Kreuzzug gegen den Gral
der im Rumpf ist«. Enthauptet trägt der Troubadour von Schloß Auta-fort den Kopf vor sich her, um den Weg durch die Hölle zu erleuchten. Italiens größter Dichter hat Romaniens größten Troubadour in die Hölle versetzt und hat, vielleicht unbewußt, mit ihm Romanien symbolisiert, das von der Welt maledeit und in eine Hölle verwandelt wurde.
Eine romanische Legende, die heute noch im Volksmund lebt, will wissen, daß Bertran de Born aus Gram über diese Malediktion seiner Heimat auf einem Gletscher der Sierra Maledetta zu einem Eisblock erstarrt sei.
Wir haben über Richard Löwenherz und Bertran de Born einen anderen romanischen Helden nicht geringerer Art vernachlässigt. Raimon der Fünfte, Graf von Toulouse, war nicht nur der mächtigste Monarch der romanischen und einer der einflußreichsten Staatslenker der abendländischen Welt, seine Hauptstadt Toulouse war auch die Metropole romanischer Zivilisation und romanischer Kultur.
Die Besitzungen dieses größten Hursiosohnes waren ausgedehnter als die der französischen Krone, deren mächtigster und fast unabhängiger Vasall er war. Außer der Grafschaft Toulouse gehörte ihm auch noch das Herzogtum Narbonne, dessen Besitz ihm die Würde des ersten weltlichen Pairs von Frankreich verlieh. Von vierzehn Grafen war er der
Oberlehnsherr. Die Troubadoure versicherten ihm, er stehe dem Kaiser gleich:
Car il val tan qu'en la soa valor Auri' assatz ad un emperador. 28
Den »guten Grafen Raimon« nannten sie ihn auch, denn er hatte für ihre Sorgen und Nöte stets ein offenes Ohr, er war ja trobere, wie sie. Eines ist sonderbar: nie hat es Raimon von Toulouse nach dem heiligen Land oder zum mindesten nach dem toulousischen Tripolis verlangt. Als einziger der großen christlichen Monarchen des zwölften Jahrhunderts hat er nicht an den Kreuzzügen teilgenommen. Sah er voraus, daß Ro-manien bald nach seinem Tod (1194) der Schauplatz des furchtbarsten aller Kreuzzüge werden sollte? Es verlangte Raimon nicht, das heilige Grab oder Golgatha zu sehen. Ahnte er denn, daß Romanien unter seinem Nachfolger Raimon dem Sechsten sein »Golgatha« erleben und sein »heiliges Grab« bekommen sollte? Raimon der Fünfte hat Romaniens Kultur mit der Pflege des gai savoir, mit ritterlichem Geist und untadelig geführter Politik reiche Dienste geleistet. Eines hat er versäumt. Dem romanischen Catharismus, der eine »reine Lehre« sein wollte, und den die Welt eine Ketzerei nannte, hat er fern gestanden. Und doch hätte das »Evangelium vom tröstenden Parakleten« seines Schutzes bedurft. An seiner Statt hüteten, wie wir später sehen werden, sein Schwiegersohn und sein Enkel aus dem Hause der Trencavel von Carcassonne die mystische Tischrunde, die der »Wunsch nach dem Paradies« vereinte.
uf einem grüenen achmardi truoc si den wunsch von pardis: daz was ein dinc, das hiez der gral. 29
Wolfram von Eschenbach
In einer Sirventese gibt der Troubadour Ramon von Miraval seinen reimenden Freunden an, bei welchen Gönnern der »edlen Kunst« sie neben einem guten Empfang auf Anerkennung und Geschenke rechnen könnten: »Begebt euch zuerst nach Carcassonne, dessen Barone ich euch nicht aufzählen will, denn dazu wären vierzig Sirventesen nötig. Nehmt ihre Geschenke an und zieht von dannen.
Zwar weiß ich noch nicht, welcher Windrichtung ihr entgegenreitet, doch bitte ich euch, an Herrn Raimon Drut Grüße von mir zu bestellen, der euch bestimmt zu Pferd von seiner Burg wegreiten läßt, falls ihr zu Fuß angekommen seid.
Dann begebt euch zu Herrn Peire-Roger von Mirepoix. Sollte er euch nicht reichlich beschenken, so werde ich seine Belohnung verdoppeln. Dem Baron Bertran von Saissac singt Sirventesen oder - noch besser -Canzonen. Sollte Herr Bertran nicht zum Schenken aufgelegt sein, so wird er euch doch nicht einen Klepper vorenthalten.
»Dann reitet zu Herrn Améric von Montréal. Der wird euren Sorgen mit einem Roß, Halfter und Mantel ein Ende machen.«
Eichen, der Druiden heilige Bäume, standen in uralten Zeiten auf dem Felshügel von Carcassonnes 30 Cité, denn »Eichenfelsen« (ker = Fels, casser - Eiche) war der Stadt ursprünglicher Namen. Alarich, der Westgotenkönig, ließ das Gemeinwesen mit einem so starken Gürtel von Türmen und Mauern umgeben, daß Chlodwig der Frankenkönig und Karl der Große sie vergeblich belagerten. Kaiser Karl konnte erst Einzug in ihr halten, als die Stadt ihm freiwillig die Tore geöffnet hatte.
An der steil zum Audefluß
Weitere Kostenlose Bücher