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'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

Titel: 'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Jochimsen
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tat es nicht. Denn die »Lehmi« war zauberhaft und hinreißend, und sie erklärte mir, dass die kindliche Abkürzung auf »-i« eine Verniedlichung sei, um dasSchöne zu versüßen und das Böse zu bannen. »Fußi« sei eben schöner als »Fußball« und »Hausi« nicht so schlimm wie »Hausaufgaben«.
    Und noch etwas habe ich gelernt: Das funktioniert nur bei Kindern, denn die nach Menschenermessen schlimmste anzunehmende Katastrophe der westlichen Zivilisation ist ein Elternsprechtag. Der Elternsprechtag ist ein Machwerk des Teufels, und die Hölle, das sind andere Eltern.
    Ich sage jetzt auch »Elti«, aber ich weiß: Das Böse wird wiederkommen!

Aufräumen und Urlaub
    Ich hätte einen prima Vorschlag für eine in die Krise gekommene Samstagabendfernsehshow, in der es um absurd schwierige Wetten geht: »Wetten, dass es meinem Sohn Tom gelingt, ein beliebiges Kinderzimmer binnen weniger Sekunden in den Zustand dermaßener Verwüstung zu bringen, dass selbst die SuperNanny über einen Berufswechsel nachdenken wird.«
    Ich könnte wahnsinnig werden. Tom räumt sein Zimmer einfach nicht auf. Bald täglich gibt es Tränen, meist auf beiden Seiten: Tom heult, weil ich bei meinen Versuchen, mir eine Schneise durch sein Kinderzimmer zu bahnen, irgendein Plastikbauklötzchenungetüm zerstöre, und ich heule, weil die Plastikbauklötzchen (vor allem die Einser und Zweier) so höllisch wehtun, wenn man strumpfbesockt oder barfuß drauftritt.
    Dass Aufräumen unser beider Schmerzen lindern würde, kommt in Toms Kosmos allerdings nicht vor. Es hilft weder Strafe noch Belohnung, weder Hausarrestnoch Bestechung, Aufräumen ist nicht. Er kann es nicht, er tut es nicht, er will es nicht.
    In den Urlaub aber will er und vielleicht ist das meine einzige Chance:
    »Wenn du nicht aufräumst, fahren wir nicht in Urlaub!«
    »Ich mach’s ja.«
    Er macht es nicht.
    »Denk an den Urlaub, Tom.«
    »Ja-haa.«
    Ja-haa bedeutet Nein .
    Sein erklärtes Urlaubsziel ist übrigens Afrika. Genau genommen Burkina Faso (für unsere älteren Leser: Obervolta). Tom will dahin, weil sein Lieblingsfußballer von dort stammt, außerdem wegen der Löwen und Elefanten – von denen ich nicht einmal weiß, ob es die da gibt. Dafür weiß ich, wie die Hauptstadt heißt, »Wagadugu« heißt die nämlich. Damit kann man tolle Sätze bilden:
    »Ohne Aufräumen kein Wagadugu!«
    »Später.«
    »Nein jetzt! Sonst findet Wagadugu in deinem Zimmer statt!«
    »Glei-heich!«
    Glei-heich bedeutet Nie .
    Bei den Urlaubsvorbereitungen bin ich auf eine schöne Geschichte gestoßen: Burkina Faso wurde in den Achtzigerjahren von einem Mann namens ThomasSankara regiert, und der befand seinerzeit, dass es in Wagadugu entschieden zu unordentlich sei. (Ein bekanntes Problem.) Also befahl er den Bewohnern, die Hauptstadt aufzuräumen – und zwar alle gemeinsam; Sankara spielte währenddessen E-Gitarre, nicht schön, aber sehr, sehr laut und überall zu hören. Die Arbeit soll schnell von der Hand gegangen sein und Wagadugu war wieder sauber.
    Was soll ich sagen? Meine Liebste hat mich genötigt, meine alte Stratocaster wieder auszupacken und ein wenig Aufräummusik zu machen – zur großen Freude der Nachbarschaft, die wenig Verständnis für Erziehungsmethoden aus Afrika zeigte.
    »Burkina Faso« heißt übersetzt übrigens »Land der Unbestechlichen«. Ideal für Tom.
    »Ohne Aufräumen kein Wagadugu!«, sagte ich, und er:
    »Ich lass mich nicht bestechen.«
    Wir werden wohl fahren. Schon allein, weil der Lärm zu Hause nervt.

Piratdeketiv
    Mein Sohn Tom hat einen sehr schönen neuen Beruf: Er ist »Piratdeketiv«. Und was für einer: Sherlock Holmes, Sam Spade, Magnum und Matula können einpacken. Hier kommt Tom, der »Piratdeketiv«! Das hat Klang, finde ich. Da hört man Effizienz, Zielstrebigkeit und Erscheinungsbild gleich mit. Willst du üble Machenschaften auf decken, hol einen »Deketiv«.
    Die alte Berufsbezeichnung ging doch eh immer an der Sache vorbei. Privat detektiv. Was ist denn an zerbeulten Trenchcoats, albernen Mützen und peinlichen Pfeifen bitte »privat«? Geht’s noch auffälliger?
    O ja, es geht: Mit Augenklappe, Pistole und Säbel, so jagt man heute die Bösen. Das Verbrechen soll sich warm anziehen. Allerdings müsste es dazu erst mal geschehen. Das ist das Problem, die Auftragslage für junge Piratdeketive ist mau.
    Ich half nach: Als Erstes stopfte ich sämtliche unbezahlten Rechnungen in einen Umschlag, verstecktediesen im Keller bei den

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