Krieg der Drachen - Roman
Also drehten sie das Kanu nach Südosten und paddelten wie wild. Sie hörten nichts als den Wind. Dadurch schlug die erste Kanonenkugel völlig überraschend neben ihnen ein. Erst nach dem zweiten und dritten Einschlag, und als ein kurzes Verebben des Windes ihm gestattete, den verklingenden Donner eines Kanonenschusses aufzuschnappen, erkannte er, dass sie gefährlich nahe an die Festung getrieben waren.
Du Malphias besitzt eine Möglichkeit, meine Bewegungen zu verfolgen. Augenblicklich fiel ihm das Symbol ein, das der
Laureat in die Bronzebolzen seiner Handfesseln geritzt hatte. Ihr Zweck hatte nicht darin bestanden, Owen als sein Eigentum zu markieren. Sie ließen du Malphias erkennen, wo er gerade war.
Owen warf einen Blick über die Schulter nach hinten. »Wir müssen hinaus und an der Flussmündung vorbei. Und wir müssen es augenblicklich. Er weiß, wo wir sind.«
Quarante-neuf stieß das Paddel tief in die Fluten. Das Kanu schoss vorwärts. Eine weitere Kanonenkugel schleuderte dicht neben dem Boot eine Wasserfontäne auf, doch der Pasmorte ignorierte die Gefahr. Owen konzentrierte sich ganz aufs Paddeln und versuchte, die Leistung seines Begleiters zu erreichen, aber es kostete seine ganze Kraft, das Kanu weiter hinaus auf den See zu steuern.
Während rings um sie herum die Kanonenkugeln einschlugen, ergab sich Owen ein wenig dem Wind und ließ das Boot etwas nach Südosten auf die Küste kurz hinter der Mündung des Tosenden Flusses zutreiben. Der Wind ließ etwas nach, und Owen lachte laut auf. »Gerade jetzt, wo wir seine Hilfe gebrauchen könnten!«
Quarante-neuf lachte ebenfalls, zum ersten Mal, seit Owen ihn kannte. Es war ein ersticktes Geräusch, wie das Rülpsen eines Kindes, das im selben Moment erkennt, dass in höflicher Gesellschaft Rülpsen nicht erlaubt ist. Der Pasmorte unterbrach das Paddeln, dann lachte er wieder, etwas länger diesmal. Owen schaute sich um und las Überraschung und die Andeutung von Freude im Gesicht seines Begleiters.
»Es ist ein gutes Lachen, mein Freund. Lasst es heraus.«
»Das werde ich. Ich erinnere mich an Lachen. Es hat mir gefallen. «
Plötzlich erstarb der Wind. Die Wolken brachen weit genug
auf, um Mondlicht auf den See fallen zu lassen. Die Festung erhob sich drohend über ihnen. Owen hätte schwören können, auf der Mauer einen großen, schlanken Mann auf und ab gehen zu sehen, aber er sah noch etwas anderes, das ihn antrieb, mit frischer Energie das Paddel zu schwingen.
Hinter ihnen tauchten zwei Dutzend Soldaten in zwei großen, breiten Kähnen der Art auf, die die Tharyngen Batteaux nannten. Ein Mann im vorderen Kahn stand auf und rief etwas, dann hob er eine Muskete und feuerte. Er bewegte sich zu flüssig, um ein Pasmorte zu sein, aber die unermüdlichen Schläge der Ruderer ließen vermuten, dass sie welche waren.
»Wir müssen ans Ufer. Wir brauchen Deckung.«
Die beiden paddelten schneller und sehnten sich nach einem Auffrischen des Windes. Vergeblich. Die Verfolger wechselten sich dabei ab, auf sie zu schießen. Als die beiden Flüchtlinge das Ufer erreichten, prallte eine Kugel von der Wasseroberfläche ab und schlug ein Leck in ihr Kanu. Wasser drang ein, doch zum Glück spielte das keine Rolle mehr. Quarante-neufs kräftige Ruderschläge trieben das Boot mit solcher Gewalt ans Ufer, dass die Steine dort den Rindenboden aufrissen.
Eine weitere Kugel pfiff als Querschläger von einem Felsen durch die Luft, als Owen auf die Baumlinie zu rannte. Tharyngen brüllten Befehle und suchten nach einem Anlandeplatz für ihre Kähne. Quarante-neuf sprintete an Owen vorbei, dann packte er ihn bei den Schultern und zerrte ihn tiefer in den Wald. Sie bahnten sich einen Weg zwischen den Bäumen hindurch, den See die ganze Zeit zur Linken haltend, und hielten Ausschau nach Senken, um sich absetzen zu können, ohne ein größeres Ziel als unvermeidbar abzugeben.
Sie mussten sich durch tiefe Schneewehen arbeiten, und schon bald hörten sie die Verfolger wieder. »Sie müssen Schneeschuhe
haben.« Quarante-neuf stieß Owen auf die Kuppe eines kleinen Hügels hinauf. »Geht, ich werde sie eine Weile aufhalten. «
»Nein, ohne Euch schaffe ich es nicht.« Owen stand auf und drehte sich um. Dann bellte eine Muskete. Eine Kugel erwischte ihn an der linken Seite und schleuderte ihn zurück. Er drehte sich, schlug gegen einen Baum, polterte den Hang hinab.
Als Owen unten ankam, durchzuckten ihn frische Schmerzen. Die Kugel hatte hur Haut und ein wenig
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