Krieg der Drachen - Roman
Ich war ihr Eigentum, ein Auslösling ohne Chance, jemals das Ende meines Vertrages zu erleben, und ahnte nichts davon. Während ich aufwuchs, hatten meine Vettern alles. Ich habe Euch bereits von dem Wurmwart erzählt, Hoheit,
der mich aufnahm. Er leistete meiner Familie einen Dienst damit. Sie dankten es ihm, indem sie ihn hinauswarfen, sobald ich zum Militärdienst angetreten war. Das sagt Euch etwas über meine Familie. Sie schenkten mir nichts und versuchten, mir alles zu nehmen. Und sie hatten weitgehend Erfolg damit.«
Owen trank einen Schluck. »Dann fand ich Katherine, die mich um meiner selbst willen wollte. Und ich wollte sie. Wir vermählten uns, und während des Villerupt-Feldzuges folgte Katherine mir in den Krieg. Die Gattin meines Onkels blieb in Norisle. Wenn ich Dienst an der Front hatte und er ein gesellschaftliches Ereignis besuchte, lieh er sie aus. Ich hielt es für ausgesprochen freundlich von ihm. Sie liebte Gesellschaften und weinte vor Angst an meiner Schulter, wenn wir beisammen waren. Ich sagte mir, das fröhliche Treiben würde sie aufmuntern. Ich wollte, dass sie Freude hatte.«
Der Graf stieß ein angewidertes Schnaufen aus. »Und man hat Euch Dinge über sie und Euren Onkel erzählt?«
Owen nahm noch einen Schluck von dem Whiskey und genoss, wie er auf dem Weg seinen Hals hinab brannte. »Nicht über meinen Onkel, aber über alle anderen. Offiziere, die mich verachteten, hatten großes Vergnügen daran, Geschichten darüber zu erzählen, wie sie Katherine mit einem anderen im Bett gesehen hatten. Natürlich niemals sie selbst. Immer irgendein zurzeit nicht greifbarer Major von einem anderen Regiment, oder ein hübscher ausländischer Offizier.«
Der Prinz zog eine Augenbraue hoch. »Lügen, deren einziger Zweck darin bestand, Euch zu verletzen.«
Owen schaute auf. »Das ist mir jetzt auch bewusst. Eines Nachts jedenfalls trank ich zu viel und fand einen Mann, der dem Offizier in der letzten Geschichte ähnelte, die über sie die Runde machte. Ich … ich vergaß mich.«
Er betrachtete seine Hände, drehte die rechte um. Weiße, wurmähnliche Narben zogen sich über seine Knöchel. Die meisten davon hatte er im Kampf gegen die Tharyngen erworben, doch Owen sah in diesem Moment vor allem die, die er sich beigebracht hatte, als er einen anderen Mann besinnungslos geprügelt hatte.
»Ich wollte Katherine beichten, was ich getan, doch noch bevor ich dazu kam, sprach sie davon, wie sehr sie der Gatte einer Freundin anwiderte, der über ähnlichen Tratsch seine Gemahlin betreffend ein Duell ausgetragen hatte. Sie erklärte, er habe seine Frau entehrt, indem er den Gerüchten Glauben schenkte und zur Tat schritt. Sie klammerte sich an mich, so froh, dass ich niemals etwas so Schreckliches von ihr glauben würde.«
Owen musterte die Mienen der beiden anderen Männer. »Wie hätte ich es ihr danach noch erzählen können? Ich liebe sie und weiß, sie ist keine Hure. Also schwieg ich. Und schlussendlich habe ich diesen Auftrag angenommen, um etwas Großes leisten zu können, so groß, dass wir uns beide dadurch aus dem verderblichen Einfluss meiner Familie lösen können.«
Von Metternin lachte sanft. »Ihr solltet stolz auf Eure Zurückhaltung sein, Kapteyn. Ihr habt das Schlimmste in Euch besiegt und entschieden, ein hehres Ziel anzustreben.«
Prinz Vladimir schwenkte den Whiskey in seinem Glas. »Ihr seid noch bemerkenswerter, als mir bisher bewusst war, Kapteyn. Eure Gattin hatte Recht, und Eure Bereitschaft, Johnny eine Chance zur Flucht zu geben, spricht für Euren guten Charakter. Viele andere Männer töten aus falschem Ehrgefühl, und ihre Opfer sind nicht immer der wirkliche Feind. Ich fürchte, unser Johnny ist einer von ihnen.«
Owen kippte den letzten Rest seines Glases hinunter. »Wenn
ich Euch so reden höre, Hoheit, frage ich mich, ob es nicht besser gewesen wäre, ihn zu töten.«
Vladimir seufzte. »Ich kann nur darauf hoffen, Kapteyn Radband, dass sich diese Eingebung nicht im Nachhinein als richtig erweist.«
SIEBENUNDVIERZIGSTES KAPITEL
16. Mai 1764
Harfners Feld, Port Maßvoll
Mäßigungsbucht, Mystria
N athaniel lachte leise, als Friedensreich Bein das Gewehr nachlud, das Prinz Vladimir ihm gekauft hatte. Der Hüne hatte keine Schwierigkeiten, den Hebel zu bedienen und das Kardangelenk zu drehen. Er blies über den Sockel und säuberte ihn von übrig gebliebenem Schwefel. Dann füllte er ihn wieder auf und steckte die Kugel an Ort und Stelle,
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