Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krautfunding: Deutschland entdeckt die Dankeschön-Ökonomie (German Edition)

Krautfunding: Deutschland entdeckt die Dankeschön-Ökonomie (German Edition)

Titel: Krautfunding: Deutschland entdeckt die Dankeschön-Ökonomie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Warner
Vom Netzwerk:
haben die Ansichten in kurzer Zeit radikal verändert. Plötzlich wird die „Kostenlos-Kultur“ des Internets lauthals beklagt. Eine probate Lösung sollen Paywalls bieten, zugleich aber auch kostenpflichtige Apps für Mobilgeräte à la iPhone und iPad. Nicht nur für die Informationsfreiheit wäre das ein herber Rückschlag, sondern auch für das Internet als Medium – es lebt schließlich davon, dass man den angelegten Verlinkungen auch folgen kann.
    Doch alleine schon die Gesetze des Wettbewerbs dürften flächendeckende Bezahlschranken verhindern. Paradoxerweise können Paid-Content-Modelle einiger Marktteilnehmer sogar den Einsatz von Crowdfunding bei Mitbewerbern fördern. Geht der monetäre Schlagbaum nieder, wird schließlich ein Großteil der Leser auf die Seiten der Konkurrenz gelenkt. Und wie Chris Anderson in seinem Bestseller „Free – The Future of a Radical Price“ so schön formuliert hat, gibt es keinen wettbewerbsfähigeren Preis als Null Cent. Vor allem, wenn die Monetarisierung trotzdem gesichert bleibt, etwa durch Anzeigen, Bewerbung der Printversion, oder eben auch Crowdfunding. Modelle wie wie die „taz zahl ich“-Kampagne weisen hier den Weg – aber auch journalistische Spendenplattformen wie Spot.us oder Public Interest-Portale wie ProPublica in den USA.
    In den letzten zehn Jahren hat dort die Zeitungskrise zu einem Lernprozeß geführt. Inzwischen fließen aus Richtung des gemeinnützigen Sektors jedes Jahr etwa 100 Millionen Dollar an die Presse, stellte 2011 eine gemeinsame Studie von TU Dortmund und der University Wisconsin-Madison fest („Finanzierung journalistischer Aktivitäten durch gemeinnützige Organisationen in den USA“). Aus deutscher Perspektive klingt das fast so utopisch wie staatlich verordnete Subventions-Modelle à la Frankreich oder Italien. Totalpleiten wie im Fall der Financial Times Deutschland oder für hochwertigen Journalismus mittelfristig fast ebenso tödliche Totalsanierungen wie bei der Frankfurter bzw. Westfälischen Rundschau zeigen jedoch den akuten Handlungsbedarf. Zu Recht fordert etwa der Dortmunder Journalismus-Forscher Holger Wormer im Fazit der o.a. Studie seine Landsleute zu publizistischen Experimenten nach dem Vorbild der USA auf: „In einem Land, in dem man sogar Schlaglöcher auf maroden Strassen adoptieren kann, sollte es auch möglich sein, Stifter zu finden, die der vierten Säule der Demokratie wieder zu jener Tragfähigkeit mit verhelfen, wie es ihrer Systemrelevanz entspricht.“
    E-Books als das neue MP3? Piraterie in der Buchbranche
    Etwas anders ist die Problemlage in der Buchbranche. E-Books haben erst in den letzten fünf Jahren einen echten Boom erlebt, ausgehend von den USA, wo Amazon mit dem Kindle-Reader die Branche kräftig durcheinandergewirbelt hat. Die Teilung des Buchmarktes in 50 Prozent digital und 50 Prozent Print – vor wenigen Jahren noch völlig unvorstellbar – wird nun bereits für die Jahre 2015 bis 2020 prognostiziert. Das Geschäftsmodell der Verlage gerät dabei von mehreren Seiten aus unter Beschuss: „Gatekeeper“ wie Apple oder Amazon reden nun mit, zu welchen Preisen Bücher angeboten werden sollen. Bestseller-Autoren entdecken das Direktpublishing – und veröffentlichen ihre E-Books an den Verlagen vorbei, was ihnen Tantiemen von bis zu 75 Prozent einbringt. Doch vor allem laufen die Leser in Scharen davon – sie besorgen sich nicht nur ihre Musik, sondern auch ihre Lektüre auf Filesharing-Plattformen oder via Direktlink-Download bei Rapidshare & Co.
    Unbekümmert davon wollen die Paid-Content-Befürworter die Regeln der Gutenberg-Galaxis in das drahtlose Zeitalter hinüberretten – bei Zeitungen mit Paywalls, bei Musik und Büchern mit „Digital Rights Management“ und zur Not auch rigorosen Maßnahmen wie Netzsperren (siehe Frankreich). Vielleicht sollte die Verlagsbranche den Hinweis von Matt Mason beherzigen. In seinem Klassiker „The Pirate’s Dilemma“ warnt er die Content-Industrie: „If suing customers for consuming pirate copies becomes central to a company’s or industry’s business model, then the truth is that that company or industry no longer has a competitive business model.“
    Wie obsolet die alten Geschäftsmodelle sein können, zeigte die im April 2011 veröffentlichte Studie „Gutenberg 3.0 – Ebook-Piraterie in Deutschland“ (erstellt im Auftrag des irischen Consulting-Unternehmen Lisheennageeha Consulting ltd.). Die illegalen Seiten konkurrieren nicht

Weitere Kostenlose Bücher