Kreuzfeuer
unsensiblen Bewegungs-Sensoren hindurch, vorbei an den Selbstauslöserdrähten und Minen, die zwischen den Posten ausgelegt waren.
Die Jann hatten zwei miteinander verbundene Vorpostenlinien eingerichtet, doch die Eindringlinge passierten beide problemlos.
Hinter den Linien blickten sich Sten und Alex an.
Sten fragte sich, was wohl in Alex vorging – und er fragte sich auch, weshalb er keine Worte gefunden hatte, bevor sie die eigenen Stellungen verlassen hatten. Die zweite Frage würde wohl für immer unbeantwortet bleiben, und für Stens Kampfgeist war es besser, dass es der ersten ebenso erging.
Denn Alex hatte mit seiner inneren Stimme sein Todeslied angestimmt:
»Voll Trauer näht’ ich sein Leichentuch,
Und betracht’ seine Leiche, ganz allein;
Und betracht’ seine Leiche, Tag und Nacht;
Kein lebendiges Wesen war mehr zu sehn.
Ich nahm seinen Körper auf den Rücken
Und erst ging ich und dann saß ich eine Weile;
Ich grub ihm sein Grab und legte ihn hinein,
Und bedeckte ihn mit dem grünen Gras …«
Der Kommandotrupp richtete sich auf und ging in geduckter Haltung auf den Kommandobunker zu. Das leise Murmeln von Khoreas Nachtwache drang durch die Tür ins Freie.
Einer der beiden Wachen, die stolz vor der Tür strammstanden, starb mit Stens Messer im Herzen. Den zweiten erwischte er mit einem schnellen Stoß des linken Fußes und knallte ihm dann die geballten Knöchel der rechten Hand an die Schläfe.
Dann stand Sten an der Treppe, die zum Bunker hinunterführte, und sah Alex’ teuflisches Grinsen, als er eine Verzögerungsgranate vom Koppel zog.
Und dann tauchten die Bhor auf.
Ihre Schiffe kamen im Tiefflug von Osten heran, mit voll aufgeblendeten Landescheinwerfern. Sie donnerten in einer Höhe von kaum zehn Metern über den zerstörten Raumhafen. Aus allen Rohren und Luken fauchten Feuerstöße.
Einen leistungsfähigen Atmosphärefrachter kann man recht schnell in ein ziemlich wirkungsvolles Kanonenboot verwandeln, fiel Sten auf, als er die geöffneten Frachtschleusen sah, in denen Dutzende von Bhor hinter Tod und Verderben speienden Laserkanonen und Projektilwaffen saßen und aus denen es gleichzeitig Sprengsätze hagelte.
Sten konnte sich gerade noch fragen, woher die Bhor ihre Informationen hatten, als die Schiffe kehrtmachten und erneut über die Linien der Jann donnerten. Die ganze Welt schien in einem Tumult von Explosionen unterzugehen.
Alex ließ seine Granate zwischen die verdutzt die Stufen heraufeilenden Jann-Offiziere fallen und jagte eine Salve nach der anderen aus seiner Waffe hinterher. Sten wurde von einer Druckwelle umgeworfen, fiel auf einige weiche Körper und kullerte die Stufen hinunter; und dann …
Dann befand er sich im Innern des Bunkers.
Sten rollte sich von einem klebrigen Körper herunter und kam auf die Beine, duckte sich jedoch sofort wieder, als er den schwarzbärtigen Khorea erblickte, der seine Waffe in Hüfthöhe hielt und sofort das Feuer auf ihn eröffnete. Dann ging das Licht aus.
Von oben drang Kampflärm an Stens Ohr. ›Egal‹, dachte er, ›das ist jetzt alles egal.‹ Er tastete sich leise durch die Dunkelheit vorwärts.
In dem einhundert Quadratmeter großen Bunker befand sich niemand außer Khorea und ihm.
Stens Fuß stieß gegen etwas. Er kniete sich hin und hob eine Computermaus auf. Er warf sie einige Meter vor sich und wäre fast umgekommen, denn das Feuer, das aus der Dunkelheit aufblitzte, suchte nicht den Aufprallort der Maus, sondern beschrieb von dort aus einen Halbkreis auf ihn zu.
›Tut mir leid, General‹, dachte Sten. ›Ich habe dich für dümmer gehalten.
Bleib einfach auf dem Betonfußboden liegen und ignoriere die Tatsache, dass dort oben ein Krieg tobt. Du bist hier, und du bist blind in der Dunkelheit, und du versuchst einen ebenfalls blinden Mann zu töten, der es wiederum auf dich abgesehen hat.‹ Aus dem Zwerchfell atmend kroch Sten weiter, versuchte die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen. Vorsichtig hoben und senkten sich Knie und Hände, tasteten nach verräterischen Hindernissen. Ah, ein Mikrofon, noch mit einem Kabel dran … interessant … mit einem sehr langen Kabel.
Sten fand einen Stützbalken an der Wand, schlang das Kabel darum und zog eine Schlaufe durch den Abzugsbügel seiner Pistole. Es blieb ihm immer noch genügend Kabel, um sich zu entfernen.
Die Waffe war jetzt an dem vertikalen Balken festgebunden. Sten zog probehalber am Kabel. Die Waffe blitzte auf, und der Schuss
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