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KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition)

Titel: KREBS: Die unsterbliche Krankheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Bleif
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Basentripletts, nicht die Wörter, sondern die Buchstaben der Proteinsprache zugeordnet. Ein Triplett codiert eine einzelne Aminosäure. Zum Beispiel steht die Kombination GCA für die Aminosäure Valin, das Basentriplett CGC codiert Arginin, TTA steht für die Aminosäure Leucin, CAG für Glutamin. Da das Alphabet der Proteine aber nur 20 verschiedene Buchstaben (=Aminosäuren) umfasst, ist das Wörterbuch der Gene dicker als eigentlich notwendig. Die Genetiker sagen, der genetische Code sei »redundant«. Das führt dazu, dass manchmal zwei unterschiedliche Tripletts wie ACA und ACG ein und dieselbe Aminosäure, in diesem Fall Threonin, codieren. Warum die Natur das so eingerichtet hat, ist nicht völlig klar. Es hat aber den Vorteil, dass Verwechslungen von einem der drei Nukleotide innerhalb der Triplett-Sequenzen manchmal folgenlos bleiben, weil sie zufällig dieselbe Aminosäure codieren.
    Abbildung 5: Genetischer Code – Übersetzung von Basentripletts (erster, zweiter und dritter Ring) in Aminosäuren (vierter Ring).
    Zweitens ist anders als in den natürlichen Sprachen die Translation in Zellen eine Einbahnstraße. Ein Gen liefert immer nur die Bauanleitung für ein Protein, nie umgekehrt. Keine Zelle kann aus der Aminosäuresequenz eines Proteins das zugehörige Gen rekonstruieren. »DNA macht RNA macht Protein« lautet ein zentrales Dogma der Molekularbiologie, das praktisch nie verletzt wird. Eine einzige exotische Ausnahme machen die sogenannten Retroviren,zu denen auch das HI-Virus – der AIDS-Erreger – gehört. Retroviren können ihre RNA auch in DNA umschreiben, aber auch sie sind nicht in der Lage, aus Proteinen die RNA oder DNA zu rekonstruieren.
    Um im Bild zu bleiben, wäre ein Gen also ein Satz, der eine vollständige Handlungsanweisung zum Bau eines bestimmten Proteins liefert. Das Genom ist die Gesamtheit aller Gene eines Individuums, sein vollständiges Buch der Vererbung, eine Bauanleitung für alle Proteine des menschlichen Körpers.
    Das Genom des Menschen ist ein Text,
der aus etwa 3 Milliarden Buchstaben besteht, 13 die eine Sammlung von knapp 25

000 Sätzen (=Genen) bilden. In diesem Text gibt es allerdings auch viele Nonsense-Wörter, die kein Eiweiß repräsentieren, und es gibt Interpunktionen. Die Punkte zwischen den Sätzen bestehen aus sogenannten Stopp-Codons. Das sind Basen-Tripletts, die nicht in eine Aminosäure übersetzt werden, sondern der Ablesemaschinerie signalisieren, dass hier ein Gen (=ein Satz) zu Ende ist.
    Alle Zellen eines Individuums teilen sich denselben Text. Die Unterschiede zwischen den Zellen resultieren daraus, dass jeweils verschiedene Textstellen gelesen und in die Sprache der Eiweiße übersetzt werden. Um es weniger metaphorisch auszudrücken: Das Genom der Zellen ist identisch, aber da jeweils verschiedene Gruppen von Genen aktiv, vorübergehend außer Betrieb oder endgültig stillgelegt sind, haben unterschiedliche Zelltypen und selbst identische Zelltypen in unterschiedlichen Situationen einer unterschiedlichen Bestand an Eiweißen. Mit anderen Worten, ihr Proteom, das heißt die Gesamtheit aller in einer Zelle vorhandenen Eiweiße, unterscheidet sich teilweise erheblich. Wie eine Zelle aussieht, wie sie sich verhält und was sie leisten kann, das ist das unmittelbare Resultat ihrer Ausstattung mit Proteinen verschiedenster Funktion.
    In uns ruht ein Text, der sehr viel älter ist als alle vom menschlichen Geist ersonnenen Schriften. Mittlerweile können wir unseren eigenen genetischen Text lesen und wissen, dass er zu über 95 Prozent identisch ist mit dem des Schimpansen. Das ist erstaunlich, wenn man weiß, dass unser letzter gemeinsamer Vorfahr vor über 5 Millionen Jahren gelebt haben muss. Viele Sätze unseres Buchs der Vererbung finden sich weitgehend identisch in Tieren, die uns weit fremder sind als die Schimpansen. Manche unserer Gene sind nahezu deckungsgleich mit analogen Genen in Würmern, Fliegen oder sogar in Hefepilzen. Wenn sie in die entsprechenden Organismen übertragen werden, produzieren sie dort unter Umständen menschliche Proteine, die in diesen Wesen oftgenauso gut funktionieren wie die entsprechenden Gene der Fliegen oder der Würmer.
    Dieses Phänomen ist nicht nur
ein höchst überzeugendes Indiz für die Evolutionstheorie. Es zeigt auch, dass der genetische Text über Generationen hinweg unglaublich stabil ist. Obwohl der Text vor jeder Zellteilung einmal komplett abgeschrieben wird, scheint ihm selbst

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