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Kreuzstein

Kreuzstein

Titel: Kreuzstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiber
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die Erosion bereits abgetragen.«
    »Aha. Und wie erklären Sie die Risse, an denen der ganze Schlammassel ja wohl abgebrochen ist?«
    »Sie sind hauptsächlich durch die Abkühlung des Basalts entstanden, der im Übergang vom heißen zum kühlen Zustand schrumpft und solche Risse bekommt.«
    Allenstein deutete auf die Flächen der fast senkrecht stehenden Basaltsäulen, die in die Kuppe hineinliefen.
    »Das heißt, die Kuppe, auf der wir hier stehen, sieht im Inneren genauso aus?«
    »Fast. Außen an der Wand sind die Flächen nur stärker verwittert. Und dann gibt es noch Risse, die horizontal verlaufen und erst deutlich werden, wenn das Gestein abgebaut wird, so wie hier. Sie sehen, die Geologie ist nicht ganz so leicht zu verstehen.«
    »Und das Ganze kann dann einfach so abbrechen?«
    »So einfach nicht. Dazu gehören bestimmte Bedingungen. Es kommt darauf an, wie an der möglichen Abbruchstelle die Fläche geneigt ist. Geht die Neigung in Richtung des Berges, ist das Ganze lange stabil. Sind jedoch Flächen, auf denen die Wand steht, nach außen, zum Steinbruch hin, geneigt, ist es sehr gefährlich. Die gesamte Wand kann irgendwann darauf abrutschen.«
    »Aber es muss doch irgendeinen Grund geben, dass es erst jetzt passiert ist und nicht schon während der Steinbrucharbeiten.«
    »Das ist richtig. Frische Steinbruchwände sind noch sehr mit dem gesamten Randgestein des Bruches verhakt. Erst mit der Zeit, wenn Wasser eindringt und die Verwitterung einsetzt, werden die Verhakungen mürbe. Und dann kommt noch der Hauptverursacher, gefrorenes Wasser, hinzu. In strengen Wintern kann das Wasser in den Spalten gefrieren. Das Eis übt einen enormen Druck aus und schiebt so die Gesteinsmassen ein winziges Stückchen auseinander. Jedes Jahr ein bisschen mehr. Sie können bei allen Steilwänden mit der Zeit solche Risse an der Oberfläche finden, die Wände klappen irgendwann regelrecht ab.«
    »Das bedeutet, der Steinbruchbetreiber hätte dafür sorgen müssen, dass die Wand nicht abbricht«, überlegte Kronberg laut.
    »Das ist in der Tat seine Pflicht, wenn es ihn noch gibt.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann muss vermutlich der Rechtsnachfolger, Erben, die Kommune, die Forstverwaltung oder wer auch immer haften.«
    »Werden solche Steilwände denn nicht überprüft?«
    »Eigentlich schon, wenn eine Gefährdung besteht. Meistens dann, wenn sich die ersten Risse auftun. Dann dauert es zwar noch ein paar Jahre, aber irgendwann muss entschieden werden, was passieren soll.«
    »Sprengen?«
    »Oder sichern. Mit Verfahren, die man im Bergwerk einsetzt.«
    »Gab es hier keine Risse?«
    »Ich weiß nicht, ob das Landesamt regelmäßig nachgeschaut hat. Das machen sie an den wirklich gefährdeten Stellen, Steilhänge an der Mosel, der Ahr oder dem Rhein. Aber hier bei so einem alten Bruch eher nicht. Die werden meistens sich selbst überlassen.«
    »Wir werden das prüfen.«
    »Aber Sie haben schon recht. Eigentlich hätten zumindest Spaziergängern oder sporadisch auftauchenden Geologen Risse auffallen müssen. Wir sollten uns einmal umschauen. Aber noch eine Frage. Wieso sind Sie von Köln hier tätig? Ist das nicht Sache von Bonn oder Siegburg?«
    »Das liegt am LKA, das uns angefordert hat. Wir erschienen ihnen wohl am erfahrensten, weil wir vorher an einem Fall mit geologischem Hintergrund in Köln gearbeitet haben.«  
    »Der Einsturz des Stadtarchivs?«
    »Genau der.«
    »Und der Selbstmord?«
    »Das war eine Zusammenarbeit mit Bonn, weil es eine Querverbindung nach Köln gab.«
    Gemeinsam verfolgten sie die frische Abbruchkante, bis hin zu einem Vorsprung, der zur alten Randzone überleitete. Der Schnee war nur an einigen kleinen Vorsprüngen liegen geblieben. Der Rest der Wand war noch gut zu erkennen.
    »Sehen Sie, hier sieht man die Spalte weiter in den Berg verlaufen, dort wo der Abbruch zu Ende ist. Sie ist allerdings stark zugeschlämmt.«
    »Wahrscheinlich wird sie das über die gesamte Länge gewesen sein. Sonst hätte jemand etwas bemerkt.«
    Allenstein trat so dicht wie möglich an die Steilkante.
    »Fallen Sie mir bloß nicht runter! Das hatten wir gerade erst.«
    »Das müssen Sie mir nachher noch einmal genauer erklären. Um mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, ich bin zwar etwas älter als Sie, aber noch ganz gut in Übung.«
    Die Kronberg musterte ihr Gegenüber. Erst jetzt fiel ihr auf, dass die Ohrmuscheln an dem kantigen Schädel deutlich zu groß geraten waren. Vielleicht lag es daran, dass

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