Kreuzstein
mit ihr zu tun. Es ging um einen Fall, in den ein Jugendlicher aus ihrem Heim verwickelt war.« Kronberg überlegte. »Eine nette junge Frau. Sie hat auf mich einen sehr vernünftigen Eindruck gemacht.«
»Das ist sie auch. Manchmal ist sie meine letzte Rettung, wenn es um kompliziertere Dinge geht.«
»Wie Haushalt zum Beispiel.«
»Natürlich auch das.« Allenstein stutzte. »Woher wissen Sie denn, dass ich allein lebe?«
»Woher wissen Sie, was Keuper ist?« Kronberg versuchte abzulenken.
Sie waren inzwischen an der Steinbruchkante des anderen Bruchs angekommen.
»Hier ist die Stelle, ich kann mich noch gut erinnern. Dort unten lag sie.«
Allenstein starrte in das Feld aus großen und kleinen Bruchsteinen. Plötzlich verschwammen die moosüberzogenen Stücke vor seinen Augen, und er fasste Halt suchend nach der Schulter der Kommissarin.
»Was ist los?«, fragte sie erstaunt. »Ich denke, Sie sind schwindelfrei?«
»Entschuldigung. Es geht schon wieder.«
Allenstein verschränkte die Arme im Nacken und drehte den Oberkörper einige Male nach beiden Seiten.
»War die Spurensicherung auch dort unten?«
»Nein, da war nicht viel zu machen. Es schneite an diesem Tag noch einmal heftig, so wie vor zwei Tagen. Und dann war die Sache ja auch völlig eindeutig. Die Schwester hat von unten alles gesehen.«
Allenstein blickte sich suchend um. Bis zum Rand des Gebüsches waren es etwa fünf Meter. Er ging die wenigen Schritte, bückte sich und hob etwas auf. Mit einem Gesteinsbrocken in der Hand kam er zurück und deutete in den Bruch.
»Sehen Sie dort unten diesen roten Gesteinsbrocken in den bemoosten Basaltblöcken? Etwa vier bis fünf Meter neben der Stelle, die Sie mir gezeigt haben.«
»Was ist damit?«
»Er stammt von hier oben.« Er zeigte ihr den Stein, den er aufgehoben hatte, und führte sie zurück an den Rand des Gebüschs. Dort lag ein Halbkreis aus Steinen. »Das sind Steine von einem Lagerfeuer. In der Mitte liegen noch verkohlte Holzreste. Durch die Hitze oxydieren die Steine an einer Seite und werden oft rostrot. Genau wie dieser Stein hier und der da unten im Bruch.«
»Das habe ich verstanden, aber es kann ihn doch jeder irgendwann einmal dort hinuntergeworfen haben.«
»Völlig richtig. Aber haben Sie ihn untersuchen lassen?«
Gabriele Kronberg blickte Allenstein direkt in die Augen. Genau zwei Sekunden fokussierte ihr Blick im schnellen Wechsel sein linkes und sein rechtes Auge. Dann nahm sie wortlos ihr Handy aus der Tasche und tippte eine Nummer ein.
»Ich brauche sofort die Spurensicherung hier oben. Ja, hier oben und im alten Bruch.« Sie drehte sich zu Allenstein um. »Sie meinen, den Stein hätte ihr auch jemand in den Rücken werfen können. Wenn Sie recht haben, müssen wir völlig umdenken.«
Gemeinsam suchten sie noch einmal die Feuerstelle und das angrenzende Gebüsch ab, fanden jedoch nichts Auffälliges.
»Sie haben keine Kinder?«
»Nein, das hat sich bei diesem Beruf nicht ergeben.«
»Und? Bedauern Sie es?«
»Manchmal schon. Aber mein Job ist zu gefährlich. Ich hätte die Vorstellung nicht ertragen, dass ich Kinder zurücklassen muss, wenn mir etwas passiert.«
Inzwischen war die Spurensicherung eingetroffen. Kronberg instruierte die Kollegen kurz und trat mit Allenstein den rutschigen Weg nach unten an.
»Wurde auch Zeit, ich habe mir die Blase erkältet.«
»Ach, deswegen das Klo.«
»Nein, das ist bei so langwierigen Untersuchungen einfach notwendig.«
Allenstein wartete etwas abseits und musterte die frische Abbruchwand von dem unteren Standort aus. Als die Kommissarin auf ihn zukam, zeigte er nach oben.
»Was ich noch wissen wollte: Gibt es eigentlich Thermo-Aufnahmen von der Wand nach dem Abbruch?«
»Die haben wir routinemäßig gemacht. Allein um zu sehen, ob noch Personen unter dem Schutt liegen. Allerdings war das bei der Masse zwecklos.«
»Ich würde sie mir gern einmal anschauen.«
Es dauerte fast eine Stunde, bis Weller einen Laptop brachte, auf den die Wärmebilder übertragen worden waren. Kronberg hatte die Zeit genutzt und einen Bericht an ihren Vorgesetzten abgeliefert.
»Das hier sind die Bewegungsbahnen, auf denen das Gesteinspaket abgerutscht ist.« Gemeinsam saßen sie im Audi, und Allenstein drehte den beiden Ermittlern den Monitor zu.
»Die Reibungswärme ist noch einige Zeit im Gestein gespeichert und durch dieses hochempfindliche System sichtbar.«
»Und die anderen warmen Stellen?« Weller zeigte auf einen größeren
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