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Kreuzstein

Kreuzstein

Titel: Kreuzstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiber
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mit.«
    Die Kommissarin führte Allenstein um ein Gebüsch herum, auf die andere Seite des Erdhügels, wo mehrere Markierungen im Boden steckten.
    »Wissen Sie, was das ist?« Kronberg zeigte auf eine weiße Keramik, die stark verdreckt schief im Boden steckte.
    »Sieht aus wie die alte Soßenschüssel von meiner Oma.«
    »Vermutlich ist es sogar eine, nur nicht von Ihrer Oma. Aber sehen Sie die Glasperlen da? Wir werden heute noch alles ins Labor schicken. Noch bin ich mir nicht sicher, was es mit der Suppenschüssel und den Perlen auf sich hat. Vielleicht hat jemand diesen Platz hier ja als Privataltar genutzt. Wir haben häufig mit völlig abgedrehten Leuten aus der Esoterik-Szene zu tun. Sie könnten doch gerade hier auf der exponierten Höhe eine Verbindung zur Tiefe konstruieren – vorausgesetzt, sie wissen, dass das hier ein Vulkan war.«
    »Und die betreffende Person oder die Personen sorgen dafür, dass der Riss nicht zu sehen ist. Sie heilen den Berg«, ergänzte Allenstein nachdenklich.
    »Ja, das wäre denkbar. Zumindest ist es eine sympathischere Variante als vorsätzlicher Mord an Unschuldigen.«
    Die Kommissarin atmete tief durch. Ein Windstoß zerzauste ihre roten Locken, auf denen heute keine Mütze saß. Entspannt drehte sie den Kopf in den Wind und schaute blinzelnd gegen den einzigen Sonnenstrahl, der sich zwischen zwei dicken Wolkenpaketen durchgewagt hatte.
    »Vielen Dank, Herr Allenstein, Sie haben mir sehr geholfen. Es wird sicher irgendwann zu einem Gerichtsverfahren gegen den Verantwortlichen wegen der Sicherungspflicht kommen. Ich hoffe, Sie haben dann Zeit für ein Gutachten.«
    Langsam gingen sie am Rand des Bruchs entlang, zurück zum Pfad nach unten.
    »Sie wollten mir noch von dem Selbstmord erzählen«, erinnerte Allenstein sie.
    »Stimmt, es ist wirklich ein Zufall, dass das genau hier passiert ist.«
    »Steht denn mit Sicherheit fest, dass es Selbstmord war?«
    »Wir haben bis jetzt keine Anzeichen für ein Gewaltverbrechen gefunden. Es handelte sich um ein junges Mädchen. Die ältere Schwester hatte sie gesucht. Sie wusste, dass sie sich häufig hier auf dem Berg aufhielt. Es besteht sogar die Möglichkeit, dass die Keramikschüssel etwas mit ihr zu tun hat.«
    »Wie alt war die Kleine?«
    »Siebzehn.«
    Gabriele Kronberg machte eine Pause und drehte sich zu ihm um.
    »Sie stand dort oben an der Kante. Als sie die große Schwester rufen hörte, breitete sie die Arme aus und sprang – vor den Augen ihrer Schwester.«
    Allenstein musste schlucken. Ein Blick in die Augen der Kommissarin sagte ihm, dass der Vorfall sie genauso bewegte wie ihn. Unwillkürlich musste er an Katy denken, und er starrte hilflos zu Boden. Absichtlich stieß er mit dem Fuß gegen einen Stein, der auf dem Weg lag, bückte sich und musterte ihn von allen Seiten.
    »Was ist das für ein Stein?«
    »Sandstein, vielleicht aus dem Keuper. Der ist nicht von hier.«
    »Was heißt Keuper? Und woher wissen Sie, dass er nicht von hier stammt? Wie kommt der Stein denn hierher?«
    Dankbar wechselte Allenstein das Thema.
    »Keuper ist eine Zeitstufe in der Erdgeschichte, in der in Deutschland unter bestimmten Bedingungen Sande abgelagert wurden. Erkennen kann man das an Pflanzenfossilien, wenn welche darin enthalten sind. Aber für eine genaue Einordnung muss man einen Paläo-Botaniker fragen.«
    »Sie meinen einen …?«
    »Genau, einen Pflanzenkundler, der sich mit versteinerten Pflanzen auskennt.«
    Allenstein sah sich das Stück noch einmal an.
    »Es könnte auch ein Gestein aus der Kreide sein. Pflanzenreste sind nicht wirklich zu erkennen. Aber wie es hierherkommt, kann ich nicht sagen. Manchmal leeren Studenten auf Exkursionen ihre mitgeschleppten Steine irgendwo wieder aus, weil sie einfach zu schwer werden.«
    »Eigentlich arbeiten Geologen fast wie Kriminologen«, überlegte Kronberg.
    »Das ist wohl wahr.« Allenstein zögerte kurz. »Aber ich muss trotzdem noch mal fragen: Können Sie mir die Stelle zeigen, wo die Siebzehnjährige gesprungen ist?«
    »Ja sicher, dort hinten.«
    »Als Sie mir davon erzählten, musste ich sofort an meine Tochter denken.«
    »Sie haben eine Tochter?« Sie blickte ihn von der Seite an.
    »Ja, von meiner geschiedenen Frau. Sie ist schon erwachsen.«
    »Wo lebt sie?«
    »In Köln. Sie arbeitet in einem Heim für verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche. Katy ist Psychologin.«
    »Ach richtig! Katy Allenstein. Der Name kam mir gleich so bekannt vor. Ich hatte schon einmal

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