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Kreuzstein

Kreuzstein

Titel: Kreuzstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiber
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grippaler Infekt zusammen, der ihm die Freude an Unternehmungen und geistiger Tätigkeit nahm. Lediglich seiner Frau Hörnig erzählte er mit einer gewissen Begeisterung von der Kommissarin und wie spannend so ein Job sein konnte. Die Hörnig hatte die Geburtstagsfeier noch nicht ganz verdaut. Obgleich sie jeden Kontakt ihres Chefs mit einer weiblichen Person fast routinemäßig mit Interesse begleitete, folgte sie seinen Schilderungen in ungewohnt unterkühlter Weise.
    Seiner Assistentin ging Allenstein erst einmal aus dem Weg. Nachdem er die nächtliche Diskussion mit Katy durchgestanden hatte, brauchte er eine kleine Auszeit. Aus Erfahrung wusste er, dass Peinlichkeiten mit einer bestimmten Halbwertszeit abgebaut werden. Deshalb vermied er zurzeit jeden Kontakt zu seinen Mitarbeitern. Mittwochs fand das Seminar zum Hauptstudium statt, das normalerweise bis 18.30 Uhr ging und dieses Semester von ihm betreut werden durfte. Vielfach überzogen die Teilnehmer ihre Vorträge. Mit anschließenden Diskussionen wurde es manchmal 19.00 Uhr, bis er die Veranstaltung schließen konnte.
    Dieser Mittwoch war wieder ein besonders langer Tag. In seiner Abteilung traf er erwartungsgemäß keinen mehr an. Abgespannt und hungrig ließ er sich auf den Schreibtischsessel fallen und überprüfte rasch noch die eingegangenen Mails auf dem Rechner.
    Plötzlich klopfte es ein wenig zaghaft an der Tür, die sich gleich darauf öffnete. Allenstein erschrak beinahe, als er sich umdrehte. Es war Anja, eingepackt in einen langen gesteppten Wintermantel, in der linken Hand eine Sporttasche. Sie schloss die Tür und stellte die Tasche auf einen Stuhl. Die untere Hälfte ihrer langen dunklen Haare war feucht und bildete kleine Strähnen, die über Kapuze und Schultern hingen. Ihre Wangen glühten wie die eines kleinen Kindes, das frisch aus dem Schnee kam.
    »Hallo, Herr Allenstein, ich komme gerade vom Badminton und habe noch Licht gesehen.«
    »Guten Abend, Anja. Regnet es?«
    »Nein, ich habe geduscht nach dem Sport. Kann ich mich setzen? Ich wollte Sie etwas fragen, wegen einer Sache im Institut.«
    »Ja, sicher, setzen Sie sich doch.«
    Allenstein wurde leicht unruhig, als er ihren engen Fleece-Pullover sah, der keinen Zweifel aufkommen ließ, dass sie eine sehr gute Figur hatte. Und sie trug auch keinen Büstenhalter. Vermutlich hatte sie ihn nach dem Duschen nicht mehr angelegt.
    »Spielen Sie schon lange Badminton?«
    Anja baute sich halb provozierend, halb verschüchtert vor ihm auf. Betont unsicher nestelte sie an ihrem Armband herum und begegnete seinem Blick mit einem gekonnten Wimpernaufschlag.
    Sie schien die Frage überhört zu haben.
    »Schade, dass wir nicht mehr zu ›Hey Joe‹ tanzen konnten«, sagte sie leise.
    Allenstein starrte auf ihre Rundungen, die sich mit jedem Atemzug unter dem engen Pullover deutlicher abzeichneten. Es war der Moment, in dem seine kognitiven Gehirnzentren einen Wettlauf gegen das Limbische System begannen. Letzteres versuchte mit Macht, die Entscheidungskompetenz auf eine tiefere Etage zu verlagern.  
    »Ja, schade«, erwiderte Allenstein gedehnt. Er hatte das Gefühl, die Situation nicht mehr mit dem Verstand beherrschen zu können, und kam sich vor wie in einem Trichter, in den er langsam, aber sicher hineinzurutschen drohte.  
    »Wollen wir das denn irgendwann nachholen?«
    Langsam ging Anja auf Allenstein zu. Sie stellte sich so dicht vor ihn, dass er ihren Oberkörper spürte, und strich ihm ganz vorsichtig über den linken Oberarm.
    »Herr Professor? Herr Professor? Ist Ihnen nicht gut?«
    Allenstein zuckte zusammen. Verwirrt schlug er die Augen auf. Vor ihm stand der Hausmeister und blickte ihn besorgt an.
    Allenstein rieb sich die Stirn. »Ich … ich muss wohl eingeschlafen sein«, murmelte er. »Nein, nein, alles in Ordnung! Ich fahre jetzt auch nach Hause«, beruhigte er den Mann.
    Allenstein saß an seinem Schreibtisch im Institut, als das Telefon klingelte. Seitdem sie zuletzt im Steinbruch gewesen waren, war mehr als eine Woche vergangen. In den letzten Tagen hatte ihn eine kräftige Erkältung heimgesucht, sodass er jetzt den ersten Tag wieder im Institut war.
    »Kronberg hier. Ich hoffe, es geht Ihnen gut.«
    »Danke, vergrippt. Was haben Sie herausgefunden?«
    »Es ist gesprengt worden. Eindeutig, mit einem Spezialsprengstoff, den wir normalerweise nicht so schnell gefunden hätten. Dafür braucht man den genauen Punkt, an dem gesprengt wurde. Sie sollten zur Kripo

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