Kreuzzug gegen den Gral
hier wohl nicht berichtet zu werden.
Richard Löwenherz war längst der Liebling der Mittelmeerwelt, Aquitaniens und Englands geworden. Im Morgenland besangen die Ruwahs den »Melek-Rik«, und in Romanien und Aquitanien wußten die Troubadoure von seinen Heldentaten und' seiner romantischen Befreiung durch den Spielmann Blondel begeisterte Lieder zu singen und feierten ihn als den Herrn der heldenhaften Tafelrunde, als König Artus. 24 Bei seiner Ankunft in England (1194) fand er ein Bündnis seines Bruders Johann und Philipps zu seiner Entthronung. Er verjagte Johann nach Paris und eroberte seine von Frankreich usurpierten Provinzen Normandie und Anjou zurück. Dann kam er nach vierjähriger Abwesenheit nach Toulouse.
»Da war Bertran de Born froh«, sagte sein Chronist.
Als Bertran den König Philipp Augustus heimlich und überstürzt vom heiligen Lande hatte zurückkommen sehen, ahnte er dessen Absichten auf Richards aquitanische Besitzungen und zweifelte nicht, daß der Ca-petinger versuchen werde, seine Grenzen bis zu den Pyrenäen auszudehnen. Bertran, bis dahin Richards Gegner, erklärte sich offen für ihn. Er vermochte den neugekrönten König Peter von Aragon und den Grafen Raimon von Toulouse zu bewegen, den seit Jahrhunderten bestehenden Zwist zu vergessen, und es gelang ihm sogar, den Infanten von Toulouse zu veranlassen, von Richard zum Zeichen der Aussöhnung der Familien Plantagenet und Toulouse die Hand seiner Schwester Johanna zu erbitten. So wurde der lange Zwiespalt zwischen Aquitanien und Languedoc überbrückt und ein Abbild des »Aquitaniens« geschaffen, wie es im zehnten Jahrhundert ausgesehen hatte. Damals herrschten die Grafen Werghaupt und Raimon-Pons von Toulouse brüderlich nebeneinander vom Ozean bis zur Rhone.
Von Toulouse aus besuchte Richard in Carcassonne, der Languedoc elegantester Stadt, Romaniens berühmteste Dame, die verwitwete Adelaide von Burlats, eine Tochter Ramons des Fünften von Toulouse und Kon-stanzes von Frankreich, die hier für ihren noch unmündigen Sohn Ra-mon-Roger die Gebiete des Hauses »Trencavel« regierte. Von Carcassonne aus zog er nach Beaucaire an der Rhone, dem Sommersitz des Grafen von Toulouse. Dorthin waren zu seiner Begrüßung, der Versöhnung der drei Monarchen und zur Hochzeit Raimons von Toulouse und Johannes von Plantagenet alle Fürsten und Herren aus der Provence, der Languedoc, aus Aquitanien, aus den Pyrenäen von Perpignan bis Bayonne und aus Aragon, die Konsuln aus allen freien Städten des Midi und alle Troubadoure und Spielleute Romaniens gekommen. Ein Chronist, der Prior von Vigeois, hat uns beschrieben, wie man in Beaucaire 25 zu feiern wußte:
»Zehntausend Ritter strömten nach Beaucaire. Der Graf Raimon ließ durch den Seneschall von Agout tausend Goldstücke an hundert unbemittelte Ritter verteilen. Den Tournierplatz ließ er von zwölf Ochsengespannen umpflügen und dreitausend Gold- und Silberstücke in die Furchen säen für das Volk, das nach den Ritterspielen auch seinen Freudenanteil haben sollte. Ein Baron, der in seiner Burg vierhundert Ritter beherbergte, ließ Ziegen und Rinder über den Flammen von Wachskerzen braten. Eine Gräfin aus dem Hause Provence krönte mit einer aus vierzigtausend Gold- und Silbersols zusammengesetzten Krone den Spielmann Iveta zum König der Troubadoure.«
Ein Ritter ließ zum Zeichen, daß der Bruderkrieg zwischen Aquitanien, Languedoc und Aragonien zu Ende sei, seine dreißig Kriegsrosse auf einem riesigen Scheiterhaufen verbrennen.
Zwei Jahrzehnte später sollte Romanien ganz andere Scheiterhaufen sehen, die auf des Papstes Innocenz des Dritten Geheiß aufflammten. Nach dem Fest von Beaucaire erklärte der toulouser Graf Frankreich den Krieg, den der Tod von Richard Löwenherz jäh enden ließ.
Der Friedensschluß zwischen den romanischen Staaten, die Vermählung von Raimon und Johanna, die Kriegserklärung Toulouses an Paris sollen das Werk Bertrans de Born gewesen sein.
Inzwischen war Saladin gestorben. Vor seinem letzten Atemzug gab er den Befehl, daß man das aus Purpur und Gold gewirkte Leichentuch durch die Straßen von Jerusalem trage und daß ein Herold ausrufe:
»Das nim mt der Herrscher der Welt Jussuf Mansor Saladin mit sich!«
Nach Saladins Tod wurde das ungeheure Muselmannenreich unter seine siebzehn Söhne und seinen Bruder, den Emir Malek-Adel, aufgeteilt. Papst Innocenz der Dritte, der am 22. Februar 1198 gekrönt worden war, glaubte den geeigneten Augenblick für
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