Kreuzzug gegen den Gral
Libanon und Sinai in den kalabrischen Bergen, an der Straße von Messina und auf den liparischen Inseln Klöster gegründet. Er galt seiner Zeit als der beste Kommentator der Johannesapokalypse. Richard Löwenherz suchte den berühmten Zönobiten auf und ließ sich das zwölfte Kapitel der Offenbarung erklären:
»Die in Sonne gekleidete Frau, zu Füßen den Mond und auf dem Haupt eine Krone von zwölf Sternen, ist die Kirche. Der wilde Drachen mit sieben Köpfen und sieben Kronen ist der Teufel. Die sieben Köpfe sind die sieben Hauptverfolger des Evangeliums: Herodes, Nero, Constans (der Roms Kirchenschätze plünderte), Mohammed, Melsemut (?), Saladin und der Antichrist. Die fünf ersten sind tot. Saladin lebt und herrscht. Der Antichrist wird bald kommen. Noch triumphiert Saladin, aber er wird Jerusalem und das heilige Land verlieren.«
»Wann wird das sein?« fragte Richard Löwenherz.
»Sieben Jahre nach der Einnahme Jerusalems.«
»Wir sind also zu früh gekommen?«
»Eure Ankunft war nötig, König Richard. Gott wird Euch zum Sieg über seine Feinde verhelfen und Euren Namen berühmt machen. Was den Antichristen betrifft, so lebt er schon und wird bald auf dem Stuhl Petri sitzen.«
Richard Löwenherz befreite Jerusalem keineswegs, Saladin sollte noch lange triumphieren, und der Antichrist ... Wer wollte behaupten, daß Papst Innocenz der Dritte der Antichrist gewesen sei?
Im Frühling verließen dann Philipp und Richard Sizilien. In Zypern gab Richard seinem Lieblingstroubadour Peire Vidal aus Toulouse eine vornehme griechische Gefangene zur Frau. Wie sehr diese königliche Gnade in Peire Vidals Leben eingriff, wissen wir dank der Biographie des Michael von La Tour.
Der Kreuzzug ging fehl. Friedrich Barbarossa ertrank im Saleph, dem Fluß, der auch Alexander dem Großen fast den Tod gebracht hätte. Zwar gelang es im Juli des Jahres 1191 Philipp Augustus und Richard Löwenherz, die Stadt Akkon nach fast zweijähriger Belagerung einzunehmen, aber Streitigkeiten über die Beute, Eifersucht auf Richards Beliebtheit und eine angebliche Erkrankung bewogen Frankreichs König, kurz nach Akkons Fall ins Abendland zurückzukehren. Die Abfahrt Philipps wurde von den zurückgebliebenen Kreuzfahrern als Fahnenflucht angesehen. Die Spottlieder der Troubadoure begleiteten ihn übers Meer.
Ein Jahr später erfuhr Richard, daß Philipp ihm die Normandie und Anjou zu entreißen versuche, und daß sein Bruder Johann nach Englands Krone begehre. Da entschloß sich Richard kurzerhand, mit Saladin zu verhandeln, um so schnell wie möglich nach Hause zurückfahren zu können. Er vereinbarte mit dem Sultan, daß seine Schwester Johanna sich mit dem Emir Malek-Adel, Saladins Bruder, vermählen und mit diesem über Jerusalem und das heilige Land herrschen solle. Es gelang aber den römischen Prälaten, diesen Plan, der dem Blutvergießen auf palästinischem Boden ein Ziel gesetzt hätte, zu vereiteln. So konnte nur ein Waffenstillstand von drei Jahren, drei Monaten und drei Tagen geschlossen werden. Saladin und Richard veranstalteten aus diesem Anlaß prächtige Feste. Die beiden Monarchen und ihre Truppen trugen auf dem Turnierplatz unblutige Kämpfe mit Stoßlanze und Harfe aus.
Auch Saladin hatte seine Hofdichter mitgebracht, denn die arabischen Ruwahs vom Bosporus bis zum persischen Golf dichteten »so viele Verse wie Sandkörner in der Wüste und so viel Ghaselen wie es Gazellen gab«. Die Troubadoure sangen vom Minnetod Rudels und Melissendes, die Ruwahs die nicht weniger traurige Historie von Hinda und Abdallah. Wir wollen sie uns anhören:
Abdallah, der Sohn einer berühmten und reichen Familie, hatte Hinda, die Rose seines Stammes geheiratet. Da die Ehe kinderlos blieb, verstieß Abdallah im Rausch die arme Hinda, die in das Zelt ihres Vaters flüchtete. Einige Zeit danach verheiratete sie der mit einem Mann aus dem Stamme der Amiride. Abdallah sang auf der Harfe von seiner unglücklichen Liebe und seinem verlorenen Glück. Er verließ seinen Stamm, um Hinda zu suchen. Er fand sie, als sie an einem Brunnen vor sich hinträumte. Die Wiedersehensfreude brach ihnen beiden das Herz ...
Nach dem Fest verließ Richard das heilige Land. Wie er dann von dem österreichischen Herzog Leopold dem Sechsten, den er vor Akkon einmal tödlich beleidigt hatte, auf der Burg Dürrnstein in Haft gehalten, wie er dann von Kaiser Heinrich dem Sechsten auf Trifels eingekerkert wurde und wie er seine Freiheit wiedererlangte, braucht
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