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Kreuzzug

Kreuzzug

Titel: Kreuzzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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gegenseitig im Gegenlicht der Nachmittagssonne fotografiert. Am Abend trafen sie sich im »Whistler Youth Hostel«, in dem Thien als Langzeitgast – er wollte über einen Monat in Kanada bleiben – eines der raren Einzelzimmer ergattert hatte. Sie zeigten sich auf Thiens Mac die Bilder, die sie an diesem Tag geschossen hatten. Es dauerte nicht lange, und sie zeigten sich mehr.
    Sechs Jahre hatte ihre Beziehung gehalten, sie waren sich gegenseitig hinterhergereist, hatten sich heiß geliebt, um dann wieder an weit entfernten Orten zu verschwinden. Sandra war es wohl irgendwann zu viel der Trennungen geworden. Sie wollte sich niederlassen, sesshaft werden. In Garmisch, Mittenwald, vielleicht in Murnau. Sprach von Kindern. Thien wollte weiterhin die steilen Hänge befahren und fotografieren. Und so landete Sandra bei einem Soldaten in Mittenwald.
    Thien musste wie jedes Mal, wenn er daran dachte, den Kopf schütteln. Sandra, seine Sandra, mit einem Soldaten. Sandra, die sich von niemandem etwas sagen ließ. Der Freiheit immer das Wichtigste war. Die immer ihren Kopf durchsetzen wollte. Und diese Frau war jetzt mit einem Komisskopf fest zusammen? Seit drei Jahren waren die beiden nun schon ein Paar. Auch der Soldat war des Öfteren unterwegs. In weit gefährlicheren Gebieten als den Whistler und das Jackson Hole. Etwa in Afghanistan.
    Der würde bestens hier reinpassen, dachte Thien. In diesem gottverdammten Zug könnte dieser Markus den Helden spielen. Warum war er es, der hier saß? Hätte er einen Zug früher genommen, wäre er schon oben gewesen, als sich die Explosionen ereigneten. Einen Zug später, und er wäre unten geblieben. Und wäre ihm einen Tag früher eingefallen, dass ihm in seiner Fotoserie ausgerechnet die Zugspitze fehlte, wäre ihm die ganze Sache komplett erspart geblieben.
    Thien wurde sauer. Weniger auf diese Geiselnehmer als auf Sandra und auf ihren Bergsoldaten Markus. Und sauer auf sich selbst. Er musste hier raus. Er würde sein Leben nicht in die Hände anderer geben. Er hatte so viel überlebt. Er würde auch diese Gefahr unbeschadet überstehen. Er würde seinen Job machen. Er würde Sandra zurückgewinnen, weg von ihrem Soldatenfreund. Und sich dann mit ihr irgendwo niederlassen. Irgendwo auf der Welt, wo es steile Berge und viel Schnee gab. Es musste ja nicht Garmisch sein.
    Nein, nach den Ereignissen dieses Tages musste es Garmisch ganz sicher nicht mehr sein.

Kapitel achtundzwanzig
    Eibsee-Hotel , 15  Uhr 05
    G leich nachdem die Politiker den Raum betreten hatten, riefen die Reporter aufgeregt durcheinander.
    »Meine Damen und Herren, bitte ein wenig mehr Nervenstärke.« Ministerpräsident Lackner sagte so lange keine weitere Silbe mehr, bis es im Raum ruhig wurde.
    »Danke, meine sehr verehrten Damen und Herren. Vor knapp drei Stunden kam es über uns auf der Zugspitze zu einem Ereignis, das wir zunächst einmal einordnen müssen, daher habe ich Bundesverteidigungsminister Philipp von Brunnstein zu mir gebeten. Wir wollen nichts verharmlosen, aber auch keine übertriebenen Reaktionen hervorrufen. Dankenswerterweise hilft uns Herr August Falk von der Bayerischen Zugspitzbahn , die Lage zu verstehen. Herr Falk, bitte.«
    Falk nestelte an seinem Mikrofon herum, um es einzuschalten, ging mit dem Mund ganz nah an die Schaumstoffhülle und sagte: »Test, Test.«
    Als einer der Kameramänner ihm zunickte, begann er endlich mit seinen Ausführungen.
    »Gegen zwölf Uhr zwanzig kam es heute Mittag im Tunnel der Bayerischen Zugspitzbahn, also unserer Zahnradbahn , zu einem Teileinsturz. Zwei Züge wurden verschüttet. Ein Zug, der nach oben fuhr, war voll besetzt, der andere bis auf den Fahrer leer. Bisher gibt es kein Lebenszeichen von einem der Insassen oder unserem Personal.«
    Die Reporter überschlugen sich mit Fragen, sodass keine einzige davon zu verstehen war.
    »Bitte, meine Damen und Herren, bitte. Ich muss sehr bitten«, rief Lackner, »lassen Sie Herrn Falk doch aussprechen.«
    »Nun ja, wir haben keine Anhaltspunkte, warum der Tunnel eingestürzt ist und ob die Züge in Gänze verschüttet sind. Mehr kann ich Ihnen im Moment nicht sagen.« Falk hatte sich während dieser Worte zur Leinwand gedreht und zeigte mit dem roten Punkt eines Laserpointers auf die Stelle im Fels, wo sich Ausweiche 4 befand und wo die Züge steckten.
    Wieder wollten die Reporter ihre Fragen loswerden, doch diesmal riefen drei von den fünf zufällig die gleiche Frage.
    »Wie viele Menschen?«
    »Nun ja,

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