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Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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darüber nachdachte, wurde ihm wieder übel. Er begann wahllos Gedichte aufzusagen, Werbesprüche, alles, was Rhythmus hatte. Doch zwischen den einzelnen Worten, während seine Lippen Verse formten, rief er sich unter Schmerzen den unheimlichen Angriff ins Gedächtnis zurück. Jetzt war er ganz allein – das hätte er beschwören können. Und doch lag der unsichtbare Schleim, den jener Besucher hinterlassen hatte, wie eine Wolke in der Luft. Fast konnte er den Gestank riechen.
    Das Geräusch – wieder der Aufzug. Blake unternahm den Versuch, sich aufzusetzen. Die Wände drehten sich. Er krallte sich in den Stoff der Couch. Und dann verlor er das Bewußtsein.
    Er erwachte in seinem Bett, hungrig und seltsam munter von der Sekunde an, als sein Bewußtsein wiederkehrte. Von irgendwoher drang Stimmengewirr. Er stand auf. Die Türen im Korridor standen offen, und er lauschte ungeniert.
    »... die ganze Stadt abgeklappert, 'rauf, 'runter und nach allen Seiten. Seine Geschichte stimmt. Pflegekind der Walkers. Von zwei Polizisten in einer Gasse gefunden ... ganz phantastisch. Er ist recht beliebt, hat aber keine engeren Freunde.« Hoyts gedrehte Sprechweise war nicht zu verkennen.
    »In einer Seitenstraße gefunden ...« Saxton sagte das nachdenklich. »Ja, wirklich seltsam.«
    »Gibt es Anzeichen von Unterschiebung, Gehirnwäsche oder aufgezwungenen falschen Erinnerungen?« unterbrach ihn Kittson.
    »Bei keinem, den ich aufsuchte, gab es solche Hinweise. Ich begreife nicht, wie er möglicherweise ein Spion ...«
    »Nein, kein Spion.« Das war wieder Saxton. »Aber vielleicht etwas anderes. Wir wissen nicht alles. Er hat keine engeren Freunde. Wenn das stimmt, was wir vermuten, wäre das die unweigerliche Folge. Und das Zeugnis des Selektors war aufschlußreich. Wir können uns doch nicht auf den Standpunkt stellen: ›Wen ich nicht kenne, der ist gegen mich‹. Und schließlich hat er Mark im Hotel doch geholfen.«
    »Und wie stufst du ihn ein, Jas?« fragte Erskine.
    »Latenter Fall von Psi. Was ihm natürlich Kummer macht. Eine Intelligenzstufe, die ich noch nicht benennen kann. Mark, was wirst du mit ihm machen?«
    »Ich möchte wissen«, meldete sich wieder Erskine, »was heute nachmittag hier vorgefallen ist. Er ist umgekippt, war ganz schlapp, als wir ihn fanden. Wir mußten ihn zu zweit ins Bett schaffen.«
    »Was passiert, wenn ein Psi, ausgestattet mit jener Abwehrschranke, die dieser Walker von Natur aus besitzt, einer Bewußtseinssonde standhalten müßte?« fragte Kittson.
    »Aber das würde doch bedeuten –« Saxtons Stimme war ein schriller Protest.
    »Gewiß. Und wir machen uns am besten mit dem Gedanken vertraut, daß Pranj genau dazu fähig ist. Sobald der junge Mann erwacht, möchte ich ihm ein paar Fragen stellen. Er hat doch hoffentlich eine Belebungsinjektion erhalten?«
    »Stärke drei«, erwiderte Saxton. »Schließlich kenne ich die Reaktion seiner Gattung nicht. Ich bin mir nicht mal über seine Gattung im klaren.« Der letzte Satz hätte ein lautgewordener Gedanke sein können.
    Blake trat ein. Die vier sahen ihm ohne Erstaunen entgegen.
    »Was wollen Sie mich fragen?« sprach er Kittson an.
    »Was ist heute nachmittag hier passiert?«
    Blake erzählte sein Abenteuer in allen Einzelheiten, indem er seine Worte sorgfältig wählte und versuchte, alle Emotionen zu unterdrücken. In dieser Runde begegnete man ihm nicht mit Unglauben. Seine aufgestaute Aggressivität verebbte ein wenig. War man solche Attacken gewöhnt? Wenn ja, was oder vielmehr wen jagten diese vier Männer eigentlich?
    »Bewußtseinssonde«, Kittson hatte keine Zweifel. »Sind Sie sicher, daß er das Büro physisch nicht betreten hat?«
    »So sicher, wie ich es eben sein kann, da ich ihn nicht gesehen habe.«
    »Na, Stan?« Kittsons Aufmerksamkeit wandte sich nun Erskine zu, der auf der Couch saß.
    Dieser nickte. »Ich sagte ja, daß Pranj ein wahrer Meister ist. Er hat Experimente gemacht, von denen die ›Hundert‹ keine Ahnung haben. Deswegen ist er so gefährlich. Wäre Walker kein Psi gewesen – noch dazu ein Block-Psi – hätte er ihn ausgesaugt.«
    »Was ist ein Psi?« mischte Blake sich ein, fest entschlossen, ein paar Antworten zu erhalten, die für ihn einen Sinn ergaben.
    »Psi – parapsychologische Kräfte – bedeutet außersinnliche Wahrnehmung auf verschiedenen Gebieten. Fähigkeiten, die die Menschheit noch nicht auszunutzen versteht.« Saxton war wieder zum Schulmeister geworden. »Telepathie –

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