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Kreuzigers Tod

Kreuzigers Tod

Titel: Kreuzigers Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Oberdorfer
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Aussicht darauf besteht, dass Ihr verräterischer Angriff auf allerhöchste Exekutivbeamte in der Sache Falkenbarth je in Vergessenheit gerät. Das ist richtig, einerseits, andererseits ist es so, dass es unterschiedliche Schattierungen von Ungnade gibt, so wie es unterschiedliche Grautöne gibt bis hin zum vollständigen Schwarz. Ich will damit sagen, dass Sie, solange Sie leben, nicht aufhören sollten, an die Möglichkeit zu glauben, Ihre Lage verbessern zu können, nicht weil diese Möglichkeit tatsächlich bestünde, sondern weilein solcher Glaube Sie erst in die Lage bringt, Ihre persönlichen Ressourcen zugunsten des Polizeiapparates, dem Sie ja immer noch angehören, zu mobilisieren und also überhaupt von Nutzen und nicht vollends überflüssig zu sein. Vielleicht - das könnten Sie sich zum Zweck der Motivation zumindest einreden - wird ein kleiner Beitrag zur Lösung des Falles Kreuziger Ihre Lage ja tatsächlich verbessern, wer weiß. Sie sollten sich jedenfalls bemühen, auch wenn es möglicherweise keinen Sinn hat, alles klar?«
    Ich nickte. Er steckte den Sender, den er aus meiner Brusttasche genommen hatte, wieder zurück.
    »Bevor wir gehen, müssen Sie mir noch etwas erklären, etwas, das uns nicht gefällt, das Sie geradezu belastet. - Herr Engel, das Foto. Danke. - Es war übrigens nicht so, dass die Durchsuchung Ihres Hauses gänzlich ergebnislos verlaufen wäre. Es ist es uns gelungen, das hier zutage zu fördern.«
    Er hielt mir eine Fotografie unter die Nase. Ich konnte darauf meinen Kopf erkennen, der auf einem zerwühlten Kissen lag, die Augen zu, der Mund offen. Ich hätte mich beinahe nicht erkannt. Neben dem Kopf konnte man das Nachtkästchen sehen, auf dem eine leere Flasche Kräuterschnaps stand, den ich schon vor einigen Wochen und ohne große Begeisterung getrunken hatte. Daneben sah man ein gerahmtes Foto. Ja, auch ich hatte jemanden, an den ich manchmal dachte und der es mir wert war, dass sein Bildnis auf meinem Nachtkästchen stand. Dieser Jemand war - Anna. Ich habe das bisher nicht erwähnt, wie ich vieles, was mich betrifft, bisher nicht erwähnt habe und nie erwähnen werde, weil es mit dem Fall nichts zu tun hat.
    »Täusche ich mich oder ist das die des Mordes verdächtige Ehefrau des Opfers?«
    »Sie täuschen sich nicht. Das ist Anna Kreuziger.«
    »Wie kommen Sie zu dem Foto und warum steht es auf Ihrem Nachttisch? Sie ist doch nicht etwa Ihre Großmutter?«
    Der Engel lachte augenblicklich, und zwar so, dass man zum ersten Mal wieder seine hässlichen Zähne sah. Weil die Situation ernst war, verzog Gschnitzer keine Miene, obwohl er es gewesen war, der den Scherz gemacht hatte. Indem er den Engel streng und strafend anschaute, ließ er ihn gewissermaßen auflaufen, woraufhin dieser errötete. Dann wandte er sich wieder an mich.
    »Also?«
    »Ich weiß nicht, was Sie das angehen soll, aber bitte schön.«
    Gschnitzer spitzte die Lippen.
    »Vor Jahren fuhr ich an einem freien Tag in die Stadt. Ohne Ziel, ohne Absicht. Damals überkam mich noch manchmal die Lust, einfach in die Stadt zu fahren. An dem besagten Tag flanierte ich wie auch sonst immer in der Gegend herum. Ich hatte kein Geld, mir irgendwas zu kaufen, und trotzdem schaute ich wie jedermann in den Auslagen herum. Als ich bei einem Fotogeschäft vorbeikam, sah ich im Schaufenster Kameras, verschiedene andere Apparate und - Fotos, allerhand Fotos, Passfotos, Familienfotos, Hochzeitsfotos, und unter all diesen Fotos, die offenbar drinnen im Geschäft aufgenommen und vergrößert worden waren, befand sich auch dieses von Anna. Im ersten Moment glaubte ich mich zu täuschen. Ich schaute weg und wieder hin, bis ich mir sicher war, dass es nur die Anna sein konnte,weil nur die Anna so aussah und keine«, ich stockte, »keine ihr gleichkam.«
    Gschnitzer schaute mich nachdenklich an und nickte langsam.
    »Ich betrat also das Geschäft, und als ich drinnen war, wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Offenbar hatten die Inhaber zu Werbezwecken manche ihrer Fotografien mit oder ohne Einwilligung der abgebildeten Personen in das Schaufenster gestellt. Welches Recht aber konnte ich an so einer Fotografie behaupten? Doch ich hatte einen guten Einfall. Ich zeigte meinen Polizeiausweis und die alte Frau, die den Laden führte und die zunächst so freundlich auf mich zugekommen war, zog sich weit ins Innere des Geschäfts zurück. Ich sagte ihr, dass die Person auf dem Foto mich an eine gesuchte Verbrecherin erinnerte, ob sie

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