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Krieg der Drachen - Roman

Krieg der Drachen - Roman

Titel: Krieg der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael A Stackpole
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habt inzwischen gemerkt, dass die Flüsse unsere Straßen sind. Man kommt aufwärts gut voran, abwärts noch besser. Ein Kanu voller Felle macht einen Mann unten in Port Maßvoll reich.«
    »Das sehe ich.« Owen studierte das Ufer. Zum größten Teil war es bewaldet, mit gelegentlichen Marschlandbereichen voller
Rohrkolben, hoher Gräser und leuchtender Blumen. »Kennt Ihr die Geschwindigkeit der Strömung?«
    Nathaniel schüttelte den Kopf. Er hatte sein Rehlederhemd ausgezogen und paddelte mit bloßem Oberkörper. Unter der sonnengebräunten Haut arbeiteten die Muskeln in geschmeidiger Bewegung.
    Ein paar Narben zeichneten sich ab. Owen erkannte die wulstigen Spuren einer Peitsche, zwei Messerstiche und eine Schusswunde, stellte jedoch keine Fragen. Falls Nathaniel Wert darauf legte, sie zu erklären, würde er das von sich aus tun, und falls nicht, gingen sie ihn nichts an.
    »Sie fließt, wie sie will.«
    »Ich muss es wissen, um Truppenbewegungen berechnen zu können.«
    »Meilen per Stunde, meint Ihr?«
    »Ja, in der Art.«
    »Das wird Euch hier nicht viel nutzen, Kapteyn.« Wald grinste ihn über die Schulter an. »Kommt letztlich nicht drauf an, wie schnell der Fluss ist, mehr, wie schnell man auf ihm vorwärtskommt. «
    Owen zog die Stirn in Falten. »Und das soll heißen?«
    »Nun ja, sagen wir mal, der Fluss hat fünf Meilen die Stunde. Wenn ein Mann von Morgen bis Abend unterwegs ist, kommt er ziemlich weit.«
    »Sechzig Meilen. Mit diesem Wissen kann ich abschätzen, wie schnell du Malphias Truppen in Stellung bringen könnte, um Port Maßvoll zu bedrohen.«
    »Aber wenn seine Leute alle in Kanus steigen und schnell paddeln, kommen sie weiter, und Eure Rechnung ist falsch.«
    »Gut, schon, doch …«
    Nathaniel hob das Paddel aus dem Wasser und drehte sich
halb zu Owen um. »Die Altashie kümmern sich nicht um Meilen. Für sie ist alles ›Pfad‹. Ein mächtig feines System.«
    Owen zog ein Gesicht. »Lasst es mich klar aussprechen. Ich benötige Entfernungen, um eine Karte zeichnen zu können.«
    Kamiskwa räusperte sich. »Kapteyn Radband, wie lange braucht ein Mann, um eine Eurer Meilen zu gehen?«
    Owen schaute sich zu dem Altashie um. »Auf ebener Straße bei guter Geschwindigkeit schafft er drei in einer Stunde.«
    »Und im Regen, ohne Straße, schwer beladen durch den Wald?«
    Owen lachte, als er sich an mehr als einen Marsch dieser Art in den Tiefen Landen erinnerte. »Eine am Tag.«
    »Entfernungen sind ohne Bedeutung. Wichtig ist die Geschwindigkeit, mit der man sich bewegt.« Kamiskwa setzte eine gönnerhafte Miene auf. »Wir kennen viele Pfade. Eure ebene Straße wäre ein simpler Pfad, auch haben wir keine ebenen Straßen. Ein Jagdpfad wäre langsamer. Ein Garrahai – ein Kriegspfad – viel schneller. Dann gibt es trockene und nasse Pfade, leichte und schwere Pfade. Wir haben ein Wort für jeden davon.«
    Owen wollte einwenden, dass dieses System äußerst unpraktisch war, doch dann besann er sich. Für ein Volk, das mit den Jahreszeiten wanderte, in einem Land ohne feste Straßen, funktionierte es. Und auch wenn es ihm persönlich unpraktisch erschien, passte es zu diesem Land. Er machte sich mit dem Gedanken vertraut, für seine Karten Entfernungen im Nachhinein ausrechnen zu müssen. Ohne Vermessungsgehilfen würden seine Angaben auf jeden Fall ungenau ausfallen. Sein Sextant gestattete ihm, den Breitengrad festzustellen, doch ohne zwei Zeitmesser war es unmöglich, den Längengrad zu ermitteln.
    Er runzelte die Stirn. »Wie messt ihr eine Flussreise, wenn Ihr nur Pfade kennt?«

    »Dieser Fluss ist eine zwei-drei: ein zweimal so schneller Pfad stromaufwärts gefahren, dreimal so schnell stromabwärts.« Kamiskwa tauchte das Paddel wieder ein. »Das System funktioniert seit Urzeiten.«
    Owen nickte. »Und die Karten derer, die vor mir kamen? Was ist mit den Entfernungen, die sie darin einzeichneten?«
    Nathaniel zuckte die Achseln. »Schätze, die meisten sind wohl erfunden. Bin außerhalb von Gottesgaben nie einem der Astwerks begegnet. Einzige Entfernung, die sie wirklich kennen, ist die zwischen Kneipe und Brennerei.«
    Der Altashie kicherte. »Sie messen in Torkelpfaden.«
    Owen schwieg und lauschte dem Geräusch der Paddel im Wasser. Eine Libelle sauste herüber, flog eine Weile neben ihnen her und setzte sich dann auf eine der Querplanken. Ihre bunten Flügel glitzerten im Sonnenlicht. Die mahagonibraune Körperfarbe des Insekts erinnerte ihn einen Augenblick an Katherines Augen,

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