Krieg der Drachen - Roman
Hieb auf den Oberarm. »Ihr habt einen Mann auf einer steifgefrorenen Leiche ’ne Schlittenfahrt machen lassen. Ihr habt Hunde an die Leiche gebunden und dann habt Ihr sie verloren. So was wie ›kann ich nich’‹ solltet Ihr gar nicht in den Mund nehmen.«
»Aber Nathaniel, das is’ zu weit.«
»Tja, dann müssen wir wohl hier warten, bis der Reiseprediger kommt.«
Seth schaute von der Muskete zu seiner Kuh und in die düsteren Gesichter, die ihn umgaben. »Ich schätze, ich kann ein Boot zur Küste finden und noch eins nach Port Maßvoll.«
»Guter Mann.« Nathaniel drehte ihn um und gab ihm einen Schubs. »Jetzt geht Eure Kuh melken. Wir warten hier.«
Owen beeilte sich, die Nachrichten zu schreiben – eine verschlüsselte für Prinz Vladimir sowie einen Begleitbrief an die Frosts. In dem Schreiben an den Prinzen stellte er das Rätsel dar, mit dem sie sich konfrontiert sahen, und beschrieb alles von der Identifikation des Wendigo bis zur Entdeckung der nie begrabenen Leiche. Er beschrieb Ilsavont als ›Meister Eisleiche‹. Er war sich nicht sicher, was der Prinz sich bei diesem Namen denken würde, und konnte nur hoffen, dass er Owen nicht unterstellte, den Verstand verloren zu haben. Der Brief an Dr. Frost handelte von der Fallenstellerei und von Handelsfragen. In diesem Brief erwähnte er Ilsavont namentlich und schlug vor, dem Prinzen auch diesen Text zu übergeben. Mit ein wenig Glück würde der Prinz die richtigen Schlüsse ziehen und die Verbindung zwischen Ilsavont und der Eisleiche herstellen. Besonders, falls Msitazi ihn erreichte, bevor Pflanz den Brief bei den Frosts ablieferte.
Nachdem er die Briefe fest versiegelt hatte, gab er Seth Pflanz
seine Anweisungen. Nathaniel ließ sie ihn zwei Mal wiederholen, dann befahl er ihm, sich in Bewegung zu setzen. Pflanz protestierte und erklärte, am nächsten Morgen aufbrechen zu wollen, aber Nathaniel blieb hart. »Wenn ich Eure Latschen nicht gleich auf der Straße sehe, holen wir uns ein paar Hunde, und Friedensreich fährt auf dir nach Kebeton.«
Der Riese grinste. »Ich mag Kebeton.«
Mit einem Stöhnen gab Pflanz sich geschlagen. Die vier Männer schauten ihm nach, als er seine Kuh nach Hutmacherburg führte.
Wald seufzte. »Tja, zurück in die Stadt könn’ wir nicht mehr. Weiß nicht, was dieser Idiot da erzählen wird, aber ’s ist besser, wir lassen ihnen Zeit, es wieder zu vergessen.«
Owen breitete die Hände aus. »Alles deutet nach Westen. Du Malphias ist irgendwo dort draußen. Wir wissen nicht, was er ausheckt, doch mit Sicherheit ist es von Übel.«
»Schätze, Ihr habt Recht. Wird was grausam Übles sein.«
Owen nickte. Seths Bericht über Ilsavont bestätigte, dass der Mann gestorben war. Es war einfach nicht möglich, dass er aufgetaut und wieder zum Leben erwacht war. Oder doch? Die Shedashie verfügten über Zauber, wie er sie nie zuvor erlebt hatte.
Er blickte zu Kamiskwa. »Ist es möglich, einen Menschen von den Toten zurückzubringen?«
»Der Weise weiß, dass nichts unmöglich ist.« Die Augen des Altashie verengten sich. »Es gibt Erzählungen von großen Kriegern, die mit Dämonen gerungen haben. Vielleicht hätte man einen von ihnen dazu benutzen können, Ilsavonts Leichnam wiederzubeleben.«
»Das aber wäre kein wirkliches Leben.«
Nathaniel schüttelte den Kopf. »Spielt das eine Rolle? Ob Tote wieder leben oder Dämonen in sie schlüpfen?«
Owen knurrte: »Es muss eine logische Erklärung dafür geben. «
»Wär’ mir ein echter Trost.« Wald spie aus. »Weil, all die anderen Erklärungen behagen mir gar nicht.«
SECHSUNDZWANZIGSTES KAPITEL
9. Juni 1763
Hutmacherburg
Lindental, Mystria
S ie verbrachten den Rest des Tages und die Nacht auf Seth Pflanz’ Hof, für den Fall, dass er zurückkehrte. Außerdem wollten sie zur Stelle sein, falls irgendjemand in Hutmacherburg versuchte, Seths abrupte Abreise nach Port Maßvoll unter die Lupe zu nehmen. Owen nutzte die Zeit, um die Detailaufzeichnungen aus dem einen in das andere Journal zu übertragen, und achtete darauf, dort eine sehr straffe und präzise Zusammenfassung militärisch relevanter Daten festzuhalten.
Außerdem nahm er sich die Zeit, mehrere Schuss aus der ryngischen Muskete abzufeuern, um ihre Möglichkeiten abzuschätzen. Er maß sorgfältig vierzig Schritt ab und stellte Ziele auf. Dann lud er eine halbe Ladung und feuerte. Die Kugel flog die vierzig Schritt, segelte aber unter dem Ziel durch. Drei Schüsse später
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