum ein Medium diese gezielte Vernebelungstaktik beim Namen genannt? Wo sind die »Köpfe«, die noch den Mumm haben, sich gegen die Gewalt der negativen Veränderung zu stellen?
Überraschende Aussagen
Reden wir einen Moment von der Politik und den Politikern. Gefreut habe ich mich, als ich im Oktober 2008 Unterstützung von prominenter Seite entdeckte. Die Ärztezeitung (Nr. 181) dokumentierte den Auftritt des CDU -Sozialpolitikers Heiner Geissler auf dem Gesundheitspflegekongress in Hamburg. Seine couragierte Analyse wäre mir noch glaubwürdiger erschienen, wären nicht die epochalen Weichenstellungen, die man nun bitter beklagt, in einer Zeit getroffen worden, in der Heiner Geissler Teil der politischen Entscheiderelite war. Der Ruf nach dem ganz großen Kurswechsel hat ein Geschmäckle, wenn es dieselben Leute sind, die jetzt zur Attacke auf die roten Lichter eines abfahrenden Zuges blasen, dessen Fahrtrichtung sie mit geplant haben. Bevor Geissler seine Einsichten, von denen gleich die Rede sein wird, zu Gehör brachte, hatte Horst Seehofer im Jahr 2003 schon einen lichten Moment, an den zu erinnern ich nicht müde werde. Nun ist der Mann, anders als Geissler, wieder am Drücker. Es war in der Zeit, als Horst Seehofer, nach
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