Kreuzzug gegen den Gral
schwarze Sonne“ 67 , um ihre selbst erfundenen „Herren vom Schwarzen Stein“ aufzuladen. Man beachte hier wieder das zweifache S in den Anfangsbuchstaben, erwähnt werden außerdem SS-Ufos und eine bereits 1922 erfundene „Jenseitsflugmaschine“. In ihrem Film „Die Geheimnisse des III. Reichs“ wird des weiteren eine fiktive Organisation „Schwarze Sonne“ genannt, die in Verbindung gebracht wird mit der sumerischen Privatmythologie der Autoren, aus der das III. Reich hervorgegangen sein soll. Im „Off‘-Ton heißt es: „Der unbesiegbare Kraftquell war für sie die schwarze Sonne. Unendlich strahlt ihr Licht, das menschliche Auge kann sie nicht sehen, und doch ist sie da. Wie die helle Sonne des Tages nach außen hin leuchtet, so strahlt die dunkle Sonne in das Innere des Menschen hinein. Durch sie leuchtet der Gottheit Licht.“
Nach den Autoren, von denen einer als Werbetexter arbeitet, soll die „Schwarze Sonne“ für einen nie existenten inneren Zirkel der
SS stehen. Bezeichnenderweise wird am Ende des Films eine Adresse für „Fanpost und Sponsoren“ angegeben. Es ist erstaunlich, daß solcherlei Schabernack ernst genommen und weitergetragen wird. 68
Wegbereitend für die Verbindung solch abstruser Gedanken mit dem Nationalsozialismus waren die spekulativen Spielereien der französischen Autoren Louis Pauwels und Jacques Bergier, die in Frankreich 1960 unter dem Titel „Morgen der Magier“ erschienen und als „Aufbruch ins dritte Jahrtausend“ 69 erfolgreich ins Deutsche übersetzt wurden. Animiert durch den finanziellen Erfolg verwendet der „französische Däniken“ Robert Charroux die „Schwarze Sonne“ in seinem Buch „Verratene Geheimnisse“ 70 . In dem Kapitel „Die Goldene Sonne und die Schwarze Sonne“ schreibt er: „Der Plan Friedrichs II., der sich mit dem intensiven Machtstreben eingeweihter Kreise deckte, wurde von den Tempelherrn fortgesetzt. Die besorgte Christenheit setzt sich gegen sie brutal zur Wehr 71 , und im Jahre 1307 vernichtete König Phillipp IV, der Schöne, von Frankreich und der von ihm abhängige Papst Clemens V. den Orden, dem es jedoch gelang, im verborgenen fortzubestehen. [...] So entstand einige Jahrhunderte später im Zeichen der Toleranz und der Universalreligion (-philosophie) die Freimaurerei. [...] In der Esoterik hat dieser Plan einen symbolischen Namen: die goldene Sonne. Parallel dazu waren andere Ritterorden, insbesondere der Deutsche Ritterorden, seit dem Mittelalter im geheimen tätig, doch waren sie von rastlosem Machtstreben besessen und standen im Dienst einer immer mehr im Verfall begriffenen Wahrheit: der Schwarzen Sonne, deren Grundidee Friedrich II. von Hohenstaufen vielleicht im Castel del Monte konzipiert hatte. Die Tätigkeit der Schwarzen Sonne setzt sich auf gefährlichen Irrwegen unter den deutschen Volkstumsgruppen fort, deren traditionsbewußte Anhänger fest davon überzeugt sind, daß es die Sendung der germanischen Rasse sei, die weiße Kultur zu retten. In diesem Sinne beginnt auch die Gralssuche von neuem: die Suche nach dem Gral der Hyperboreer, nach dem Gral der weißen Rasse,
die die Welt beherrschen will .“
Daß der Autor Charroux sensationslüstern wie Pauwels und Bergier versucht, den Nationalsozialismus mit okkulten Strömungen zu verbinden, macht diese These, abgesehen von Himmlers persönlichen Marotten, nicht eben wahrscheinlicher, was ernsthafte historische Arbeiten belegen. 72
Die ursprüngliche Verbreitung des Begriffs „schwarze Sonne“ geht wahrscheinlich auf die Publikationen der ehemaligen SS-Männer Rudolf Mund 73 und Wilhelm Landig 74 zurück, die damit auch eine esoterische Verklärung ihrer eigenen Biografien schufen. 75 Miguel Serrano, der zu beiden Autoren Kontakt hatte und als Schöpfer des „esoterischen Hitlerismus“ gilt, nennt eher beiläufig die „schwarze Sonne“ in seinem Buch „Das goldene Band“ 76 , was ein weiterer Anhaltspunkt dafür ist, daß die beiden Autoren Mund und Landig die ursprüngliche Quelle des Mythos sind.
Wichtig ist die abschließende Feststellung, daß die sogenannte „schwarze Sonne“ der Wewelsburg nach dem verwendeten Marmor eigentlich eine „dunkelgrüne Sonne“ ist und daß sie mit ihren zwölf Speichen aus Sig-Runen ein konstruiertes Zeichen ist, das in seiner vorliegenden Form keinerlei historische Wurzeln oder Vorbilder besitzt. 77
Im Augenblick durchläuft die „schwarze Sonne“ in verschiedenen Gruppierungen die gleichen
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