Kreuzstein
Flecken an der Wand.
»Genau das würde ich auch gern wissen.«
In diesem Moment klopfte es an die Scheibe. Es war der Leiter der Spurensicherung. Kronberg und Allenstein stiegen aus und atmeten tief durch. Im Auto roch es noch stark nach Kunstleder.
»So, wir sind oben jetzt fertig. Noch mal kriegen Sie mich da nicht rauf.«
»Haben Sie den roten Stein eingesammelt?«
»Deswegen wollte ich Sie sprechen. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob auf der einen Seite Gewebefasern hängen würden. Aber Genaueres kann ich Ihnen morgen sagen.«
Kronberg wurde unruhig. »Welche Farbe?«
»Schwer zu sagen, sieht aus wie ein Grau mit roten Abschnitten. Aber wie gesagt, morgen mehr. Und tschüs!«
Kronberg wandte sich zu Allenstein. Ihr Blick war ruhig und konzentriert, als wolle sie in ihr Gegenüber eintauchen. Allenstein spürte förmlich, dass sie eine Ahnung hatte, die sich mit dem Verstand nicht fassen ließ. Gab es doch so etwas wie Instinkt?
»Die Jacke der Kleinen war graurot«, sagte die Kommissarin nachdenklich.
»Wir müssen noch einmal hochgehen, bevor es dunkel wird«, drängte Allenstein.
Der Weg nach oben war inzwischen deutlich ausgetreten und rutschiger als am ersten Tag.
»Und Sie sind sicher, dass das hier notwendig ist?«, fragte Gabriele Kronberg schnaufend und legte eine kurze Pause ein.
»Wir werden sehen. Aber wir hätten ja auch außen herumfahren können.«
»Nein, nein, das würde zu lange dauern.«
Weller begleitete sie und demonstrierte seine Top-Form, indem er den größten Teil des Hangs im Laufschritt zurücklegte. Als die Nachzügler oben ankamen, hatte er bereits den Laptop geöffnet und die Stelle mit der Wärmeanomalie abgeschätzt.
»Wir stehen jetzt vermutlich über dem wärmeren Fleck. Er müsste zirka zwei Meter unter uns liegen.«
Allenstein fuhr mit dem Finger durch den Matsch, zerrieb ihn ein wenig zwischen Daumen und Zeigefinger und roch konzentriert daran.
»Ich brauche noch ein paar Taschentücher.« Er wischte kurz über die vorderste Kante, breitete einige Tücher aus und kniete sich direkt an den Rand. »Halten Sie bitte meine Füße fest.« Die beiden schauten sich kurz an, dann packten sie wortlos die Waden des Professors.
»Da Sie von der Polizei sind, gehe ich davon aus, dass Sie mich nicht loslassen«, sagte Allenstein grinsend und beugte sich weit über die Kante vor.
»Was ich von hier sehen kann, ist noch nicht eindeutig. Wir brauchen zwei, drei Eimer Wasser, eine starke Taschenlampe und die Spurensicherung.«
»Ich dachte eigentlich, ich leite hier die Untersuchung. Wollen Sie es nicht lieber mir überlassen, wann ich die Spurensicherung einbinde und wann nicht?«, raunzte Kronberg Allenstein an, als er sich hochrappelte.
Weller grinste. Allenstein registrierte das erste Mal eine derartige Regung bei ihm. Er hatte schon nicht mehr geglaubt, dass der Mann dazu fähig war.
»Okay, dann halten wir jetzt Ihre Beine und Sie schauen sich das Ganze auch noch einmal an, damit Sie eine Entscheidung treffen können.«
Kronberg warf ihm einen verächtlichen Blick zu und griff zum Handy.
Als die ersten zwei Eimer Wasser vergossen waren, leuchtete Allenstein mit der Taschenlampe die Felswand ab. Mit bloßem Auge sah er nichts mehr, dazu war es bereits zu dunkel geworden. Diesmal hielten ihn die Kollegen der Spurensicherung an den Beinen fest.
»Das ist eindeutig«, rief Allenstein nach oben. »Hier ist gesprengt worden. Nur eine kleine Ladung, aber immerhin eine Sprengung. Das hat wohl ausgereicht.« Etwas mühsam richtete er sich wieder auf. Der Kommissarin hatte es die Sprache verschlagen. Sie benötigte zwei weitere Sekunden, bevor sie sie wiederfand.
»Woran sehen Sie das?«
Allenstein bückte sich, nahm einen Steinsplitter und ritzte eine Linie in den Matsch.
»Bei einer Sprengung gehen von einem Bohrloch bestimmte Muster aus.« Er zeichnete ein Muster, das in etwa aussah wie eine Vogelfeder. »Hier war kein richtiges Bohrloch vorhanden, sondern nur eine geringfügig geöffnete Spalte. Aber die Muster sind trotzdem da. Die Spurensicherung muss den Schlamm auf Sprengstoffreste untersuchen. Entschuldigung …« Allenstein sah Kronberg an. »Ich empfehle Ihnen, Ihren Kollegen von der Spurensicherung zu sagen, dass sie den Schlamm auf Reaktionsprodukte von Sprengstoff untersuchen sollen.«
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In den nächsten Tagen mied Allenstein größere Besprechungen im Institut und war nur zu den festen Terminen anwesend. Schon wieder braute sich ein
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