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Kreuzfeuer

Titel: Kreuzfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Cole , Chris Bunch
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umständlich und lahmarschig organisiert war.
    Der Greis erzählte weiter und immer weiter, ohne auf den Punkt zu kommen. Er erzählte einfach nur Schnurren aus seiner Jugend. Normalerweise wäre Otho der erste gewesen, der sich neben den alten Knaben gesetzt und ihn, von den Geschichten aus der alten Zeit fasziniert, ordentlich mit Stregg abgefüllt hätte. Aber seine Freunde waren drauf und dran zu sterben! Freunde! Beim Barte seiner Mutter, er nannte diese Menschen schon Freunde!
    Otho knirschte mit den gewaltigen Zähnen. Diese Debatte konnte sich gut und gerne noch vier oder fünf Zyklen hinziehen. Da sich »Roberts Regeln« noch nicht bis zu den Bhor herumgesprochen hatten, bestand nur eine Möglichkeit, eine Entscheidung herbeizuzwingen – was normalerweise den Tod des Bhor bedeutete, der etwas Derartiges wagte. ›Bei den eiskalten Arschbacken meines Vaters‹, stöhnte Otho, ›du schuldest mir was, Sten. Wenn ich das hier überlebe, bist du mir was schuldig.‹ Der Greis krächzte munter weiter. Gerade beschrieb er in aller Ausführlichkeit, wie man an den Exkrementen eines Streggan erkennen konnte, ob das Tier brünftig war oder nicht.
    Otho verließ seine Sitzbank und marschierte in die Mitte des Ratskreises, wobei er seinen meterlangen Dolch aus dem Gürtel zog.
    Ohne Vorwarnung hielt Otho den langen, gewellten Bart im rechten Winkel von seiner Brust weg und schnitt ihn mit der im Licht der Fackeln aufblitzenden Klinge ab. Dann warf er die Handvoll Pelz auf den Boden, mitten in den Ring, kniete sich, wie es der Brauch forderte, nieder und senkte den Kopf.
    Bei den Bhor war die Länge und Dicke eines Bartes zugleich Ausdruck der persönlichen Kraft und Macht seines Trägers – die gleiche symbolische Funktion, die andere Anhängsel in anderen Kulturen bekleideten. Wer seinen Bart, noch dazu vor versammeltem Konzil, abschnitt, machte damit klar, dass es um eine für die Allgemeinheit lebenswichtige Angelegenheit ging.
    Da jedoch kein Bhor gerne mit bedrohlichen Situationen konfrontiert wurde, verlor der Bartabschneider meist kurz nach seinem Bart auch noch den Kopf.
    Ein grollendes Raunen steigerte sich zu tumultartigem Getöse, das die munter dahinperlenden Erinnerungen des Alten übertönte.
    Otho wartete ab.
    Jetzt musste über die Angelegenheit – ob man den Menschensoldaten zu Hilfe eilen sollte oder nicht – abgestimmt werden. Höchstwahrscheinlich würde Otho verlieren, und ein Freiwilliger würde ihm den Kopf vom Rumpf schlagen. Und höchstwahrscheinlich würde es sich bei dem Freiwilligen um diesen von Jamchyydd verfluchten Geschäftskonkurrenten handeln.
    Doch ganz im Gegensatz zur Tradition ergriff jemand das Wort.
    Es war der alte Stregganjäger.
    »Alte Männer«, sagte er, und seine Stimme war kaum mehr als ein brummiges Flüstern, »verlieren sich gerne in den Heldentaten ihrer Jugend. Von denen die meisten, wie ich mich beim Barte meiner Mutter erinnere, ohnehin erstunken und erlogen sind.«
    Der alte Bhor erhob sich mit knarrenden Knochen. Und dann, in einer kaum wahrnehmbaren Bewegung, blitzte sein langer Dolch auf, und der eisgraue Wasserfall seines Bartes fiel auf die Steinplatten, direkt auf Othos Bart.
    Kein Laut war zu hören, als sich der alte Bhor neben Otho kniete – wobei er beinahe gestürzt wäre – und demütig den Kopf senkte.

 
Kapitel 42
     
    Das Krachen des Genicks war fast nicht zu hören. Sten wusste es wohl, als er zu Alex hinüberblickte, der den Helm des ersten Jann losließ und die Knöchel seiner Pranke ins Gesicht des zweiten Mannes schnellen ließ. Trotzdem. Es hörte sich furchtbar laut an.
    Flankiert von fünf Freiwilligen – alles Ffillips’ Leute, darunter auch ihre Anführerin – lag er seitlich vor dem Beobachtungsposten der Jann und wartete, bis Alex sein kleines Massaker beendet hatte.
    Der grobschlächtige Mann von Edinburgh überprüfte, ob beide Männer auch wirklich tot waren, und rollte sich wieder aus dem Beobachtungsposten heraus.
    Sie krochen weiter.
    Die Jann fühlten sich ziemlich sicher und hatten ihre Abwehrlinie als eine Kette von kleinen Festungen angelegt, zwischen denen jeweils ungefähr fünfzig Meter Abstand klafften. Sten hätte anstelle der Söldner weitaus lieber Mantistruppen bei sich gehabt. Außerdem hätte er gerne gewusst, wohin sie überhaupt wollten, denn durch diese Abwehr konnte man ohne weiteres ein ganzes Bataillon schleusen.
    Da er jedoch weder das eine hatte, noch das andere wusste, kroch er weiter, unter den

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